Dolly - 16 - Dollys schoenster Sieg
haben!“
„Ich jedenfalls nicht. Und nun laß mich bitte mit diesen lächerlichen Affären zufrieden, ich habe die Arbeiten von drei Klassen zu korrigieren. Ich habe keine Lust, noch die halbe Nacht daran zu arbeiten.“
„Entschuldige, daß ich gewagt habe, dich zu fragen, großer Meister!“
Dolly wandte sich wütend ab.
„Verzeihung, kann ich Sie einen Augenblick sprechen, Hausmutter?“
In der Tür stand Gundula und sah mit großen Augen von einem zum anderen.
„Ja, natürlich, Gundula, was gibt’s?“
„Ich möchte Sie aber wirklich nicht stören!“
„Aber nein.“
„Ich habe einen Brief an meine Mutter geschrieben und keine Briefmarken mehr, könnten Sie mir eine geben? Hier ist das Geld.“
„Drüben im Sekretariat könnt ihr Briefmarken kaufen, wußtest du das nicht? Sie haben immer einen größeren Vorrat da.“
„Ja ja, schon, ich dachte nur, wegen dieser einen Marke…“
„Warte, ich muß sehen, ob ich noch Briefmarken habe. Ja, hier, bitte sehr.“
„Oh, das ist wirklich unheimlich nett von Ihnen, Hausmutter. Vielen Dank!“
Gundula nahm die Marke und lief hinaus.
„Willst du den Brief nicht gleich hierlassen zum Einstecken?“ rief Dolly ihr nach, aber Gundula hörte nicht. „Komisch, erst hat sie’s so eilig, und dann läuft sie fort!“
„Die falsche Liebenswürdigkeit dieses Mädchens geht mir unbeschreiblich auf die Nerven!“ brummte Klaus. „Ich glaube ihr kein Wort!“
„Dir kann’s heute überhaupt niemand recht machen, wie?“ entgegnete Dolly ärgerlich.
„Nein!“ rief Klaus. „Komm sofort her!“
Dolly trat an den Schreibtisch ihres Mannes. „Und nun leg die Arme um mich, und sag mir, daß ich ein widerliches Ekel bin!“
„Ich liebe dich, du widerliches Ekel. Was ist denn heute mit dir los?“
„Ich weiß es nicht, das ist es ja gerade. Etwas bedrückt mich, und ich kriege es nicht zu fassen!“
„Die zwanzig Mark?“
„Ach Quatsch, die hatte ich schon wieder vergessen. Aber vielleicht hast du recht. Irgendwo in meinem Hinterkopf läutet so ein Warnsignal, doch ich weiß nicht, worauf es sich bezieht!“
Dolly schmiegte sich an ihren Mann.
„Mir geht es genauso. Gebe der Himmel, daß wir uns beide irren. He, da kommen unsere Babysitter! Na? Habt ihr einen schönen Spaziergang gemacht?“
Angelika und AnnaSophie sahen sich verlegen an. Angelika trug Kathrinchen auf dem Arm, sie sah erschöpft aus. Kathrinchens Gesicht war verquollen vom Weinen.
„Um Himmels willen, was ist denn passiert?“
„Sie wollte nicht laufen! Und in ihrer Karre sitzen auch nicht, sie hat die ganze Zeit geschrien. Nur wenn wir sie getragen haben, war sie still!“
„Merkwürdig.“ Dolly nahm ihre Tochter auf den Arm und trug sie ins Kinderzimmer hinüber. „Vorhin war sie doch ganz vergnügt.“
Sie stellte Kathrinchen im Laufställchen ab, um ihr die Jacke auszuziehen. Sofort fing die Kleine gellend an zu schreien. Klaus kam aus dem Nebenzimmer gestürzt und hob seine Tochter hoch.
„So hat sie die ganze Zeit geschrien“, berichtete Angelika dem Weinen nahe, „wir wußten gar nicht mehr, was wir machen sollten!“
Besorgt nahm Klaus seine Tochter auf den Arm
Dolly zog Kathrinchen die Schuhe von den Füßen, dann streifte sie die Strümpfchen ab.
„Mein Gott, schau dir das an! Das rechte Füßchen ist vollkommen wund gerieben, es muß etwas im Schuh sein. Nein, da ist nichts. Vielleicht im Strumpf. Au! Was ist denn das?“
„Ich sehe nichts!“
„Nein, aber fühl mal an dieser Stelle!“
„Autsch! Das ist ein Stachel von einer Distel, glaube ich. Er muß ihr irgendwie in den Schuh gerutscht sein. Ja, hier, siehst du, aber wie das gleich so tief rutschen konnte! Kein Wunder, daß sie bei jedem Schritt vor Schmerzen geschrien hat!“
„Und warum hat sie dann im Sitzen auch geschrien?“ fragte Angelika. „Ich weiß ehrlich gesagt überhaupt nicht, wie die Distel in den Schuh gekommen sein soll. Wir sind doch nicht querfeldein gelaufen, sondern immer nur auf dem Weg!“
Dolly hatte Kathrinchen die Jacke ausgezogen und faßte nun zugleich Pulli und Hemdchen, um es ihr über den Kopf zu ziehen. Im gleichen Augenblick schrie Kathrinchen wieder jämmerlich auf und weinte heftig.
„Hier auch! Schaut euch das an, hinten im Hemdchen! Ihr Rücken ist ganz zerkratzt! Meine arme kleine Maus!“ Dolly nahm das Kind auf den Arm und wiegte es hin und her. „Wie hat das nur passieren können! Komm, komm, jetzt ist alles wieder gut. Wir tun ein bißchen kühlende Salbe drauf, dann tut’s
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