Dolly - 16 - Dollys schoenster Sieg
aufgeblüht! Na
schön, in manchen Dingen ist sie ein bißchen altmodisch.“ „Sie ist eben wie eine liebe, altmodische Tante, die man gern zum
Kaffee besucht“, unterbrach Verena sie. „So richtig kuscheliggemütlich.“
Die anderen lachten. Aber Verena hatte recht, auch wenn Fräulein
Innig ihnen mit ihrer Gluckenhaftigkeit manchmal ein bißchen auf die
Nerven ging, im Grunde mochten sie sie gern.
„Und wann soll das große Ereignis steigen?“ erkundigte sich AnnaSophie.
„Morgen. Damit wir das schöne Herbstwetter ausnützen, denn wer weiß, wie lange es sich noch hält. Die in der Küche machen uns ein Picknick zurecht, damit wir über Mittag wandern können, wenn es draußen am schönsten ist. Dafür fallen die letzten beiden Stunden aus“, gab Helga Auskunft. „Und wir dürfen bis zum Abendessen
fortbleiben.“
„Das heißt: keine Aufgaben, keine Studierzeit nachmittags, also,
wenn das nicht eine Super-Nachricht ist!“ freute sich Angelika. Aller
Kummer war wie fortgeblasen.
Nach dem Abendessen trafen sie sich mit Fräulein Innig im
Gemeinschaftsraum, um die Strecke festzulegen. Ein Stück weit
würden sie den Küstenweg benutzen, von dem aus man aufs Meer
hinausschauen konnte, und dann durch Felder und Wiesen zu einem
Wasserschlößchen wandern, das zwar noch in Privatbesitz, aber
täglich für mehrere Stunden zur Besichtigung freigegeben war. Von
dort aus ging es durch den Wald bis ins nächste Dorf, wo es eine
ausgezeichnete Bäckerei und Konditorei gab, bei der man eine weitere
Pause einlegen konnte. In einer knappen halben Stunde war man vom
Dorf aus wieder in Möwenfels.
Vor Aufregung und Vorfreude konnten sie kaum einschlafen, und
noch lange ging das Gewisper von Bett zu Bett.
Herr Wollert, der die Klasse in den ersten beiden Stunden des
nächsten Tages hatte, brauchte all seine Geduld, um im Unterricht für
Ruhe zu sorgen. Endlich war es soweit.
Im Speisesaal durften sie sich ihre Picknick-Pakete abholen, dann
versammelte man sich vor dem Portal der Burg. Lachend und
schwatzend machten sie sich auf den Weg. Fräulein Innig ging mit
Verena und Juliane voraus, ihre Apfelbäckchen glühten vor Freude
über das milde, warme Herbstwetter und die fröhliche Mädchenschar. Vom Meer her wehte eine kräftige Brise, als sie auf den Uferweg
kamen. Möwen begleiteten sie kreischend.
„Seht mal, unsere Haustiere!“ rief Franziska lachend.
„Haustiere? Wappentiere!“ sagte Helga.
„Wir hätten altes Brot mitnehmen sollen und ihnen hin und wieder
etwas zuwerfen, dann würden sie uns sicher auf dem ganzen Weg
begleiten“, sagte Uschi verträumt. „Hat nicht vielleicht jemand Brot
bei sich?“
„Wehe, du vergreifst dich an meinem Picknick-Beutel!“ protestierte
AnnaSophie in gespieltem Entsetzen. „Bei deiner Tierliebe bist du zu
allem fähig!“
„Seht doch die schneeweißen Schaumkronen auf den Wellen
draußen! Wir hätten eine Bootsfahrt machen sollen, Fräulein Innig!“
Iris wies auf das Meer hinaus.
„Ihr Ärmsten, da hättet ihr viel zu tun!“
„Warum denn?“
„Weil ich furchtbar leicht seekrank werde. Ihr müßtet die ganze Zeit
Samariterdienst tun. Und vermutlich wäre ich nicht die einzige!“ „Nein“, meinte Angelika lachend. „Wenn ich an meine Überfahrt
über den Kanal denke, in den letzten Ferien, es war grauenvoll!“ Der Wind packte kräftiger zu. Fräulein Innig zog einen
leuchtendroten Schal aus der Tasche und band ihn sich um den Hals. „Ist der aber schick!“ lobte Martina. „Ist der neu?“
Fräulein Innig wurde rot.
„Ja, ein Geburtstagsgeschenk von einem sehr lieben Menschen.
Einem alten Freund. Er ist eigentlich ein bißchen zu jugendlich für
mich!“
„Der Freund?“
„Wo denkst du hin! Der Schal! Dieses leuchtende Rot!“ „Finde ich überhaupt nicht, das paßt doch super zu ihrem
olivgrünen Lodenmantel! Sieht toll aus!“
Fräulein Innig lächelte dankbar.
Bald waren sie an der Stelle, an der der Weg in die Felder
hinunterführte. Sofort ließ der Wind nach, und es wurde fast
sommerlich heiß. Sie zogen sich Jacken und Mäntel aus und hängten
sie sich über die Schultern.
Die Hitze machte träge. Das eifrige Schwatzen und Lachen ließ
nach, nur hin und wieder machten sie sich auf einen besonders
schönen Ausblick, eine seltsam geformte Wolke im tiefblauen
Himmel, einen Raubvogel oder einen herbstlich bunt gefärbten Baum
aufmerksam.
„Allmählich kriege ich Hunger“, murmelte Bine. „Ob wir noch weit
laufen?“
„Fragen wir einfach
Weitere Kostenlose Bücher