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Don Camillo gibt nicht auf

Don Camillo gibt nicht auf

Titel: Don Camillo gibt nicht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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das nützte nichts, denn den machten dann die Rivalen aus dem Hauptort ausfindig. Und wenn die Mädchen vorher nicht gelacht hatten, so lachten sie danach.
    Seit über hundert Jahren grämten sich die von La Palanca, denn die Lebenden grämten sich für die Verstorbenen mit. Seit hundert Jahren träumten sie davon, sich zu rächen. Aber bisher war das Schicksal den Unglücklichen nie hold gewesen.
    Und La Palanca wurde immer trister.
    Und jeder Palanchese fing an, La Palanca zu verabscheuen und alle Palanchesen dazu - so wie ein Arbeiter, der von einer stupiden Arbeit zermürbt ist, eines Tages anfängt, den Betrieb, in dem er arbeitet, zu hassen und alle, die mit ihm arbeiten, auch.

    Mitte Februar dieses Jahres ereignete sich im Hauptort etwas Außergewöhnliches.
    Nach Monaten winterlicher Düsterkeit war die Sonne hervorgekommen und hatte rasch den Schnee weggeleckt und das Dorf neu belebt, das wie im Winterschlaf versunken war.
    In den frühen Stunden eines lauen und hellen Nachmittags, als die Leute friedlich vor der Haustür saßen und sich den Bauch in der Sonne wärmten, hörte man plötzlich ein großes Geschrei. Eine Schar Kinder kam auf die Piazza gerannt, denen das Entsetzen im Gesicht stand. Sie keuchten vom Laufen und vor Angst. Die Kinder blieben vor dem Café unter den Arkaden stehen und fingen alle gleichzeitig an, den Leuten an den kleinen Tischen zu erzählen, was passiert war.
    Man verstand kein Wort, und Peppone befahl donnernd: «Einer allein soll reden, und die anderen halten den Mund!»
    Es redete einer allein und sagte, sie hätten eine riesige Schlange gesehen.
    Peppone lachte und versetzte dem Jungen eine freundschaftliche Kopfnuß. Aber die anderen aus der Gruppe bestätigten seine Aussage: Sie hätten das nicht geträumt. Es sei die reine Wahrheit. Im übrigen brauche man bloß hundert Meter weit zu gehen, um sich selbst zu überzeugen. Dort liege die Riesenschlange auf den Trümmern des ehemaligen Schlachthofs und wärme sich in der Sonne.
    Drei oder vier Frauen flatterten aufgeregt hinzu: Auch sie hatten die Riesenschlange gesehen, und eine der Frauen wurde nach ihrem Bericht sogar ohnmächtig und stürzte in die Arme des versammelten Volkes.
    Peppone machte sich auf den Weg, und die Bürgerschaft folgte ihm.
    Da war der Schutthaufen des alten Schlachthofs. Fast unmerklich verlangsamte Peppone seinen Schritt. Als er bis auf zwanzig Meter herangekommen war, blieb er schlagartig stehen. Oben auf dem Schutthaufen glänzte etwas Schleimiges in der Sonne.
    «Die Schlange!» schrien die Kinder.
    Wie von diesem Lärm gestört, bewegte sich das Reptil, und den Leuten gefror das Blut in den Adern.
    Während die anderen unbeweglich stehen blieben, wagte sich Peppone noch ein paar Schritte weiter. Jetzt sah er die Riesenschlange genau: Sie mußte einige Meter lang sein und so dick wie ein kräftiger Männerarm. Das Ungeheuer machte Anstalten, sich wegzubewegen, beruhigte sich jedoch wieder.
    Eine Abordnung wagemutiger Bürger, angeführt vom Smilzo, erreichte Peppone und studierte das Untier aufmerksam.
    «Ich hab’ noch nie eine so große Schlange gesehen und von dieser blauschwarzen Farbe», sagte schließlich der Smilzo. «Wahrscheinlich ist sie aus einem Wanderzirkus entwischt.»
    Tatsächlich hatte vor zwei Monaten ein Zirkus in der Nähe sein Gastspiel gegeben, ein Zirkus mit Löwen, Tigern, Affen und Schlangen.
    Die Riesenschlange mußte also aus diesem Zirkus entkommen sein. In dem Schutthaufen hatte sie einen sicheren Unterschlupf gefunden und in der Winterstarre überlebt. Jetzt war sie aufgewacht und herausgekrochen, um sich den Buckel zu wärmen.
    Doch wie auch immer, es handelte sich um eine Gefahr, und daher mußte sofort gehandelt werden, ehe sich das Reptil wieder verkroch.
    Peppone flüsterte dem Smilzo etwas zu, der sich rasch entfernte.
    In diesem Augenblick tauchte Don Camillo auf. Er erkundigte sich vorsichtig bei den Zuschauern in der ersten Reihe und stieß dann zu Peppone vor. Aufmerksam musterte er die in der Sonne glänzende Schlange, dann wandte er sich an Peppone und fragte:
    «Ein Genosse, der aus der Partei abgehauen ist?»
    «Nein, ein Priester, der aus dem Seminar entwischt ist», antwortete Peppone finster, ohne seinen Nachbarn eines Blickes zu würdigen.
    Da kam der Smilzo zurück.
    «Chef!» rief er und zeigte ihm schon von weitem die Doppelflinte und die Patronentasche.
    Peppone ging ihm entgegen und nahm ihm Waffe und Munition ab. Er steckte zwei Patronen in

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