Dolly - 02 - Wirbel in Klasse 2
ausschalten, als sie ein leises Knacken hörte. Es schien vom Schrank her zu kommen. Und tatsächlich sah sie, wie sich die Schranktür bewegte, so als schlösse jemand die Tür von innen.
Dollys Herz schlug wie rasend. Hoffentlich war es kein Einbrecher! Mit einem kräftigen Ruck riß Dolly die Tür auf…
“ Komm heraus”, sagte Dolly. “ Schämst du dich nicht?”
Im Schrank saß völlig verstört und zitternd Ellen! Sie war aus Mademoiselles Zimmer in den Klassenraum geflüchtet und hatte sich im Schrank verkrochen, als sie Dolly kommen hörte.
Dolly starrte sie verblüfft an. “Komm heraus”, sagte sie. “Schämst du dich nicht? Hast du wieder etwas gestohlen?”
“Nein”, sagte Ellen und stieg aus dem Schrank. Sie hatte die Hand um die Prüfungsbogen in ihrer Tasche gekrallt.
Dolly bemerkte das. “Was hast du da?” wollte sie wissen. “Zeig her! Schnell! Du versteckst dort etwas!”
“Nein, das ist nicht wahr, ich verstecke nichts!” rief Ellen und vergaß vor Aufregung, ihre Stimme zu dämpfen.
Dolly versuchte, Ellens Hand von der Tasche zu lösen. Ellen schlug mit ihrer anderen Hand auf Dolly ein, um sie daran zu hindern. Da verlor Dolly die Beherrschung. Sie warf sich auf Ellen und begann sie kräftig zu schütteln. Ellen stolperte über einen Stuhl und riß Dolly mit sich zu Boden. Dolly hämmerte mit den Fäusten auf ihre Gegnerin ein.
“Du gemeines Biest!” schrie sie. “Schleichst herum und stiehlst, was nicht angebunden ist. Gib sofort heraus, was du da hast!”
Ellen gab plötzlich allen Widerstand auf. Dolly konnte sie ohne große Mühe emporziehen und ihre Hand von der Tasche lösen. Sie holte die Prüfungsbogen heraus. Ellen bedeckte das Gesicht mit den Händen und begann zu weinen.
Fassungslos starrte Dolly auf die Papiere.
“So”, sagte sie dann mit zornbebender Stimme, “du betrügst also auch noch? Die Prüfungsbogen für morgen! Eine Diebin und eine Betrügerin! Wie konntest du es wagen, nach Möwenfels zu kommen?”
“Ach, bitte! Leg die Bogen wieder zurück!” schluchzte Ellen. “Ach, bitte, bitte – erzähl es niemandem!”
“Ich werde sie wieder zurücklegen”, erwiderte Dolly. “Aber daß ich es niemandem erzähle, ist natürlich vollkommen unmöglich! Wo hast du die Bogen gefunden – in Mademoiselles Schreibtisch? Dann werden wir sie dort wieder hintun.”
Sie legte die Prüfungsbogen wieder an ihren Platz, und Ellen verschloß den Schreibtisch mit zitternden Fingern.
Sie gingen in den Schlafsaal zurück. Die Mädchen schliefen fest.
“Morgen”, sagte Dolly, “werde ich Susanne alles erzählen. Sie wird entscheiden, was weiter geschieht. Wahrscheinlich wirst du aus der Schule fliegen! So – nun geh und versuch zu schlafen!”
Gerüchte gehen um
Niemand hatte die beiden Mädchen zurückkommen hören. Keine war wachgeworden und hatte gemerkt, daß Dolly und Ellen ihre Betten verlassen hatten.
Dolly lag noch eine Weile wütend und aufgeregt da. Sie fragte sich, ob sie Susanne wecken sollte, um ihr alles zu erzählen.
Nein, das werde ich nicht tun, entschied sie widerstrebend. Ich würde nur die anderen aufwecken, ich muß es Susanne ganz allein erzählen. Und damit schlief sie plötzlich ein – die Aufregung hatte sie erschöpft.
Ellen dagegen konnte nicht einschlafen. Sie schlief sowieso meist erst in den frühen Morgenstunden ein; Schlaflosigkeit war also nichts Neues für sie. Die Sorgen peinigten sie, doch bald wurden sie von einem größeren Übel verdrängt: Ellen bekam so heftige Kopfschmerzen, daß sie glaubte, ihr Kopf müßte auseinanderbersten. Weißglühende Hämmer schienen auf ihr Hirn einzuschlagen. Schließlich war sie ganz außer sich vor Furcht und Schmerz.
Was ging mit ihr vor? Womöglich verlor sie den Verstand? Sie lag regungslos mit geschlossenen Augen und hoffte, daß die rasenden Schmerzen nachlassen würden. Es wurde jedoch nur noch schlimmer. Wie sie ins Zimmer der Hausmutter kam, wußte sie später nicht mehr.
Die Hausmutter schrak aus dem Schlaf, als eine kleine schwankende Gestalt im Nachthemd wie ein Geist an ihrem Bett auftauchte. “Ellen! Was ist los, mein Kind? Bist du krank?” rief sie.
Dann schaltete sie das Licht ein und zog Ellen an sich. “Was fehlt dir?”
“Mein Kopf!” flüsterte Ellen erschöpft. “Er platzt auseinander, Hausmutter!”
Die Hausmutter sah sofort, daß das Mädchen vor Schmerzen kaum die Augen offenhalten konnte. Kurz entschlossen brachte sie Ellen in ein Bett im Nebenzimmer und gab ihr
Weitere Kostenlose Bücher