Dolly - 12 - Die juegste Burgmoewe
dann den Filter herausnehmen, hatte Dolly ihm beigebracht. Dann schmeckt der Tee am besten. Und sie verstand etwas davon, alle lobten ihren vorzüglichen Tee. Vor allem Franz Wollert war jedesmal entzückt von dem Aroma.
Wie denn – sollte es möglich sein, daß der gutmütige Franz Wollert Dolly den Hof machte? Ihr heimlich Briefe schrieb und sich mit ihr verabredete? „Quatsch!“ sagte Klaus laut.
So etwas war einfach undenkbar.
Aber Dolly hatte in letzter Zeit so viel zu tun, daß er sie kaum noch zu Gesicht bekam. Ständig war sie mit den Mädchen unterwegs, beschäftigte sich mal mit dieser, mal mit jener Gruppe. Und wenn sie abends endlich Feierabend machte, dann war sie müde oder fühlte sich schlecht und ging sofort zu Bett.
Dolly würde so etwas nie tun, sagte er sich. Sie ist nicht der Typ. Wenn sie sich tatsächlich in einen anderen Mann verliebte, dann würde sie es mir sagen. Sie würde kein falsches Spiel mit mir treiben, das weiß ich ganz genau. Wir lieben uns, wir sind glücklich miteinander, und daß sie überarbeitet ist, ist verständlich. Sie nimmt sich ständig viel mehr vor, als sie eigentlich bewältigen kann.
Trotzdem blieb ein winziger Giftpfeil stecken, ließ immer wieder einmal einen Gedanken aufblitzen wie „und wenn nun doch…“
Der Tee hatte viel zu lange gezogen, er schmeckte bitter. Klaus goß Milch hinein und würzte ihn mit zwei Löffeln Zucker. Jetzt war er zu süß. Und der Toast war zu schwarz geworden, er schmeckte verbrannt. – Verdammter Mist, was ist denn heute mit mir los! dachte Klaus.
Und dann sah er plötzlich das gierig-abwartende Gesicht Fräulein Sauers vor sich. Diesen lauernden Ausdruck, wie sie in der Tür gestanden und darauf gewartet hatte, daß er etwas tat oder sagte. Er hatte ihr kaum Beachtung geschenkt. Wie waren ihre Worte gewesen? ,Es könnte doch etwas sein, das für ihre Frau von großer Bedeutung ist!’ Also hatte sie die Briefe gelesen, diese alte Schlange! Von der kam wirklich nichts Gutes. Der Name „Sauergurke“ war noch eine Schmeichelei!
Moment mal – und wenn sie gelogen hatte? Wenn die Briefe gar nicht aus Dollys Handtasche gefallen waren, sondern nur an der Stelle gelegen hatten, an der das Auto geparkt hatte? Vielleicht hatte Franz Wollert selber die Briefe verloren? Das war die Erklärung!
Wie hatte er sich nur von diesem alten Giftzahn so aufs Glatteis führen lassen können! Er schämte sich zutiefst. Warum hatte er die Briefe überhaupt in die Hand genommen und sie gelesen! Hätte er gewartet, bis Dolly kam, hätte sich alles von allein aufgeklärt! Klaus nahm die Briefe, wickelte das Gummiband herum und legte sie an ihren Platz zurück.
Fünf Minuten später stürmte Dolly herein. Sie hatte rote Wangen, und ihre Augen blitzten vergnügt. Sie warf den Mantel über den Stuhl und schlüpfte zu Klaus auf die Bank.
„Entschuldige, mein Schatz, daß es so spät geworden ist!“ keuchte sie noch ganz atemlos und gab ihm einen Kuß auf die Nasenspitze. „Aber es war so viel zu erledigen, und ich habe gleich ein paar Weihnachtseinkäufe gemacht. Untersteh dich, in meinen Tüten und Taschen zu stöbern! Streng geheim! Aha, du hast Tee gemacht, wunderbar, ich bin halb verdurstet!“
Dolly schenkte sich eine Tasse Tee ein. Klaus betrachtete sie von der Seite. Wie hübsch sie war, wenn sie so außer Atem aus dem Freien hereingestürmt kam. Wie jung sie plötzlich wieder aussah, nicht älter als achtzehn, neunzehn. Verschwunden war der angespannte Ausdruck, den sie jetzt so oft abends hatte, wenn die Arbeit des Tages hinter ihr lag.
„Der Ausflug in die Stadt hat mir richtig gut getan“, sagte sie, als hätte sie seine Gedanken erraten. „Ich komme nur noch so selten dazu, einmal einen Blick in Schaufenster zu werfen oder in einem Geschäft in hübschen Dingen zu wühlen. Und du? Wie ist es dir ergangen? Bist du mit dem Korrigieren fertig geworden? War sonst irgendwas?“
„Langsam, langsam. Also: erstens, mir ist es schlecht gegangen, weil du nicht da warst, der Tee ist zu bitter, und der Toast war verbrannt. Zweitens: mit dem Korrigieren bin ich fertig geworden. Und drittens: Sauergurke hat etwas für dich abgegeben, das sie gefunden hat. Angeblich hast du’s verloren.“
„Ich? Ich habe nichts verloren.“
„Na ja, vielleicht kannst du wenigstens feststellen, wem es gehört. Ein Päckchen Briefe oder so. Liegen drüben auf deinem Schreibtisch.“
„Vielleicht von einem der Mädchen“, meinte Dolly achselzuckend und biß
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