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Zuckungen. Er würde nicht mehr trinken können. Schaum würde aus seinem Mund dringen, und er würde Ekel vor seinem eigenen Speichel empfinden. Nach einer Reihe von Tobsuchtsanfällen würde er in ein Koma hinübergleiten. Wenig später würde ein gnädiger Tod ihn von allen Leiden erlösen.
Er tastete nach seiner verletzten Hand. Die Fingerstümpfe schmerzten nicht mehr, das lag an der Betäubungsspritze, die Dr. Reynolds ihm gegeben hatte. Nachdem die Spritze ihre Wirkung entfaltete, hatte die Ärztin die Wunden mit einem desinfizierenden Mittel behandelt. Aber die Betäubung hatte nicht verhindert, dass Bryce in Tränen ausbrach. Er schluchzte, als sie ihm Serum in die Fingerstümpfe spritzte, und er war am Rande einer Ohnmacht, als sie ihm eine weitere Injektion in einen Muskel am Handgelenk gab.
Als sie ihm das Immunserum in den Unterbauch injizierte, hatte Bryce vor Schmerzen geschrien, die Ärztin hatte sich nicht darum gekümmert, sie hatte ihm nur erklärt, dass die Behandlung lebenswichtig war. Sie hatte ihm auch gesagt, dass das Serum aus dem Gehirn tollwütiger Tiere zusammengebraut wurde. Als ob das ihn interessierte. Als die Ärztin mit den Injektionen – vierzehn? fünfzehn? sechzehn? – fertig war, hatte Bryce an gar nichts mehr Interesse, weder an seiner Krankheit noch an den Menschen noch an sich selbst. Er sank auf die Pritsche zurück und spürte, wie er vom schwarzen Nichts aufgenommen wurde.
Er wachte auf, als er das Plätschern hörte. Schüsse im Korridor. Er setzte sich auf. Die Frau im Bett gegenüber begann zu schreien. Das Wasser hatte ihre Matratze erreicht.
Bryce saß an das Kopfende des Bettes gelehnt, während sanfte Wellen über sein Bettlaken fluteten. Die Kopfschmerzen waren schlimmer geworden. Er spürte, wie die Krankheit sich in seinem Körper ausbreitete. Jemand war aufgestanden und kam an seinem Bett vorbeigewatet. Die Spritzer, die hochgeschleudert wurden, schmerzten wie kochendes Wasser.
Weitere Gestalten folgten dem Mann, der zur Tür strebte.
Bryce kauerte sich zusammen. Sein Blick wanderte zu der Gruppe von Patienten, die sich am Ausgang des
Krankenzimmers gesammelt hatte. Er sah, wie ein Mann am Türknopf drehte. Er hob seine verstümmelte Hand, um den Mann zu warnen. Aber es war zu spät. Die Tür sprang auf, eine Flutwelle schwemmte die Menschen in den Gang, der zwischen den dreistöckigen Bettreihen verlief. Das Wasser stieg. Bryce erklomm das nächsthöhere Bett. Die Matratzen hatten sich vollgesogen, wurden zu großen, schwimmenden Inseln. Als die Konstruktion in sich zusammenstürzte, wurde er in die Hütten geschleudert. Er versuchte aufzutauchen, aber das Gewicht eines eisernen Bettes hielt ihn unter der Oberfläche fest. Ihm war, als hätte er eine leise Stimme gehört.
Vielleicht war es auch nur ein Gedanke.
Warum kämpfen, wenn der Tod unvermeidlich ist?
Bryce stemmte sich gegen das Gewicht, das ihn unter Wasser hielt.
Ist es nicht besser, du ertrinkst, anstatt an Tollwut zu sterben? fragte die Stimme.
Es gelang ihm, das Bett eine Handbreit aus dem Wasser zu heben. Wenige Herzschläge später gab es einen Ruck. Das Gewicht, das Bryce zu halten hatte, war schwerer geworden.
Er vermutete, dass jemand auf das Bett gestiegen war, um sich vor dem Wasser zu retten.
Die Sache dauert nur ein oder zwei Minuten, dann schläfst du ein. Du wirst besser schlafen, als du je geschlafen hast, Bryce.
Die Last des Lebens wird von dir genommen sein.
Ja, das war eine gute Idee. Wünschenswert. Aber ich habe Schmerzen. Jetzt. Was ist mit meinen Schmerzen?
Du musst dich nicht gegen die Schmerzen wehren, das ist das ganze Geheimnis. Ein paar unangenehme Sekunden, dann ist alles vorüber. Du wirst feststellen, dass ich die Wahrheit gesagt habe.
Habe ich schon Halluzinationen? Bin ich schon wahnsinnig?
Ist die Tollwut so schnell bei mir ausgebrochen?
Nein, nein, du bist nicht wahnsinnig. Im Gegenteil, dein Gehirn arbeitet vollständig normal. Sterben, anstatt zu leben und zu leiden, das ist die klügste Idee, die du je gehabt hast.
Meine Lungen schmerzen. Es tut weh, so weh!
Das geht bald vorüber. Atme das Wasser ein. Ein tiefer Atemzug, und du hast keine Schmerzen mehr.
Ich kann nicht. Ich habe Angst.
Es ist leicht. Leichter als du denkst.
Wer bist du?
Ich bin dein Freund. Ich bin du.
Wirst du bei mir bleiben?
Immer.
In Ewigkeit…
In Ewigkeit …
Amen?
Amen…
Die letzte Luft war aus seinen Lungen entwichen. Bryce schlug mit Armen und Beinen um
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