Dolly - 15 - Ein Möwenfest im Möwennest
explodierten mit
ohrenbetäubendem Krachen, sausten in Saftbecher, blieben im
Kuchen stecken, platschten in Ketchuppfützen und fetzten
Kartoffelchips auseinander.
Alexa floh kreischend unter die Bettdecke; die meisten anderen
saßen wie erstarrt da und brachten kein Wort heraus. Nur Juanita,
Cornelia und Babsi erkannten sofort, was zu tun war.
„Knallfrösche! Ihr gemeinen Biester, das werdet ihr büßen!“ schrie
Juanita wild auf und stürzte sich auf den Feind, den sie in der Person
Utes erwischte. „Schneidet ihnen den Weg ab!“
Um sich den Fluchtweg zu sichern, warf Wiebke Geschoß um
Geschoß ins Zimmer, es war ein Höllenlärm. Nun blieben auch die
anderen nicht untätig. Sie griffen nach den nächstbesten Waffen,
Bettdecken, Kissen, Pappbechern und Tellern. Im Nu war eine
phänomenale Saalschlacht im Gange. Längst waren die Kerzen auf
dem Teppich breitgetreten und ausgelöscht, im Dunkeln drosch jeder
auf jeden. Federn flogen und setzten sich auf senfbeschmierte
Gesichter und Arme, zwischen den Zehen quietschte in Limonade aufgeweichter Kuchen, Kartoffelchips knirschten unter den nackten Fußsohlen. Keuchend ermunterten sie sich gegenseitig, nicht aufzugeben und die Feinde in die Flucht zu schlagen; sie tasteten nach
neuen Waffen, hieben und boxten auf gut Glück um sich.
Schon ging die Munition zu Ende, Babsi erwischte als letzte
Ladung ihren Teller und schleuderte ihn mit aller Kraft in Richtung
Tür, wo sie den Feind auf der Flucht vermutete. Klatsch! machte es,
da ging das Licht an. In der Türöffnung stand Klaus-Henning
Schwarze, das Gesicht gleichmäßig mit einem zartrosa Brei
verkleistert, der dazugehörige Pappteller rutschte über sein Kinn
abwärts an der Brust entlang und fiel auf den Boden.
„Was ist denn das?“ fragte der Lehrer fassungslos.
„Ein Drittel Ketchup“, stotterte Babsi, „ein Drittel Senf und ein
Drittel Mayonnaise!“
Ein schwarzer Tag für Möwenfels
In der kommenden Woche gab es zwei Baufirmen auf Burg Möwenfels. Die eine war mit der Renovierung des Westturms beschäftigt, die andere mit dem Schlafsaal der Ersten des Nordturms. Alles wieder herzurichten, und zwar vom eigenen Taschengeld… das war die Strafe gewesen, die Dolly und Klaus den Mädchen auferlegt hatten. Die Bestrafung der Mädchen aus dem Ostturm blieb deren Hausmutter überlassen, und sie ging nicht so gnädig mit den Missetäterinnen um, es hagelte Verweise, seitenlange Strafarbeiten und Ausgehverbot. Immerhin war das Werfen von Feuerwerkskörpern, auch wenn es sich nur um Knallfrösche gehandelt hatte, etwas Schlimmeres als das Abhalten einer Mitternachtsparty. Mitternachtspartys waren zwar verboten, es gab sie allerdings seit jeher. Die Erzieher übersahen sie meistens großzügig.
Trotzdem stöhnten Juanita und ihre Freundinnen unter der ihnen auferlegten Strafe. Nicht so sehr das Streichen der Wände und der Decke, das Abscheuern und neu Lackieren der Schränke, das Flicken der Betten und Kissen ärgerte sie, sondern die hohen Kosten, die ihnen der Spaß verursachte und die monatelangen Verzicht auf eine Menge Annehmlichkeiten bedeuteten.
„Wir haben viel zuwenig Farbe gekauft!“ maulte Elvira. „Das reicht doch nicht hin und nicht her!“
„Wenn das Zeug doch nun mal so teuer ist!“ verteidigte sich Babsi.
„Aber es nützt doch nichts! Streichen müssen wir es doch! Wir können doch nicht nur das halbe Zimmer frisch streichen, oder?“
„Warum nicht?“ Hannelore kicherte. „Die eine Wand lassen wir so bunt – als Monumentalgemälde. Ein richtiges Happening!“
„Das erlaubt Herr Schwarze nie.“
„Wartet mal, ich glaube, ich habe eine Idee“, sagte Juanita und ergriff den Farbeimer. „Vielleicht kann ich was organisieren!“
„Du meinst drüben im Westturm?“
„Könnte doch sein. Wenn ich schön bitte?“ sagte Juanita listig. „Sie fangen gerade damit an, die Wohnung der Broschs zu streichen, hab’ ich heute gehört.“
„Mann, das wäre ja super!“
„Die Lösung!“
Juanita lauschte auf den Flur hinaus. Alles blieb still. Sie machte den Mädchen ein Zeichen und schlich davon. Ungesehen kam sie am Zimmer der Hausmutter vorbei und bis in den Westturm.
Sie mußte versuchen, den älteren der beiden Malergesellen zu erwischen. Er war ein freundlicher dicker Mann, der immer Zeit für ein Schwätzchen hatte, wenn man ihn etwas fragte oder ihm bei der Arbeit zuschaute. Juanita lauschte.
Im ersten Stock waren Stimmen zu hören. Mehrere Männer und eine Frau. Das mußte die
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