Dolly - 02 - Wirbel in Klasse 2
sie endlich.
“Stell dich nicht. so dumm. Du weißt genau was ich meine!” entgegnete Alice.
“Jetzt ist es genug!” rief Susanne. “Ich hatte dir gesagt, Alice, du solltest den Mund halten!”
Alice beachtete sie nicht, sondern sagte zu Ellen: “Du nimmst eben, was du kriegst, ob du es in Kathederschubladen findest, in Kommoden oder in Schränken!”
“Ich habe niemals etwas genommen!” rief Ellen entsetzt. “Was sollte ich denn nehmen?”
“Nun, vielleicht Börsen mit Geld – oder eine silberne Brosche?” fauchte Alice.
Ellen schien ihren Ohren nicht zu trauen. Sie blickte die schweigenden Mädchen an, die um sie herumstanden.
Manche senkten die Augen.
Marlies weinte, weil sie solchen Szenen nicht gewachsen war.
Susanne blickte ärgerlich auf Alice. Man konnte die Dinge jetzt nicht mehr aufhalten. Alice war entschieden zu weit gegangen. Wie durfte sie es wagen, Susannes Anweisungen zu mißachten! Dolly war ebenfalls ärgerlich. Ihr Zorn richtete sich jedoch vor allem gegen Ellen, die nach ihrer Meinung einen sehr Schuldbewußten Eindruck machte. Alice hatte Susanne getrotzt.
Aber – da Ellen doch allem Anschein nach schuldig war, konnte es schließlich nur gut sein, wenn man den Fall sofort aufklärte.
“Du meinst, ich hätte euch eure Sachen gestohlen?” brachte Ellen endlich mühsam heraus. “Das kann nicht dein Ernst sein!”
“Doch – das ist genau unsere Meinung!” erklärte Alice grimmig. “Was hättest du sonst für einen Grund, überall heimlich herumzustöbern? Oder kannst du uns eine glaubhafte Erklärung dafür geben?”
Nein, das konnte Ellen nicht. Wie hätte sie zugeben können, daß sie nach den Prüfungsbogen suchte, weil sie die Absicht hatte zu betrügen. O ja, eine schlechte Tat zieht die andere nach sich! Sie schlug die Hände vors Gesicht.
“Ich kann euch nicht alles erzählen”, sagte sie, während ihr Tränen durch die Finger rannen, “aber ich habe nichts gestohlen! Wirklich nicht!”
“Doch, das hast du getan”, erklärte Alice. “Du bist eine Diebin und obendrein noch feige! Du hast nicht einmal den Mut, zu deinen Taten zu stehen!”
Schluchzend rannte Ellen hinaus. Auch Marlies begann laut zu heulen. “Sie tut mir so leid”, sagte sie. “Ich kann es nun mal nicht ändern – sie tut mir so schrecklich leid!”
Ertappt!
Die Mädchen waren aufgeregt, entsetzt und verstört.
In Marlies’ Schluchzen hinein sagte Susanne: “Ich hatte dir verboten, irgend etwas zu sagen, Alice. Wir hätten Ellen nicht beschuldigen sollen. Ich wollte mir in Ruhe überlegen, was zu tun wäre. Jedenfalls war es nicht richtig, sie in Gegenwart aller Mädchen zu bezichtigen. Noch dazu, da wir keine Beweise gegen Ellen haben.”
“Tut mir leid”, erwiderte Alice. “Wenn du deine Pflicht als Klassensprecherin nicht erfüllst, muß ich es eben für dich tun.”
“Ich bin dankbar, daß Alice diese Angelegenheit zu einem Abschluß gebracht hat”, erklärte Diana, während sie sich eine ihrer goldblonden Locken aus der Stirn strich. “Von jetzt an wird unser Eigentum vor Ellen sicher sein!”
“Du solltest zu Susanne und nicht zu Alice halten”, fuhr Dolly sie an.
“Beenden wir dieses Gespräch!” entschied Susanne. “Es ist nun einmal passiert – leider. Es ist Zeit, zum Essen zu gehen.”
Ellen nahm am Abendessen nicht teil, angeblich hatte sie Kopfschmerzen. Als die Mädchen in den Schlafsaal kamen, schlief sie bereits – oder stellte sich vielmehr schlafend. Sie hatte sich vorzeitig zurückgezogen, um den anderen nicht mehr in die anklagenden Gesichter schauen zu müssen. Aber auch, weil sie in Ruhe nachdenken wollte. Alice hatte sie vor der ganzen Klasse eine Diebin genannt. Das war ebenso grausam wie ungerecht. Aber – war es wirklich so ungerecht? Schließlich hatten die Mädchen beobachtet, wie sie Fräulein Parkers Katheder und Fräulein Potts Schreibtisch durchwühlt hatte. Eine solche Handlung mußte ihnen auf jeden Fall unredlich erscheinen – und es war auch unredlich, obgleich es sich nicht um Diebstahl handelte.
Was habe ich mir da vorgenommen! Wie kann ich nur betrügen wollen! Was bin ich für ein widerliches Geschöpf, daß ich solche Dinge plane!, dachte Ellen verzweifelt. Was würde Mutter von mir denken? Aber Mutter, dachte sie dann, für dich und Vater tu ich’s ja – ich tu’s nicht für mich selbst! Ich will euch nicht enttäuschen. Sicherlich ist es nicht ganz so unrecht, wenn man nur betrügt, um seinen Eltern eine Freude zu machen!
Es ist
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