Dollars
denn die Schöne, Sid?«
»Welche Schöne?«
»Du starrst die ganze Zeit, als trautest du deinen Augen nicht.«
»Das kommt vom Wein, Chef, sagte ich doch schon.«
Plötzlichwurde er wieder ernst. »Gut, wann genau kann ich dich morgen erwarten? Dann gebe ich Annie Bescheid, daß sie dir schon mal das Bett machen läßt.«
Annie war seine hungrige Gattin. Wollte er mich doch verkuppeln? Ich sah das gemachte Bett schon vor mir. Parfümierte rosa Bettwäsche und ein Negligé unter dem Kopfkissen. Auf einem Tischchen neben dem Bett eine Flasche Champagner in einem mit Eis gefüllten silbernen Kühler, daneben eine Kristallvase mit Rosen.
Die offenen Augen Jeanettes, gruselig. Die Konturen ihres nackten Körpers unter dem Laken. Ich gehe noch einmal zum Fenster, um den Vorhang zu schließen, und schaue mich noch einmal um, ob ich auch nichts übersehen habe. Irgend etwas im Zimmer gefällt mir nicht, aber, makabrer Scherz, das wird wohl die Leiche sein. Glas und Aschenbecher sind abgewaschen, alle übrigen Spuren weitestgehend abgewischt. Vorhang zu, Treppe runter, Tür zu. Draußen. Die Rosen! ... Ich habe den Strauß Rosen auf ihrem Tisch liegen lassen! Ach du Schande...
Ich sprang fluchend auf. Larings staunte nicht schlecht. »Sid?«
»Hör zu, Chef. Geht alles in Ordnung. Morgen früh bin ich bei dir im Büro, um den Vertrag zu unterzeichnen. Und in vierzehn Tagen bin ich fertig. Ehrenwort. Aber ich muß jetzt weg. Bis morgen.«
Ich war schon halb draußen, als ich ihn rufen hörte. »Sid...«
Ich drehte mich um und winkte. Dick und baff saß er an seinem Tisch, den Mund halb geöffnet, als wollte er noch etwas sagen. In seinem Blick lag Enttäuschung, wahrscheinlich dachteer an die vielen Köstlichkeiten, die er an mich verschwendet hatte. Der Tisch vor ihm war mit einer Vielzahl von Platten, Tellern und Gläsern übersät, und während er mich ansah, bewegten sich seine Hände mechanisch vom Teller zum Mund und wieder zurück.
Ich nickte ihm noch einmal beruhigend zu und rief: »Bis morgen.« Das gesamte Americain schaute verwundert auf, und damit war eines jetzt sicher: MAN wußte, daß ich wieder da war.
Ich ließ das Taxi beim Herman Heijermansweg um die Ecke in der Churchilllaan halten. Es ging den Fahrer nichts an, wo ich hinwollte. In meiner Panik hatte ich blindlings ein Taxi angehalten, obwohl ich noch gar nicht wußte, wie ich ins Haus kommen sollte. Aber wenn die Polizei, die früher oder später aufkreuzen würde, neben der Leiche einen Strauß Rosen fand und Frau Effimandi von meinem Besuch erzählte...
Gott sei Dank und Gott weiß, warum, stand die Haustür offen. Glück muß der Mensch haben! In Windeseile war ich die Treppe rauf. Der Schlüssel lag unter der Gummimatte. Ich öffnete die Tür. Das Apartment war in gleißendes Sonnenlicht getaucht, und es herrschte eine Gluthitze. Jeanette war verschwunden.
5
Irgendwer hatte das Bett gemacht und die Vorhänge aufgezogen. Und meine Rosen waren weg. Hinter mir hörte ich jemanden die Treppe heraufpoltern. Es war Frau Effimandi. Sie hatte eine giftig bunt geblümte Plastikschürze um und eine rosa Duschhaube auf und schleppte ein großes Aufgebot an Eimern, Putzmitteln, Besen, Wischtüchern und sonstiger Ausrüstung an.
Es war mir egal, daß sie mich in Jeanettes Apartment erwischte, denn ich hatte sie das eine und andere zu fragen. Aber ehe ich dazu kam, legte sie los. »Heißen Sie Stefan?« fragte sie keuchend und ächzend, während sie mühsam die letzten Stufen nahm.
Ich war nicht mal erstaunt. »So ist es.«
»Jeanettes Schwager fragte, ob Sie noch einmal hier gewesen seien. Jeanette ist weg.«
»Das sehe ich.« Ich war mir nicht sicher, welche Jeanette sie meinte, die tote oder die lebende.
Sie setzte ihre Siebensachen ab und zog ohne Kommentar den Wohnungsschlüssel aus dem Schloß, um ihn in ihrer Schürzentasche verschwinden zu lassen.
»Es scheint, daß es ihr nicht gutgeht, deshalb ist sie heute in aller Frühe weggefahren. Sie bleibt eine Woche irgendwo draußen in einer Pension. Ihr Schwager hat Kleidung und ein paar andere Dinge geholt.«
»War er allein?«
»Nein, sein Freund war dabei.« Sie betrat das Apartment und brachte die Eimer in die Kochnische im hinteren Zimmer. Ich folgte ihr mit dem Rest ihrer Ausrüstung.
»Dann haben sie wohl einen großen Koffer mitgenommen, was?« fragte ich und bemühte mich, meine Stimme möglichst unschuldig klingen zu lassen.
»Ich weiß nicht, ich war einkaufen.
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