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Dollbohrer!

Dollbohrer!

Titel: Dollbohrer! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hendrik Nachtsheim
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stürmen, wo bereits mehrere Aluleitern ausgefahren und so postiert waren, dass man erst mal auf das Dach kam, auf dem die zwei Türme standen. War der erste Schritt für die meisten noch ein lösbarer, stellte sie der zweite, nämlich das Entern eines der Masten, vor durchaus größere Probleme. Denn zum einen entpuppten sich die Steigeisen nicht nur als ausgesprochen glatt, sondern aufgrund ihrer winzigen Größe für jeden, der Schuhgröße über 34 hatte, als echte Geschicklichkeitsprüfung. Was es also fast unmöglich machte, möglichst flink nach oben zu klettern, vor allem wenn man währenddessen ständig von den Kollegen wieder nach unten gezerrt wurde. Dauernd versuchte ein anderer sein Glück. Mal mit einer Tapetenrolle unterm Arm, mal mit einer Gipsplatte in der Hand. Ob Fensterrahmen, Warndreieck, Hochdruckreiniger oder Sockelleiste – nichts, mit dem nicht einer versucht hätte, nach oben zu gelangen. Der aus dem Gang mit den Vorschlaghämmern hatte sich zwar kurz durchsetzen können und schien als Erster eine der beiden Spitzen zu erreichen, dann aber unterschätzte er das Gewicht des Geräts und die damit verbundene Zentrifugalkraft und stürzte aus drei viertel Höhe wieder nach unten. In kurzer Zeit entwickelte sich ein Hauen und Stechen, und von kollegialem Umgang oder der Verbundenheit unter Gewerkschaftern war nicht mehr viel zu spüren. Klar, dass auch die vier aus der Gartenabteilung feste mit dabei waren, auch wenn sie aufgrund ihrer Zierlichkeit zunächst nicht so recht am Rest vorbeikamen. Doch genau diese Zierlichkeit erwies sich dann doch wieder mal als Vorteil. Denn nachdem Frodo zum wiederholten Male einfach weggedrückt worden war, hatten die anderen ihm geschwind einen Gartenschlauch um die Hüfte gewickelt, um ihn im nächsten Moment mit großem Schwung über die Konkurrenz hinweg nach oben zu befördern. Ein bisschen wie beim Lassowerfen. Was funktionierte, denn schon war ihr Kollege flink auf dem Kletterweg in Richtung Spitze. Für einen Moment hielten alle inne und sahen irritiert nach oben, und genau das nutzte Sebastian Sauron, der sich zwei Toilettendeckel über die Arme gehängt hatte, mit denen er seinen Widersachern schmerzhafte Stöße ins Gesicht versetzte, während sie gleichzeitig eine Art Rüstung abgaben. Als also alle Blicke dem davonkletternden Frodo folgten, zog er dem Leiter der Elektroabteilung, der sich unter Zuhilfenahme eines Industriesaugers eine gute Ausgangsposition verschafft hatte, mit dem links getragenen Deckel eins von hinten über den Schädel und erklomm so die Steigeisen, die ihm den Weg nach oben ebneten. Kurz drauf standen Frodo und er auf den jeweiligen Spitzen. Der eine triumphierend einen Gartenschlauch von Hülsa, der andere zwei Toilettendeckel von Villeroy & Boch in die Höhe stemmend.
    Der Kampf um die zwei Türme war entschieden!
    Die Rückkehr des Königs
    Während alle nun die letzten Tage bis zur Entscheidung runterzählten, um dabei jede Gelegenheit zu nutzen, noch mal mit irgendetwas die da oben für sich zu erwärmen, machte parallel dazu ein unangenehmes Gerücht die Runde. Das sich schneller verbreitete als das gern zitierte Lauffeuer. Gollomle sei auf dem Weg zurück. Was nicht gerade Jubelstürme auslöste, denn wenn sie hier außer Sauron noch jemanden fürchteten, dann Walter Gollomle. Natürlich wusste jeder, dass er vor vielen Jahren diesen fiesen Unfall gehabt hatte und dass man nichts für sein Aussehen konnte, wenn man mit schweren Verbrennungen aus einem in Flammen stehenden 83er Nissan-Wohnmobil gezogen worden war. Aber trotz aller rationalen Erklärungen war ihnen der Mann aufgrund seiner skurrilen Erscheinung, gepaart mit dieser hohen schwäbischen Stimme, unheimlich. Zumal der Unfall offensichtlich auch durchaus Folgen für seinen Geistes- und Gemütszustand hatte. Nicht selten stand er plötzlich wie aus dem Nichts hinter einem, um einen mit seinem schiefen, hässlichen Gesicht bedrohlich anzustarren und Dinge zu sagen wie: »Hanoiiii, bischt scho wieder am Däumle drehe?« oder »Wenn d nedd glei aus maim Gängle nausgösch, noh henk i dr s Greiz aus, dass dain Ärschle en dr Schleng hoimdrage muasch, noh schlag i di ogschbitzt en Bode nai!« Was so viel hieß wie: »Wenn du nicht sofort aus meinem Gang verschwindest, hänge ich dir das Kreuz aus, dass du deinen Hintern in der Schlinge nach Hause tragen musst … und dann schlag ich dich ungespitzt in den Boden!« Was zwar überhaupt keinen Sinn machte, weil ihm in

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