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Dollbohrer!

Dollbohrer!

Titel: Dollbohrer! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hendrik Nachtsheim
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zu kämpfen, also für die Guten und damit gegen die Schlechten, und ihn so in die Detektivlaufbahn geschubst hatte?
    Nein, davon konnten sie hier nichts wissen. Und letztendlich war es ja auch egal. Der Typ sollte ihnen einfach nur helfen, und deshalb stand er jetzt auch vorne auf einer kleinen Kiste, sodass ihn jeder sehen konnte. Sachlich erklärte er, dass er gewillt war, den Fall so schnell wie möglich zu klären. Dazu müsse er viele Einzelgespräche führen, sei für jede noch so auf den ersten Blick unbedeutend erscheinende Kleinigkeit dankbar, außerdem würde er auch gerne noch mal einen Blick auf die Hinterlassenschaften der drei ermordeten Artisten werfen.
    Was allerdings gewöhnlich nicht viel war, denn normalerweise kamen alle Flöhe ohne größeres Hab und Gut zum Zirkus. Eigentlich kamen die meisten mit gar nix. In der Regel war es so, dass sie gerade auf einem Hund, einer Katze, einem Esel oder auch gerne einer Ratte gesessen und sich ordentlich an deren Blutbuffet bedient hatten, als sie plötzlich durch eine Lupe von einem riesigen menschlichen Auge begutachtet und kurz drauf per Pinzette in einen ausbruchssicheren Karton gesteckt worden waren. Dann wurden sie dort irgendwann wieder herausgepickt und in einer Art Glaskasten (oftmals ein ausrangiertes Aquarium) wieder ausgesetzt, in dem sich allerlei Gerät wie Kutschen, Kegel, Tore, Bälle usw. befanden. Als Nächstes legte man ihnen dann eine Schlaufe aus dünnem Kupfer um den Bauch und schwang sie, wie den Köder einer Angel, zu den verschiedenen Utensilien. Spätestens jetzt entschied sich der weitere Lebensverlauf eines jeden Flohs. Die, die versuchten, auf den Bällen zu balancieren oder gar eine Kutsche zu ziehen, gehörten ab sofort zum Kader! Die, die sich vor lauter Schiss nicht rührten, kamen in den Topf mit dem Flohpuder.
    Dies und vieles mehr erfuhr der Detektiv. Dass man im Zirkus zwischen Springer- und Läuferflöhen unterschied. Dass man ab und zu auch asiatische Flöhe für besonders schwierige Geschichten einstellte, wie beispielsweise dem Bilden einer aufwendigen Flohpyramide oder die Darbietung der »Zwölf tanzenden Regenschirme«, einer anspruchsvollen Choreografie, bei der zur Musik einer kantonesischen Bauernoper ein Dutzend kleiner goldener Schirme synchron geschwungen, geworfen und auf dem Kopf balanciert werden mussten, während man dabei bunte Hula-Hoop-Reifen um die Flohhüften kreisen ließ. Zudem mussten alle Tänzerinnen und Tänzer parallel zu den Reifenschwüngen die einlinsige n Punktaugen hin- und herbewegen und am Ende eines jeden achten Taktes Seifenblasen durch den kombinierten Stech- und Saugrüssel in die Luft pusten. Beides also Performances, bei denen es auf besonders große Disziplin ankam. Die kroatischen Flöhe, so hieß es, seien indes besonders gut, wenn es um Kraftakte oder Disziplinen wie das »Teufelsspringen« durch eine brennende Lakritzschnecke gehe.
    Nach nicht mal einem Tag hatte der Detektiv aus Split mehr über das A und O eines Flohzirkus gelernt, als er das selbst für möglich gehalten hatte.
    Nur wer wie warum hinter den Morden steckte, war nach wie vor unklar. Zwar gab es ein paar Verdachtsmomente, etwa dass der einzige serbische Floh im Team, Dragan Stojkovic, sowohl die Kutsche als auch die Monsterkarte sowie die Kanone manipuliert hatte, um sich so dafür zu rächen, dass eine Bande plündernder Kroatenflöhe seine Urgroßmutter entführt hatte. Aber da es keine wirklichen Beweise gab und Stojkovic zudem über ein astreines Alibi verfügte, strich man ihn wieder von der Liste. Auch Hinweise, dass doch vielleicht einer der Reserveflöhe die Morde begangen hatte, um so selbst in den A-Kader und somit auch ins Rampenlicht zu kommen, führten genauso ins Nichts wie der Verdacht, dass Bodenturnspezialist Niko Tamlic das alles aus reinem Frust getan hatte, weil ihn seine Frau während seiner aufwendigen Trainingseinheiten nicht nur mit ihrem eigenen Cousin betrogen, sondern ihm dann auch noch einen Floh mit Down-Syndrom geboren hatte. Und für den er jetzt aufkommen musste, da der Cousin im Nerz einer Zuschauerin geflüchtet war, um sich so aus der Verantwortung zu stehlen.
    Nein, Sherlak Holmszek kam nicht voran. Und nicht nur das.
    Zu allem Überfluss hatte er während seiner Ermittlungen etwas unglaublich Wichtiges übersehen. Oder genauer gesagt: vergessen. Nämlich die Tatsache, dass Flöhe nie älter als anderthalb Jahre werden. Und da er bereits ein Jahr, fünf Monate und dreißig

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