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Dolores

Dolores

Titel: Dolores Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wissen, daß er bei dem eigentlichen Sturz nicht ums Leben gekommen ist, und das Ergebnis der Autopsie deutet darauf hin, daß es zumindest einen längeren Zeitraum gab, wo er bei Bewußtsein war. Mrs. St. George, wenn Sie in einen aufgegebenen Brunnen gefallen wären und da drin lägen mit einem gebrochenen Schienbein, einem gebrochenen Knöchel, vier gebrochenen Rippen und einem verstauchten Handgelenk - würden Sie dann nicht um Hilfe rufen?«
    Ich ließ mir drei Sekunden Zeit mit je einem hübschen Pony dazwischen, und dann sagte ich: »Ich bin nicht in den Brunnen gefallen, Dr. McAuliffe. Es war Joe, und er hatte getrunken.«
    »Ja«, erwiderte Dr. McAuliffe. »Sie kauften ihm eine Flasche Whiskey, obwohl alle Leute, mit denen ich gesprochen habe, gesagt haben, daß Ihnen sein Trinken zuwider war, obwohl er unangenehm und streitsüchtig wurde, wenn er getrunken hatte; Sie kauften ihm eine Flasche Whiskey, und er hatte nicht einfach getrunken, er war betrunken. Er war sehr betrunken. Außerdem war sein Mund voller Blut, und sein Hemd war blutverkrustet bis zur Gürtelschließe. Wenn man diese Tatsache bedenkt, in Verbindung mit den gebrochenen Rippen und den gleichfalls vorhandenen Lungenverletzungen - wissen Sie, welchen Schluß das nahelegt?«
    Eins, mein hübsches Pony… zwei, mein hübsches Pony… drei, mein hübsches Pony. »Nein«, sagte ich.
    »Mehrere der gebrochenen Rippen hatten sich in seine Lungen gebohrt. Solche Verletzungen führen immer zu Blutungen, aber nur selten zu so starken. Eine derart heftige Blutung wurde meines Erachtens dadurch ausgelöst, daß der Verstorbene wiederholt um Hilfe rief.« 
    Das war keine Frage, aber ich zählte trotzdem bis drei, bevor ich sagte, »Sie glauben, daß er da unten war und um Hilfe rief. Ist es das, was Sie damit sagen wollen?« 
    »Nein, Madam«, sagte er. »Ich glaube es nicht nur; ich bin mir dessen ganz sicher.«
    Diesmal wartete ich nicht ab. »Dr. McAuliffe«, sagte ich, »glauben Sie etwa, ich hätte meinen Mann in diesen Brunnen gestoßen?«
    Das erschütterte ihn ein bißchen. Seine LeuchtfeuerAugen blinkten nicht nur - für ein paar Sekunden schalteten sie regelrecht ab. Er hantierte mit seiner Pfeife herum, dann schob er sie wieder in den Mund und tat einen Zug, und die ganze Zeit versuchte er sich darüber klar zu werden, wie er darauf reagieren sollte.
    Bevor er es konnte, meldete sich Garrett wieder zu Wort. Sein Gesicht war so rot geworden wie ein Radieschen. »Dolores«, sagte er, »ich bin sicher, niemand glaubt… ich wollte sagen, niemand hat auch nur in Erwägung gezogen, daß du…«
    »Doch«, unterbrach ihn McAuliffe. Ich hatte seinen Gedankenzug für ein paar Sekunden auf eine Nebenstrecke geschoben, aber er schaffte es mühelos, ihn wieder auf die Hauptstrecke zu befördern. »Ich habe es in Erwägung gezogen. Sie verstehen. Mrs. St. George, das gehört nun einmal zu meinem Job…«
    »Das Mrs. St. George können Sie sich schenken«, sagte ich. »Wenn Sie mich beschuldigen wollen, ich hätte meinen Mann in den Brunnen gestoßen und dann dabeigestanden, während er um Hilfe schrie, dann können Sie mich gleich Dolores nennen.«
    Diesmal hatte ich eigentlich nicht versucht, ihn aus der Fassung zu bringen, Andy, aber ich will verdammt sein, wenn es mir nicht gelungen war - zum zweiten Mal binnen weniger Minuten. Ich glaube nicht, daß ihm seit seiner Studentenzeit jemand so hart zugesetzt hat.
    »Niemand beschuldigt Sie, irgendetwas getan zu haben, Mrs. St. George«, sagte er ziemlich steif, und in seinen Augen war deutlich zu lesen: jedenfalls noch nicht. 
    »Nun, das freut mich«, sagte ich. »Weil nämlich die Idee, ich könnte Joe in den Brunnen gestoßen haben, einfach albern ist. Er wog mindestens fünfzig Pfund mehr als ich vermutlich sogar noch mehr. In den letzten paar Jahren hatte er eine Menge Fett angesetzt. Außerdem hatte er keinerlei Hemmungen, von seinen Fäusten Gebrauch zu machen, wenn ihn jemand ärgerte oder ihm in die Quere kam. Das sage ich Ihnen, die sechzehn Jahre lang seine Frau war, und Sie werden auf der Insel eine Menge Leute finden, die Ihnen dasselbe sagen.«
    Natürlich hatte Joe mich schon seit langem nicht mehr geschlagen, aber ich habe nie versucht, die Ansicht, die man auf der Insel hegte, daß er es ziemlich regelmäßig tat, zu berichtigen; und in diesem Moment, in dem McAuliffes blaue Augen versuchten, sich durch meine Stirn hindurchzubohren, war ich verdammt froh darüber. »Niemand behauptet,

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