Dolly - 16 - Dollys schoenster Sieg
glückliche Familie, früher. Früher habe
ich immer gedacht, bei uns ist es schöner als bei allen andren Leuten.
Besonders Weihnachten. Das kann man gar nicht beschreiben. Es war
einfach wunderwunderschön!“
„Gerade darum! Du mußt ihm helfen, auch wenn er sich nicht
helfen lassen will. Wie wär’s denn, wenn du ihm schreibst, du
möchtest Weihnachten diesmal nicht zu Hause mit ihm sein, wegen
der drückenden Erinnerungen, du möchtest irgendwo hinfahren? Nicht
weit von hier gibt es am Meer zum Beispiel ein wunderschönes
Strandhotel, das auch im Winter geöffnet ist. Sie haben ein Hallenbad
mit Meerwasser, und man kann tolle Spaziergänge machen. Versuch
es doch mal, ihn dazu zu überreden, vielleicht geht er darauf ein?“ „Das wäre eine Idee“, sagte Gundula nachdenklich.
„Wenn du willst, rufe ich dort mal an“, schlug Dolly vor, „wir
könnten schon mal Zimmer reservieren lassen.“
„Das wäre super, ja bitte! Ich schreibe meinem Vater sofort! Ich
werde ihm einfach sagen, ich hätte schon alles organisiert.“ „Tu das.“
Dolly ging zum Telefon und suchte die Nummer des Hotels heraus.
Während sie nach dem Hörer griff, kam ihr ein neuer Gedanke. Sollte
man Gundula und ihren Vater nicht einfach nach Möwenfels
einladen? Klaus und sie würden mit Wollerts und Frau Direktor
Greiling zusammen feiern, die diesmal erst nach den Festtagen zu
einem kurzen Erholungsurlaub in die Berge fuhr. Aber nein, der
Anblick der glücklichen jungen Familien würde Herrn Mormann
möglicherweise in seiner trübsinnigen Stimmung besonders zusetzen. Man mußte Gundula und ihren Vater sich selbst überlassen. Die Atmosphäre eines behaglichen Ferienhotels mit fröhlichen Gästen
würde ihn am ehesten aus seiner Isolation reißen.
Eine halbe Stunde später brachte Gundula ihren Brief.
„Würden Sie ihn bitte lesen, Hausmutter?“ bat sie.
Dolly studierte das Schreiben und lächelte.
„Super! Das hört sich an wie ein raffinierter Werbeprospekt. Du
lockst mit langen Strandspaziergängen, Gesprächen und Spielen am
flackernden Kaminfeuer, köstlichen Menüs bei Kerzenlicht und
Musik, dem tollen Schwimmbad und der Sauna wie ein Hoteldirektor,
der um Gäste wirbt! Da läuft einem ja das Wasser im Munde
zusammen, und man möchte sofort losfahren!“
„Klar! Das ist ja auch meine Absicht!“ Gundula lachte. „Hab ich
abgeschrieben, aus dem Hotelprospekt, den Charly auf ihrem
Nachttisch liegen hat. Das Hotel, in dem sie und Isa ihre Ferien
verbringen, Sie wissen schon. Schließlich muß ich meinen Vater ja
irgendwie überreden!“
„Das stimmt. Na dann, viel Glück!“
Zweimal in der Woche trafen sich alle Mädchen des Nordturms in
einem unbenutzten Kellerraum und schlossen sich ein. Dolly hatte
strengstes Verbot, auch nur in die Nähe dieses Raumes zu kommen.
Hier entstand in gemeinsamer Arbeit ein Geschenk für Kathrinchen.
Zwar war sie eigentlich noch ein bißchen zu klein dafür, aber die
Mädchen trösteten sich mit dem Gedanken, daß sie bald alt genug sein
würde, damit zu spielen, und daß Dollys Tochter schließlich über
außerordentliche Intelligenz verfügte. Das glaubten sie wenigstens. „Mal abgesehen von Kathrinchen, ist es ja auch ein Geschenk für
Dolly und Klaus“, sagte Vivi. „Diese Weihnachten werden eben nur
sie damit spielen. Ich kenne genug Väter, die mit der Eisenbahn ihrer
Söhne ganze Nächte zubringen!“
„Richtig“, stimmte ihr Berti zu. „Meine einzige Befürchtung ist:
Wo sollen sie das Riesending eigentlich hinstellen?“
„Gute Frage“, sagte Olly nachdenklich. „Ist aber schließlich nicht
unser Problem!“ fügte sie fröhlich hinzu.
Da die Mädchen Dolly angekündigt hatten, sie wollten diesmal eine besondere Weihnachtsfeier der Möwen aus dem Nordturm veranstalten – Dolly brauchte sich um nichts zu kümmern, sie selbst würden alles arrangieren –, hatte Dolly ihre Küche tagelang in eine Backstube umfunktioniert. Etwas wollte schließlich auch sie zu dem
Fest beitragen.
Am letzten Tag vor der geplanten Feier wurde der Keller
aufgeräumt und mit langen Tischen und Bänken versehen, die die
Mädchen sich ausgeliehen hatten. Dann wurde der Raum geschmückt.
Die einen deckten die Tische, verkleideten sie mit großen Rollen
Weihnachtspapier, das sie unter der Tischkante mit Reißnägeln
feststeckten. Die anderen bastelten den Tischschmuck aus Tannen,
Kerzen, roten Bändern und rotbackigen Äpfeln oder besteckten die
Wände mit Tannenzweigen, Goldpapiersternen und goldenen
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