Dolly - 03 - Ein Pferd im Internat
Aufheben aus der
Angelegenheit!”
Zur Überraschung von Klasse 3 sagte Fräulein Peters die “netten Worte” beim Nachmittagsunterricht. “Ihr werdet eine neue Mitschülerin haben: Marilyn Miller kommt zu uns!”
„Die werden froh sein, daß sie Marilyn los sind!"
Das war alles.
Fräulein Peters fügte nur noch hinzu: “Wenn Marilyn über die Sache nicht spricht, redet ihr am besten auch nicht darüber!” Dabei sah sie Alice an. Sie kannte Alices scharfe Zunge.
Alice beabsichtigte nicht, Marilyn zu verspotten. Aber sie begriff schnell, daß sie in Zukunft gegen sie eine gute Waffe besäße, falls Marilyn sich wieder aufs hohe Pferd setzte.
Nach dem Unterricht wurde das Thema natürlich eingehend besprochen.
“Das ist doch schlimm! Einfach zurückversetzt zu werden!” sagte Irene. “Scheußlich! Ich glaube, ich könnte keinem Menschen mehr ins Gesicht sehen!”
“In der vierten Klasse werden sie froh sein, daß sie sie los sind!” meinte Jenny. “Lore hat mir erzählt, sie hätten wegen Marilyn mehr Tadel bekommen als je zuvor. Hoffentlich beschenkt sie uns nicht mit zu vielen!”
“Ich meine, wir sollten recht nett zu ihr sein”, warf Evelyn ein. “Wir sollten ihr zeigen, daß wir sie gern in unserer Klasse haben.”
“Gut”, sagte Dolly, “Marilyn hat ihre Fehler, aber sie ist anständig und gutartig – ich beantrage also, wir zeigen ihr, daß wir sie gern in unserer Mitte sehen.”
Und die ganze Klasse stimmte ihr zu. Sie malten sich aus, wie Marilyn am nächsten Tag in die Klasse kommen würde, mit hochrotem Kopf und hängenden Schultern, beinahe in Tränen.
Arme Marilyn! Sie sollte sich über den freundlichen Empfang freuen.
Am nächsten Tag kam Marilyn in die dritte Klasse und brachte ihr Schreibzeug mit. Sie sah ganz unbefangen aus.
Ihre Mitschülerinnen empfingen sie nett.
“Möchtest du nicht diesen Platz haben, bis Susanne wiederkommt?” fragte Dolly.
“Nein, du sollst neben mir sitzen”, sagte Evelyn.
Alice prüfte sie von Kopf bis Fuß. Marilyn sah genauso aus wie vorher. Sie ließ keineswegs den Kopf hängen; sie schien nicht aufgeregt, war nicht einmal rot geworden. Ich glaube, sie macht sich gar nichts aus der Blamage, dachte Alice.
Das stimmte freilich nicht. Marilyn war es entsetzlich peinlich, zurückversetzt zu sein; sie wußte genau, daß jeder die näheren Umstände kannte. Die freundliche Aufnahme in der dritten Klasse freute sie wohl. Andererseits kränkte es sie, daß die Mädchen nur Mitleid mit ihr hatten. Und das ließ sie sich anmerken.
Natürlich nahm ihr die Klasse das übel. Sie hatten es ja nur gut gemeint. Fräulein Peters sah tiefer! Lebhaft wie immer kam sie herein und ließ ihre Augen durch die Klasse wandern. “Setzt euch!” sagte sie, und alle setzten sich. Ihr scharfer Blick hatte auch Marilyn gestreift. Sie erkannte, was die anderen nicht bemerkt hatten: Hinter Marilyns scheinbarer Gleichgültigkeit verbarg sich ein empfindsames Gemüt; ihre Hand zitterte, als sie ihr Buch aufnahm, ihre Stimme klang unsicher und verzagt.
Sie empfindet ihre Blamage ganz stark, dachte Fräulein Peters. Aber sie will es nicht zeigen.
Dazu gehört ein beträchtlicher Mut.
Die Stunde begann. Marilyn war sehr aufmerksam. Vergessen waren ihre Haare, ihre Nägel, ihre Kleider. Zum erstenmal in ihrem Leben arbeitete sie wirklich!
Als die dritte Klasse eines Tages auf dem Sportplatz Handball spielte, stand Helga Heinemann am Rand des Spielfeldes und sah zu. “Dolly Rieder!” rief sie, als das Spiel beendet war. “Komm einmal her zu mir!”
Dolly rannte zu ihr hin. Sie spielte nicht nur leidenschaftlich gern, sondern auch recht gut Handball. Wie sie sich danach sehnte, in die Schulmannschaft von Möwenfels aufgenommen zu werden! Aber das war schwierig für eine Schülerin der dritten Klasse, außer wenn sie besonders groß und kräftig war.
“Ich habe dich eine ganze Weile beobachtet, Dolly”, erklärte Helga. “Du machst dich gar nicht schlecht! Eines Tages nehmen wir dich vielleicht sogar in die Schulmannschaft auf. Wir brauchen gute Stürmerinnen und Läuferinnen.”
Dolly wurde ganz rot vor Stolz. Wie würde ihre Schwester Felicitas staunen, wenn sie ihr etwa erzählen könnte: “Ich gehöre unserer Schulmannschaft an. Neulich haben wir gegen die Oberrealschule von Neustadt haushoch gewonnen. Und ich habe ein Tor erzielt!”
Ob Helga ihr wohl gestatten würde, beim Training und bei den Übungsspielen der anderen mitmachen zu dürfen? Sie hatte einmal angedeutet, daß
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