Dolly - 16 - Dollys schoenster Sieg
schnell und so vollkommen wie möglich gesund zu werden.“
„Es hat Sie ganz schön erwischt“, sagte der Arzt
„Nun gut, die Entscheidung liegt bei Ihnen. Ich lasse Ihnen hier Tabletten und Tropfen da, und hier ist noch etwas zum Gurgeln. Einmal stündlich. Morgen sehe ich wieder nach Ihnen. Aber wenn ich den Eindruck gewinne, daß Sie hier nicht Ihre Ruhe haben, schaffe ich Sie eigenhändig nach oben ins Krankenrevier!“
„Ich habe gute Aufpasser, keine Sorge!“
Gundula hatte das Gespräch von weitem verfolgt. Als der Arzt gegangen war, kam sie mit frischem kaltem Wasser, um die
Wadenwickel zu erneuern.
„Ich finde, wir brauchen ein Krankenzimmer“ sagte sie in einem
Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Wir könnten Ihr Bett ins
Kinderzimmer stellen, und Kathrinchen müßte, bis Sie gesund sind,
bei ihrem Vater schlafen.“
„Und warum?“ fragte Dolly erstaunt.
„Wegen der Nachtwache. Die Wickel müssen auch nachts
gewechselt werden, solange das Fieber so hoch ist. Und wenn Sie
schwitzen, muß ich Ihr Bett frisch beziehen. Herr Schwarze würde bei
der Unruhe nicht schlafen können.“
„Und du auch nicht!“
„Ich bin schließlich die Krankenpflegerin, oder? Sie müssen jetzt
gurgeln, und dann werden wir den Halswickel erneuern. Noch einen
Schluck Saft?“
Dolly schüttelte den Kopf.
„Tut so weh“, murmelte sie schwach.
„Dann mache ich warme Milch mit Honig, das rutscht besser. Oh,
Kathrinchen meldet sich, sie wird Hunger haben. Ich bin gleich
zurück, will nur schnell nach ihr sehen!“ Eifrig lief Gundula hinaus.
Sie setzte durch, daß Dolly ins Kinderzimmer umzog. Ein bittender
Blick von Dolly brachte Klaus’ Protest zum Schweigen. Zu zweit
schoben sie das Bett hinüber und trugen das Kinderbett ins
Elternschlafzimmer, ebenso die Kommode mit den Kindersachen.
Gundula, die Kathrinchen bereits gefüttert hatte, legte das Kind zum
Mittagsschlaf ins Bettchen und zog die Vorhänge zu. Klaus fand auf
dem Herd das fertige Mittagessen vor, einen Bohneneintopf, wie
Dolly ihn kaum hätte besser machen können.
„Ißt du nicht mit?“
„Keine Zeit. Ich will sehen, ob die Hausmutter ein paar Löffel
Apfelmus runterbringt. Das Schlucken fällt ihr sehr schwer.“ „Du bist wirklich eine tolle Hausfrau, Gundula!“
„Ich hatte zwei Jahre Zeit, es zu üben. Mein Vater fand es ganz
selbstverständlich, daß ich alles gemacht habe, als Mami fort war. Er
faßt im Haushalt nichts an, er ist zu ungeschickt, sagt er. Und einer
muß es schließlich tun, oder?“
Klaus sah sie schweigend an.
Ellen Wollert steckte den Kopf zur Tür herein und sah sich um. „Wir dachten, du ißt heute im Speisesaal mit uns, weil Dolly krank
ist. Außerdem wollte ich fragen, ob ich ihr etwas bringen soll.“ „Nicht nötig, das mache ich schon“, sagte Gundula abweisend,
voller Angst, man könnte ihr ihre Aufgabe streitig machen. Klaus warf Ellen einen warnenden Blick zu. „Danke, wir sind
bestens versorgt. Gundula hat für mich gekocht, und jetzt wird sie
Dolly füttern.“
Ellen lachte verständnisvoll.
„Dann bin ich hier ja überflüssig. Ist mir ganz lieb, ich habe
wahnsinnig viel zu tun.“
Die nächste Klippe, die es zu umschiffen galt, waren die Mädchen.
Man hatte ihnen zwar gesagt, daß die Hausmutter heute nicht besucht
werden durfte und daß nur Charly und Isa, die Babysitter vom Dienst,
Zutritt hatten, um Kathrinchen zum Spaziergang abzuholen, aber so
leicht wollten sie sich nicht abweisen lassen. Alle drängten sich,
wenigstens irgend etwas für Hausmutter Dolly tun zu dürfen, wenn
nicht gar, sie zu pflegen. Klaus mußte ein großes Schild an die
Wohnungstür hängen: Zutritt verboten, wir bitten um euer
Verständnis.
Die Mädchen aus der Vierten wurden in das Geheimnis eingeweiht.
Glücklich waren sie nicht über den Vorzug, den Gundula da genoß,
aber sie wußten, wenn Dolly so eine ungewöhnliche Entscheidung
traf, dann hatte sie ihre Gründe dafür.
Dollys Fieber stieg weiter. Gundula wechselte die Wadenwickel
alle Viertelstunde. Pünktlich flößte sie Dolly die ihr verschriebenen
Medikamente ein und überredete sie immer wieder, etwas Fruchtsaft
zu trinken. Klaus registrierte jeden Handgriff, ließ sie aber gewähren. Gegen Abend fiel das Fieber ein wenig, aber gegen Mitternacht
stieg es wieder an. Gundula wich nicht von Dollys Bett. Sie legte ihr
Eisbeutel auf die Stirn, tupfte ihr das Gesicht ab, frottierte den
schweißnassen Körper und bezog das Bett frisch. Zwischendurch legte
sie sich hin,
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