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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Hinterrad blockiert.
    Das richtige Fahrrad, das die Straßen der Bassa bevölkert, hat nämlich keine Bremsen, und seine Reifen müssen so abgenützt sein, daß man ihre Löcher mit Manschetten aus alten Pneus schließen muß, wodurch jeder Reifen jene Verdickungen erhält, die dann dem Rad eine geistvoll aufrüttelnde Bewegung anzunehmen erlauben. Dann erst wird das Fahrrad ein wesentlicher Bestandteil der Landschaft und erweckt nicht den leisesten Gedanken, es könnte nur zur Schaustellung dienen wie die Rennmodelle von Fahrrädern, die im Vergleich zu den richtigen Rädern ungefähr das sind, was die billigen kleinen Tänzerinnen iin Vergleich zu den braven und handfesten Hausfrauen sind. Ein Städter wird das nie verstehen, denn er ist in Gefühlssachen wie ein Ochse vor dem Scheunentor. Diese Städter stecken bis zu den Ohren in moralischem Schmutz und nennen dann die ganz gewöhnlichen Kühe Melkkühe, weil sie wahrscheinlich der Meinung sind, es wäre nicht höflich genug, eine Kuh einfach Kuh zu nennen. Und sie nennen Toilette oder Water-Closet den Abort, halten ihn aber im Hause, während man ihn in der Bassa Abort nennt, alle ihn aber, weit vom Haus entfernt, am anderen Hofende haben. Dieses «Water» im Raum neben deinem Schlafzimmer wäre der Fortschritt, während der Abort, weit von der Stätte, wo du lebst, Kultur ist. Das heißt: eine weniger bequeme und weniger elegante, dafür aber saubere Angelegenheit.
    In der Bassa ist das Fahrrad notwendig wie die Schuhe, mehr sogar als die Schuhe, weil einer, der keine Schuhe, aber ein Fahrrad hat, ruhig radfahren kann, während einer, der Schuhe, aber kein Fahrrad hat, zu Fuß gehen muß. Vielleicht wird jemand dazu bemerken, daß dies auch in der Stadt geschehen kann; in der Stadt ist das jedoch infolge der Straßenbahnen und der anderen öffentlichen Verkehrsmittel eine andere Sache, während auf den Straßen der Bassa keine Schienen und keine elektrischen Oberleitungen, sondern lediglich - im Staub eingegraben - die geraden Spuren der Fahrräder, der zweirädrigen Karren und der Motorräder zu sehen sind, nur hie und da von schwachen, gewundenen Spuren unterbrochen, welche die Schlangen hinterlassen, wenn sie von einem Straßengraben zum anderen hinüberwechseln.

    Don Camillo hatte niemals in seinem Leben Handel getrieben, es sei denn, daß man Handel nennen will, wenn man ein Kilo Fleisch oder zwei Zigarren mit der dazugehörigen Schachtel von «Blitzzündern» kauft, wie man sie in der Bassa nennt, die aber tatsächlich jene bösartigen Schwefelzünder sind, die nur brennen, wenn man sie am Hosenboden oder an der Schuhsohle reibt.
    Don Camillo hatte niemals Handel getrieben, der Handel gefiel ihm aber als Schauspiel; und so bestieg er am Samstag nach Sonnenaufgang sein Fahrrad und begab sich nach Villa, um sich den Markt anzuschauen.
    Er interessierte sich sehr für das Vieh, landwirtschaftliche Maschinen, Kunstdünger und Schädlingsbekämpfungsmittel. Und wenn er hie und da ein Päckchen Schwefel oder Kupfersulfat für seine vier Weinreben kaufte, die er hinter dem Pfarrhof hatte, dann war er außerordentlich befriedigt und fühlte sich wenigstens ebensosehr als Landwirt wie Bidazzi, der Herr über sechshundert Morgen Land war. Außerdem gab es auf dem Markt so viele Stände und Unterhaltungen und jene Atmosphäre der Fröhlichkeit und der Fülle, die zur Hebung der Moral beiträgt.
    Don Camillo nützte also den schönen Tag aus, bestieg an diesem Samstag sein Fahrrad und trat fröhlich die zwölf Kilometer bis Villa herunter. Der Markt war toll, es gab so viele Leute wie noch nie, und Don Camillo unterhielt sich mehr, als wenn er auf der Mailänder Messe gewesen wäre.
    Gegen halb zwölf löste er sein Fahrrad von der Aufbewahrung aus, zog es an der Lenkstange durch das Gemenge hinter sich und strebte der kleinen Straße zu, nach der das freie Gelände beginnt.
    Da schob der Teufel seinen glatten Schwanz dazwischen. Als Don Camillo an einem Laden vorbeiging, erinnerte er sich, daß er irgendeine Kleinigkeit kaufen müßte, lehnte sein Fahrrad an die Wand, ging hinein, und als er herauskam, war das Fahrrad weg.
    Don Camillo war eine übergroße Maschine aus Knochen und Muskeln; von der Fußsohle bis zum Scheitel war er groß wie ein Mann auf einem Hocker, während er vom Scheitel bis zum Fuß wenigstens noch eine Spanne größer war; das heißt, daß ihn die anderen in einer gewissen Art sahen, während er sich selbst anders sah, weil der Mut Don

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