Dolly - 17 - Eine Hauptrolle fuer die Burg
Olly!”
Drei geheimnisvolle Besucher
In der Nacht hörte es auf zu schneien. Es war eiskalt geworden, und ein blitzblauer Himmel bildete den wirkungsvollen Hintergrund für die weißverzauberte Winterwelt.
„An so einem Tag sollte Sonntag sein! Alles sieht so feierlich aus”, sagte Anna-Sophie aus der Dritten träumerisch, als sie aus dem Fenster ihres Klassenzimmers sah.
„Oder wenigstens der Unterricht ausfallen”, fügte Eine hinzu und seufzte tief. „Aber unseren Lehrern fehlt es einfach an Feingefühl!”
„Es ist, als ob man ihn zerkratzt, mit so was Ekelerregendem wie Schulunterricht…”
„Oder beschmutzt. So ein frischgewaschener Tag…” Hinter ihnen kicherte Franziska.
„Herr Wollen denkt sicher das gleiche wie ihr! Seht mal, wie gedankenverloren er aus dem Fenster schaut!”
Wie ertappt wandte sich der Lehrer der Klasse zu.
„Tja, wo waren wir gerade stehengeblieben?”
„Daß Sie mit uns eine Schneewanderung machen wollen!” rief Franziska übermütig.
Die Klasse applaudierte.
Herr Wollert grinste breit.
„Oh, habe ich das wirklich gesagt? Nun, dann muß es wohl stimmen. Also: statt Hausaufgaben eine Wanderung nach dem Mittagessen. Aber dafür wird jetzt auch tüchtig gearbeitet. Komm gleich mal an die Tafel, Franziska!”
Auch Dolly zog es immer wieder magisch zum Fenster. Wie schön die dick verschneiten Bäume und Büsche anzusehen waren! Die in der Sonne blitzenden Schneekristalle! Wie festlich die Welt da draußen aussah! Die Burg, zum Palast der Schneekönigin geworden…
Eigentlich schade, dachte Dolly, daß diesmal nicht eine Neue im Nordturm ist. Ein Mädchen, das dies alles zum erstenmal sieht, den Blick über die Klippen aufs offene Meer, die alten, ehrwürdigen Mauern der Burg, den vom Schnee verzauberten Rosengarten…. wie im Schlaf liegt er da. Um diese Zeit würde ich mit ihr zur Direktorin gehen. Und vielleicht würde das Mädchen denken, wie gut die alte Dame mit dem weißen Haar und den so auffallenden blauen Augen in diese Szenerie paßt…
Frau Greiling würde sie nach ihrem Namen fragen und sie willkommen heißen. Und dann würde sie sich mit den gleichen Worten an das Mädchen wenden, die sie Jahr für Jahr an alle Neuankömmlinge richtete.
Dolly sah sich selbst als Zwölfjährige vor der Direktorin stehen und ihr atemlos lauschen, tief beeindruckt von der wunderbaren Ausstrahlung dieser Frau. „Eines Tages, früher oder später, wirst du Burg Möwenfels verlassen und ins Leben hinausgehen”, würde Frau Greiling sagen. „Du sollst wissen, daß es mir nicht so wichtig ist, ob du dein Examen gut bestanden und eine Menge Wissen angehäuft hast. Natürlich ist das gut. Aber wichtiger ist mir, daß du einen hellen Verstand und ein waches Herz mit dir nimmst. Daß du dich als ein Mensch erweist, den man liebt und dem man vertraut. Das vor allem wirst du auf Burg Möwenfels lernen können – wenn du es willst. Unser größter Stolz sind nicht die Mädchen mit den besten Examen, sondern die, die gelernt haben, freundlich und hilfsbereit zu sein, liebenswerte Menschen, auf die in jeder Beziehung Verlaß ist. Als Versager betrachten wir alle die, denen es nicht gelungen ist, diese Eigenschaften zu erwerben. Ich bitte dich sehr, meine Worte ernst zu nehmen. Denn du mußt diese Eigenschaften besitzen, wenn du später einmal glücklich werden und andere Menschen glücklich machen willst. Man wird dir auf Burg Möwenfels viel geben. Sieh zu, daß du Burg Möwenfels viel zurückgibst!”
So würde die Direktorin sprechen. Dolly spürte einen kleinen Schauer den Rücken hinunterrieseln. Wann immer sie sich diese Szene ins Gedächtnis rief, wurde ihr ein wenig feierlich zumute.
Ich bin eine unverbesserliche Romantikerin! schalt sich Dolly. Dabei habe ich gar keine Zeit, mich großen Träumereien hinzugeben, bei dem Haufen Arbeit, der auf mich wartet! Und der Schneeskulpturen-Wettbewerb muß auch vorbereitet werden! Wer weiß, wie lange das Wetter so günstig ist… Am besten, wir veranstalten ihn gleich morgen!
Dolly ging zur Küche hinüber, um bei der Köchin einen großen Kessel Früchtepunsch und einen Korb Gebäck für das große Ereignis zu bestellen. Heute nachmittag würde sie einen Trupp Freiwilliger damit beauftragen, einen Stand am Wettkampfplatz aufzubauen, in dem man über einem Holzkohlenfeuer den Punsch heiß halten konnte und die Helferinnen Gebäck und Getränke verteilen konnten. Später würde sie in den Ort hinüberfahren, um ein paar Siegerprämien zu
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