Don Camillo und seine Herde
er war ein Elefant, und ein Mensch kann sich logischerweise nicht gedemütigt fühlen, wenn sich ein Elefant als stärker erweist.
Was er nicht hinunterschlucken konnte, war die Sache mit Don Camillo. Don Camillo war kein Elefant, sondern ein Mensch wie Peppone. Und Don Camillo war es gelungen, den Sockel zurechtzustellen.
Peppone wetzte bis nach Mitternacht im Bett herum. Dann fühlte er eine noch größere Wut im Bauch, weil ihn Don Camillo als Mensch und als Vertreter der Partei gedemütigt hatte. «Dank dem Eingreifen der Kirche...» hatte Don Camillo gesagt.
Um zwei Uhr nachts sprang Peppone aus dem Bett, kleidete sich an, stieg in die Küche hinunter und soff in einem Zug eine Flasche Wein aus. Dann verließ er das Haus und wanderte allein durch die leeren und stillen Straßen des schlafenden Ortes. Der Nebel war aufgestiegen, so dicht, daß man schon auf drei Meter nichts mehr sehen konnte. Er irrte mit gequälter Seele umher und stand plötzlich vor dem Denkmal. «Wenn es dieser verfluchte Priester fertiggebracht hat, warum soll ich es nicht zustande bringen?» dachte er wütend. Der Wein war in den Blutkreislauf gelangt und hatte die Zylinder erhitzt.
«Jesus Christus!» sagte Peppone und umfaßte verzweifelt den Steinblock. «Wenn du gerecht bist und die Priester nicht bevorzugst, dann wirst du mir die Kraft geben, die du Don Camillo gegeben hast ... !»
Er glaubte, daß ihm alle Gelenke bersten. Der Sockel machte aber eine Achteldrehung, und der Herkules schaute wieder nach Nordosten. Peppone tat einen Seufzer, der einen Dreimaster eine Meile weit hätte treiben können.
«Ich danke dir, Jesus», sagte Peppone, «ich bin immer mehr überzeugt, daß du ein unabhängiger Ehrenmann bist, der sich in die Politik nicht einmischt.»
Mit letzter Kraft kam er nach Hause; nichts an ihm war mehr in Ordnung. Alles schmerzte ihn. Er fühlte sich wie ein Mensch, über den eine Straßenwalze hinweggerollt war. Er leerte auf einen Zug eine Flasche Wein, warf sich kopfüber aufs Bett und versank gleich in einen bleiernen Schlaf.
Als sich am nächsten Morgen, gegen zehn, der Nebel aufgelöst hatte, bemerkte jemand, daß der Sockel des Denkmals wieder schief stand, und schlug Lärm. Die Sache war klar; in der Nacht mußte die Bande von Fontanaccio zurückgekehrt sein und die Herausforderung wiederholt haben.
Smilzo lief zu Peppone, fand ihn noch im Bett und wollte ihn wecken. Als er seine Stirn berührte, bemerkte er, daß sie glühte. Es war ein Fieber wie das eines Dinosauriers, und Smilzo gab die Sache auf.
Er begab sich zurück in das Haus des Volkes und gab bekannt, daß man aber schon gar nichts unternehmen dürfe, ehe nicht der Capo wieder in den Besitz seines Verstandes gelangt sei. Die Angelegenheit war aber bereits zu groß geworden, und die Leute machten daraus einen Fall, der den ganzen Ort anging.
Man mußte diesen verdammten Kerlen von Fontanaccio eine Lektion erteilen.
«Heute abend wird nach Fontanaccio gegangen, und alle werden verprügelt, von Mericano bis zum letzten Vizestier. Wenn es notwendig ist, werden auch alle verprügelt, die nicht der Bande angehören.»
«Und wenn ein verfluchter Spion seine Nase in die Sache steckt und die Carabinieri zu Hilfe ruft, so macht das auch , nichts. Wenn nicht heute abend, dann ein anderes Mal. Die Rechnung muß auf jeden Fall beglichen werden. Und wehe, wenn jemand das Denkmal anrührt. Wer es umgedreht hat, muß es wieder geradestellen.»
Über diesen Beschlüssen war der Abend eingebrochen, und zu diesem Zeitpunkt wurden sie Don Camillo von Barchini, seinem üblichen Berichterstatter, zugetragen.
In Wirklichkeit verstand aber Don Camillo kein Wort von dem, was ihm Barchini sagte. Don Camillo war noch im Bett und konnte kein einziges Knöchlein ohne Knirschen bewegen, und es war auch nicht der kleinste Nerv, der ihm nicht einen Schmerzensschrei entlockt hätte. Als er, nachdem er den Sockel des Denkmals zurechtgerückt hatte, in den Pfarrhof zurückgekehrt war, mußte er sich sofort aufs Bett werfen, und ein Fieber wie bei einem Rhinozeros hielt ihn dort bis zum nächsten Abend wie eine Leiche festgenagelt.
Barchini wiederholte seinen Bericht zweimal, und da die Sache ernst war, stand Don Camillo stöhnend auf. Er ließ sich dann den Waschtrog mit kochendem Wasser füllen und nahm ein Bad von jener Art, die einen Menschen - auch in einem schlimmeren Zustand als in dem Don Camillos —, wenn es ihn nicht umbringt, wieder auf die Beine stellt.
Don
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