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Dom Casmurro

Dom Casmurro

Titel: Dom Casmurro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquim Maria Machado de Assis
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jungen Damen Juwelen liebte, wollte sie nicht, dass ich ihr zu viele oder zu teure kaufte. Einmal grämte sie sich so, dass ich versprach, keine mehr zu kaufen. Doch das galt nur für kurze Zeit.
    Im Großen und Ganzen verlief unser Leben ruhig. Wenn wir nicht mit der Familie oder mit Freunden zusammen waren oder ins Theater oder (eher selten) zu einer privaten Abendgesellschaft gingen, saßen wir abends an unserem Fenster in Glória und betrachteten den Himmel und das Meer, die Schatten der Berge und der großen Schiffe oder auch die Menschen am Strand. Manchmal erklärte ich Capitu die Geschichte der Stadt oder sprach über die neuesten Entdeckungen in der Astronomie. Ich war natürlich ein Laie, doch in der Regel lauschte sie meinen Erklärungen aufmerksam und neugierig. Manchmal nickte sie aber auch ein wenig darüber ein. Da sie nicht Klavier spielen konnte, lernte sie es nach der Eheschließung, und zwar so schnell, dass sie bald schon bei Freunden vorspielte. Das war in Glória eine weitere unserer Freizeitbeschäftigungen. Sie sang auch, allerdings nur selten, weil sie keine Stimme hatte. Irgendwann sah sie ein, dass es besser war, nicht zu singen, und dabei blieb es. Sie tanzte auch gern, und wenn wir einen Ball besuchten, machte sie sich liebevoll zurecht. Ihre Arm e … Ihre Arme verdienen einen kleinen Einschub.
    Sie waren wunderschön, und als sie sie erstmals auf einem Ball entblößte, gab es bestimmt in der ganzen Stadt keine schöneren, nicht einmal die deinen, liebe Leserin, die damals noch Mädchenarme waren, wenn sie überhaupt schon geboren waren. Vermutlich steckten sie noch in dem Marmor, aus dem sie später geschaffen werden sollten, oder nahmen gerade unter den Händen des göttlichen Bildhauers ihre Form an. Capitus Arme waren die schönsten des ganzen Ballabends, und ich war wie geblendet von ihnen. Ich unterhielt mich kaum noch mit anderen Menschen, weil ich sie unentwegt ansehen wollte, auch wenn sie sich um fremde Fräcke schlangen. Beim zweiten Ball war das bereits anders; es quälte und ärgerte mich zu sehen, dass die Männer nicht müde wurden, sie anzustarren, sie zu suchen, fast schon danach zu verlangen, und sie mit ihren schwarzen Ärmeln streiften. Zum dritten Ball ging ich schon nicht mehr, und darin wurde ich von Escobar bestärkt, dem ich meinen heimlichen Verdruss anvertraut hatte. Er stimmte mir sofort zu.
    «Sanchinha geht auch nicht zum Ball oder trägt zumindest ein langärmeliges Kleid. Alles andere erscheint mir unanständig.»
    «Nicht wahr? Aber sag ihr nicht den Grund, sonst schimpfen sie uns nur Seminaristen. Capitu hat mich ohnehin schon so genannt.»
    Dennoch berichtete ich Capitu von Escobars moralischer Unterstützung. Sie lächelte und antwortete, Sanchinhas Arme seien nicht gut geformt, gab aber sofort nach und verzichtete auf den Tanzabend. Später besuchte sie weitere Bälle, bedeckte indes ihre Arme zur Hälfte mit Tüll oder Ähnlichem, was nicht verhüllt, aber auch nicht gänzlich freilegt, so wie der feine Schleier bei Camões 68 .
    106
    Zehn Pfund Sterling
    Ich sagte ja bereits, dass Capitu sparsam war; falls nicht, sei es hiermit erwähnt. Und sie ging nicht nur mit Geld sparsam um, sondern auch mit gebrauchten Dingen, die man aus Tradition, Wehmut oder zur Erinnerung aufbewahrt. So hatte sie zum Beispiel ein paar flache Schühchen mit schwarzen Bändern, die man über dem Spann und den Knöcheln kreuzte, ihre letzten Schuhe, ehe sie anfing, Stiefeletten zu tragen. Diese Schuhe brachte sie mit in unser Haus und holte sie von Zeit zu Zeit, zusammen mit anderen alten Dingen, von denen sie sagte, es seien Kindheitsstücke, aus der Kommodenschublade hervor. Meine Mutter, die genauso veranlagt war, hörte es gern, wenn sie so etwas tat oder davon sprach.
    Zu ihrem sparsamen Umgang mit Geld werde ich einen einzigen Fall schildern, das soll genügen. Er ereignete sich nämlich, als ich ihr in unserem Haus in Glória wieder einmal die Astronomie erklärte. Du weißt, dass sie dabei schon einmal eingenickt war. Dieses Mal aber starrte sie so angestrengt und konzentriert auf das Meer, dass ich eifersüchtig wurde.
    «Du hörst mir gar nicht zu, Capitu.»
    «Ich? Ich höre alles.»
    «Was habe ich gesagt?»
    «Du has t … du hast von Sirius gesprochen.»
    «Sirius? Vor zwanzig Minuten habe ich von Sirius gesprochen.»
    «Du sprachst vo m … du sprachst vom Mars», verbesserte sie eilig.
    In der Tat war es um Mars gegangen, aber natürlich hatte sie nur den

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