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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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im Nu vor Peppone auf.
    «Capo, laß das! Capo, mach keinen Unsinn! Capo, nimm Vernunft an!»
    Peppone aber schritt unerbittlich gegen die Mitte des Platzes, und Smilzo warnte weiter, während er sich zurückzog.
    Plötzlich befand er sich zwischen der Bank Don Camillos und der Peppones eingeklemmt, gab aber nicht nach. Er blieb standhaft und erwartete das Erdbeben.
    Die Leute waren still geworden, hinter Peppone standen aber bereits die verbotensten Gesichter der Roten und hinter Don Camillo die alten Gutsbesitzer, die Sehnsucht nach den guten alten Zeiten verspürten, als sie noch richtige Holzprügel schwangen, und jetzt ihre schweren Stöcke aus Buchs- und Kirschholz in den Fäusten hielten. Es war, als ob zwischen den beiden Parteien ein stillschweigendes Abkommen bestünde: Sobald Peppone und Don Camillo mit ihren Bänken loszuschlagen beginnen, geht das allgemeine Fest los.
    Es herrschte nunmehr vollständige Stille, und schon waren Peppone und Don Camillo im Begriff, ihre Bänke zu schwingen, als plötzlich etwas Außergewöhnliches geschah. Die Uhr auf der Rocca und die Uhr auf dem Kirchturm begannen elf zu schlagen. Und jeder Schlag der einen erfolgte gleichzeitig mit jedem Schlag der anderen. Und beide Uhren zeigten genau elf, ohne einen Millimeter Unterschied.
    Die Bänke senkten sich, die Leere wurde wieder ausgefüllt. Don Camillo und Peppone standen, wie aus einem Traum erwacht, mitten auf dem Platz, in dessen Mitte die Leute ihre Waren ausriefen und von Geschäften sprachen.
    Peppone richtete seine Schritte auf die Rocca, Don Camillo auf den Pfarrhof.
    Smilzo blieb mitten auf dem Platz stehen und versuchte nachzudenken, was da eigentlich los gewesen sei.
    Schließlich verzichtete er darauf, den Vorfall zu verstehen, und da der Stand mit den Getränken in seiner Nähe und alle Roten fern waren, ging er hin und bestellte ein Coca-Cola.

Der Stier

    Jedes Dorf hat seinen Stier, und Mericano war der Stier von Fontanaccio. Bevor er nach Amerika auswanderte, hieß er Gigi, Gianni oder so ähnlich. Nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde er nur noch Mericano genannt. Und dieser Spitzname war das einzige, was er nach dreißig Jahren, die er in den kanadischen Wäldern als Holzfäller verbracht hatte, verdient hatte.
    Nach dreißig Jahren Arbeit hatte er gerade genug Geld in der Tasche, um nach Fontanaccio zurückzukehren und die spärliche Erbschaft nach seinem Vater zu übernehmen: acht oder neun Morgen Land und ein dem Einsturz nahes Haus.
    Mericano war sofort der Stier von Fontanaccio geworden. Nicht etwa, weil er eine Banditenseele oder etwas noch Schlimmeres gewesen wäre, ganz einfach deshalb, weil er unter den Christen von Fontanaccio der größte und stärkste Viechskerl war.
    Er war fünfundvierzig Jahre alt, und das Intelligenteste, was er zu vollbringen imstande war, bestand darin, einen schweren Stuhl mit der Kraft seiner Kinnladen vom Boden aufzuheben, nachdem er ihn an der Lehne mit den Zähnen gepackt hatte.
    Mericano war stark wie ein Raupenschlepper. Und hätte man ihn zusammen mit einem wirklichen Ochsen vor einen Pflug gespannt, hätte er sich ehrenvoll aus der Affäre gezogen, obwohl er weder die Intelligenz noch die Wendigkeit eines Ochsen besaß. In Fontanaccio war natürlich nach und nach um Mericano eine Bande entstanden. Stiere und Vizestiere fühlten sich von der faszinierenden Kraft dieser Maschine aus Fleisch angezogen und bildeten die mächtigste Horde von Radaumachern auf der Welt. Es gab keine Kirchweih, die nicht durch die Streiche dieser Bande erheitert worden wäre. Mericano wirkte wie ein Panzer und trat nur in kritischen Augenblicken in Aktion. Wenn er sich aber in Bewegung setzte, war er schlimmer als ein Erdbeben.
    Mericanos Bande suchte alle Ortschaften mit Ausnahme des Dorfes Don Camillos heim. Von diesem hielt sie sich stets fern, weil dort eine ganz schlechte Luft für Leute wehte, die herumgingen und Krach machten. Es geschah aber, daß sich einer von der Bande in ein Mädchen von Molinetto verliebte und sich vier Abende auf dem Fahrrad in der Gegend umhertrieb. Als er am fünften Abend endlich das Mädchen traf und unvorsichtig genug war, es anzusprechen, kamen hinter der Hecke drei junge Männer hervor, die den Jungstier mit einer Tracht Prügel nach Fontanaccio zurückbeförderten.
    Das war kein persönlicher Fall mehr, das Dorf hatte Fontanaccio beleidigt, und Mericanos Bande begab sich auf den Kriegspfad.
    An einem Samstag, spät am Nachmittag, erschien

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