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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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aufs Spiel gesetzt werden sollte.
    Zehn Minuten später war die «Fliegende Brigade» beisammen und aufgesessen auf den donnernden Maschinen. Wohl gab es angeschlagene Köpfe in einigen Häusern. Aber Don Camillo sagte, das wäre nicht von Bedeutung.
    «Wir sind unser sechs. Einer muß auf jeden Fall die Stadt erreichen » , erklärte Don Camillo.
    Er saß auf der roten und blitzenden Guzzi und hielt den Buben im Schoß. Er ließ ihn gut mit seinem Mantel und einem Strick sichern, dann startete er.
    Zwei vorne und zwei hinten nebeneinander, in der Mitte Don Camillo und allen voran Peppone auf der riesigen DKW Bollas, raste die «Fliegende Brigade» über die dunklen, einsamen und verwahrlosten Straßen der Bassa wie ein Pfeil durch den Regen.
    Die Straße ist glitschig, die Kurven kommen unversehens und sind gemein. An Mauern und Gräbern geht es dicht vorbei. Die Brigade aber stürmt weiter. Weiter, weiter, immer weiter, durch Schlamm und groben Schotter. Schon ist die große Asphaltstraße erreicht.
    Auf einmal hört Don Camillo einen schmerzvollen Seufzer sich dem Bündel entringen, das er im Schoß hält. Man muß schneller sein.
    «Jesus», fleht Don Camillo mit zusammengepreßten Zähnen, «Jesus, gib mir mehr Gas!»
    Und die Guzzi macht so etwas wie einen Sprung vorwärts. Als ob sie in ihren Zylindern die ganze Fabrik von Mandello samt ihrer kommunistischen Betriebszeile hätte.
    Vorwärts, vorwärts.
    Er überholt alle, und Peppone sieht, wie die Rennmaschine an seiner Seite vorwärts schießt, und kann ihr nicht folgen, weil er nichts mehr zum Drehen hat, denn er hat keinen Jesus wie Don Camillo, den er um mehr Gas bitten könnte! Die «Fliegende Brigade» schießt durch die Nacht, und es ist ein höllisches Rennen, Don Camillo aber fliegt.

    Don Camillo wußte selbst nicht, wie er angekommen war. Man sagte ihm nachher, daß er mit einem Kind im Arm erschienen wäre, den Portier des Spitals am Hals gepackt, dann eine Tür eingerannt und schließlich gedroht hätte, dem Arzt den Kopf zu zermalmen.
    Tatsache ist, daß die «Fliegende Brigade» ohne den Buben, der nun nur mehr etwas Ruhe in seinem schönen Spitalzimmer brauchte, nach Hause kam.
    Die «Fliegende Brigade» kehrte noch in derselben Nacht heim und fuhr donnernd im Dorf ein, mit Dreck und Ruhm bedeckt.

Das Fahrrad

    Man kann nicht verstehen, daß es auf dem Erdenfleck zwischen dem großen Fluß und der großen Straße eine Zeit gegeben haben sollte, in der das Fahrrad unbekannt war. Tatsächlich fahren in der Bassa alle Rad, von den Achtzigjährigen bis zu den Fünfjährigen. Die Buben haben eine besondere Fahrweise; sie plagen sich mit ihren Beinen mitten im Dreieck des Rahmens, und das Rad fahrt ganz schief, aber es fahrt. Die alten Bauern fahren meist auf Damenrädern, während die alten Gutsbesitzer mit ihren Dickbäuchen die alten Triumph-Räder mit hohem Rahmen benützen und mit Hilfe eines kleinen Fußbrettes in den Sattel steigen, das an der Verlängerung der Hinterachse wie eine Schraubenmutter befestigt ist.
    Man muß wirklich lachen, wenn man die Fahrräder der Städter sieht, diese funkelnden Dinger aus besonderen Metallen, mit elektrischer Beleuchtung, Gangschaltungen, patentierten Werkzeugtaschen, Kettenschutzdeckeln, Kilometerzählern und anderen derartigen Dummheiten. Das sind keine Fahrräder, sondern Spielzeuge zur Unterhaltung der Beine. Das wirkliche Fahrrad muß wenigstens dreißig Kilo wiegen. Der Lack muß bis auf kleine Spuren abgekratzt sein. Ein richtiges Fahrrad hat unbedingt nur ein einziges Pedal. Vom anderen Pedal darf nur die Achse übrig sein, die von den Schuhsohlen so abgeschliffen wird, daß sie phantastisch glänzt, und die das einzige glänzende Ding am ganzen Apparat sein darf.
    Die Lenkstange, natürlich ohne Handgriffe, darf nicht idiotisch rechtwinkelig zur idealen Radfläche stehen, sondern muß um wenigstens zwölf Grad nach links oder rechts verstellt sein. Das wirkliche Fahrrad hat keinen hinteren Kotflügel; es hat nur den vorderen, an dessen unterem Ende ein gehöriges Stück von einem Autoreifen pendeln soll, womöglich aus rotem Gummi, um das Anspritzen zu verhindern.
    Es kann auch den hinteren Kotflügel haben, wenn dem Radfahrer der Kotstreifen lästig fällt, der sich sonst bei Regen auf seinem Rücken bildet. In diesem Fall muß aber der Kotflügel seitwärts teilweise so verbogen sein, daß er dem Radfahrer das amerikanische Bremsen erlaubt, das darin besteht, daß man mit dem Hosenboden das

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