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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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nach Norden geblickt hatte, schaute nun nach Nordosten.
    Den Leuten blieb vor Staunen der Mund offen.
    «So steht es besser», erklärte Mericano. «Wenn es aber jemandem nicht gefällt, soll er den Bürgermeister holen, der ist stark und wird es wieder so stellen, wie es war.»
    Die Bande von Fontanaccio brach in ein frenetisches Gebrüll aus, während Peppone blaß wurde.
    Was Mericano da vollbracht hatte, war eine gewaltige, geradezu bestialische Sache. Peppone hatte zwar Arme wie der Stamm einer Ulme, und sein Rückgrat war wie ein Träger aus Eisenbeton, aber er fühlte sich nicht fähig, eine solche Gewalttat zu vollbringen. Und wenn er es auch versuchte - und versagte, dann wäre es aus.
    Der Zuschauerkreis war inzwischen größer geworden. Smilzo war mit seinen Leuten angekommen.
    Peppone trat hervor.
    «Stell es wieder zurück!» sagte er mit harter Stimme zu Mericano.
    «Mir gefällt es so», murmelte der. «Wenn es dem Bürgermeister nicht gefällt, stellen Sie es wieder so, wie es vorher war. Wenn Sie es allein nicht zusammenbringen, dann lassen Sie sich von Ihren Leuten helfen.»
    Peppone ballte die Fäuste.
    «Diese Herausforderung müssen Sie noch hinunterschlucken», brüllte er. «Stellen Sie den Sockel sofort zurück!»
    Mericano brach in Lachen aus.
    Es war jetzt nur noch eine Frage von Sekunden. Peppones Bande und Mericanos Bande standen mit zum Reißen gespannten Nerven da. Weder die einen noch die andern hatten etwas in der Hand, man wußte aber, daß jeder in der Rocktasche oder im Hosenriemen einen Eisenring oder einen Schraubenschlüssel stecken hatte.
    In einer Sekunde sollte das Gemetzel anfangen.
    Da erdröhnte in der Stille Don Camillos Stimme.
    «Einen Augenblick, junge Leute!» rief fröhlich Don Camillo und bahnte sich einen Weg durch die beiden Banden. «Wenn ich nicht irre, gibt es hier ein großes Mißverständnis!»
    «Keine Rede von Mißverständnis!» brüllte Peppone. «Wer den Sockel verrückt hat, soll ihn auch wieder zurechtrücken.»
    «Richtig», antwortete lächelnd Don Camillo und wandte sich zu Mericano. «Wenn ich nicht irre, haben Sie den Sockel verschoben. Also, stellen Sie ihn zurück!»
    Mericano zuckte die Achseln.
    «Mir gefällt er so», murmelte er. «Wenn es dem Bürgermeister nicht gefällt, kann er ihn wieder richtig hinstellen.»
    Peppone wollte losschlagen, Don Camillo aber hinderte ihn. «Junger Mann, Sie verlangen zu viel», fuhr er fort. «Der Bürgermeister ist die höchste Autorität im Dorf. Es ist nicht seine Aufgabe, Denkmäler zurechtzustellen; er hat andere verdrehte Dinge geradezurichten. Um ein Denkmal geradezurichten, genügt der Pfarrer.»
    Don Camillo krempelte die Ärmel auf und trat langsam an den riesigen Steinwürfel heran. Nie kam er ihm so groß und ungeheuer vor. Er wußte, daß er nicht genügend Kraft besaß; nur eine Bestie wie Mericano konnte so etwas vollbringen.
    Jetzt war er da. Er umarmte den Sockel und preßte die linke Wange an den kalten Stein. Über der Menschenmauer sah er das weitgeöffnete Kirchentor und die brennenden Kerzen auf dem Hochaltar zu Füßen des gekreuzigten Christus.
    «Jesus», sagte Don Camillo in seiner Verzweiflung, «noch habe ich nicht begonnen, und schon fehlen mir die Kräfte!»
    «Wichtig ist, daß dir nicht der Glaube fehlt», antwortete Christus mit leiser Stimme.
    Man hörte ein Gebrüll, und Don Camillo ließ los, um zu sehen, was geschehen war. Die Leute jubelten ihm begeistert zu, weil der Sockel wieder auf seinem alten Platz war.
    Don Camillo verschob die Untersuchung dieses Phänomens auf später; nun hatte er Eiligeres zu tun.
    «Jetzt ist alles wieder auf seinem Platz wie früher», sagte er und blieb zwischen den beiden Banden stehen. «Dank dem Eingreifen der Kirche ist der Scherz dieses jungen Mannes ein Scherz geblieben. Jeder kehre ruhig und zufrieden heim und gehe von hier mit Gott.»
    In diesem Augenblick traf der kleine Dienstwagen der Carabinieri auf dem Platz ein, und dieses Ereignis bewog Mericano und seine Bande, das Weite zu suchen.
    «Was ist hier los?» erkundigte sich der Wachtmeister und machte sich Platz.
    «Nichts Besonderes», erklärte lächelnd Don Camillo. «Eine einfache Diskussion künstlerischer Natur.»
    An diesem Abend legte sich Peppone mit einer riesigen Wut im Bauch ins Bett. Es handelte sich nicht um die Sache mit Mericano. Die Sache mit Mericano war zwar ein harter Bissen, aber es gelang ihm, ihn hinunterzuschlucken. Mericano war schließlich kein Mensch,

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