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Don Camillo gibt nicht auf

Don Camillo gibt nicht auf

Titel: Don Camillo gibt nicht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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zwischen dem Leben über der Erde und dem Tod unter der Erde. Wenn die Zukunft des Baumes auch über der Erde liegt, wenn er auch nach oben wächst, so hat er seine Wurzeln doch unter der Erde. Und das bedeutet, daß die Zukunft aus der Vergangenheit genährt wird. Wehe denen, die nicht die Erinnerung an die Vergangenheit pflegen: Das sind Menschen, die nicht in die Erde säen, sondern auf Beton ...»
    Peppone wischte sich den Schweiß von der Stirn, dann sagte er mit ruhigerer Stimme:
    «Kinder, ich spreche zu euch, ihr jungen Bäume, die ihr den Wald des Lebens mit neuem Laub schmückt, und ich sage euch, nicht als heutiger Bürgermeister, sondern als ehemaliger Schüler: Ich weiß, daß meine alte Lehrerin jetzt da ist, zusammen mit ihrer ganzen Schülerschaft. Ich weiß es ganz sicher, und ich könnte sie sehen, wenn ich nur den Kopf in eine bestimmte Richtung drehen würde. Aber ich habe nicht den Mut dazu, weil ich der schlimmste Schüler von der ganzen Welt war. Ich habe nicht den Mut, meiner alten Lehrerin ins Gesicht zu sehen. Paßt auf, daß ihr euch nicht eines Tages in meiner traurigen Lage findet...
    Ich werde die Frist leben, die mir vom Schicksal bestimmt ist, und nach meinem Tod werde ich mich bei meiner alten Lehrerin melden, wie sich die anderen gemeldet haben. Aber ich hab’ Angst, daß sie mich nicht mehr in der Klasse haben will. Ich hab’ Angst, daß sie wieder wie damals, als ich eine besonders große Frechheit begangen hatte, zu mir sagt: »
    Peppone schloß seine Ansprache leise und mit gesenktem Kopf, den Hut in den Händen drehend, und die Leute waren ein paar Augenblicke ganz benommen. Dann brach ein rasendes Händeklatschen los.
    Peppone hielt es nicht länger auf der Stelle. Er schlüpfte zwischen dem Zaun und den Leuten durch, und als er aus dem Schulhof war, schluckte ihn der Nebel.
    Beim ersten Feldweg verließ er die Straße, ohne sich um die neuen Schuhe und den Bürgermeisteranzug zu kümmern.
    Er ging langsam, mit gesenktem Kopf, um das Sträßchen am Damm zu erreichen und am Dorf vorbei nach Hause zu gelangen.
    Da merkte er, wie Don Camillo ihn einholte, sich seinem Schritt anpaßte und an seiner Seite ging, aber er sagte kein Wort.
    Auch Don Camillo redete nichts.
    Sie erreichten den Damm und schienen noch weltentrückter, denn der Damm war völlig im Nebel ertrunken, und man sah nichts als das Band der Straße, fast als ob sie in der Luft schwebe.
    Sie gingen langsam mit gesenkten Köpfen. Plötzlich hörte Don Camillo in der großen Stille eine leise Stimme hinter seinem Rücken:
    «Camillo, ich hab’ es dir schon tausendmal gesagt, daß du nicht einsagen sollst, wenn einer abgefragt wird. Du bist ein Esel. Du bist ein Esel, auch wenn dieser Unglücksmensch von deinem Vater dich aufs Seminar schicken will. Aufs Seminar! Es wäre viel besser, er würde dich Stallknecht werden lassen!»
    Don Camillo ging stur weiter, denn wenn er sich umgedreht und geantwortet hätte, hätte Peppone ihn bestimmt für verrückt gehalten.
    Dann wandte sich die Stimme an Peppone:
    «Spitzbube! Spitzbube! Hast du gesehen, was aus dir geworden ist? Der Oberspitzbube des Dorfes. Chef der Gottlosen, Chef der Anarchisten ...»
    «Ich...» stammelte Peppone. Aber die Stimme versagte ihm.
    «Schweig! Und paß auf, daß du dich anständig benimmst, wenn du nicht willst, daß ich dich wie damals rauswerfe, sobald du im Klassenzimmer erscheinst... Was deine Leistung von heut früh betrifft... Nun, dafür bekommst du ein Genügend: sagen wir eine Drei.»
    «Das ist eine Ungerechtigkeit!» flüsterte Peppone.
    «Drei minus! Und wenn du noch weiter maulst, bekommst du eine Vier. Und der Esel da, der dir falsch eingesagt hat, kriegt eine Fünf!»
    Die Stimme schwieg, und die beiden Männer gingen weiter schweigend im Nebel nebeneinander her.
    Doch plötzlich blieben sie stehen, sahen sich ins Gesicht, und drehten sich wie auf Kommando um.
    Natürlich: Da stand die Signora Giuseppina, reglos mitten auf dem Damm, und um sie herum alle ihre toten Schüler.
    Die Signora Giuseppina hob den Arm und bewegte den Zeigefinger drohend in der Luft.
    Mit einem Ruck wandten sich Don Camillo und Peppone wieder ab und setzten ihren Weg fast im Laufschritt fort.
    Don Camillo murmelte beim Gehen eilig ein paar Gebete, und Peppone sagte hin und wieder: «Amen».
    O Land des wirren Widerspruchs ...

Togo

    Das war einer jener Vorfälle, die für gewöhnlich auf den Farbseiten des

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