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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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gut», sagte er zuvorkommend, «wenn dieses Mädchen und der dazugehörige kleine Bub Sie persönlich angehen, dann können wir darüber reden... wir sind alle Menschen, Hochwürden, und das Fleisch ist schwach...»
    Don Camillo hatte von Gott zwei wichtige Geschenke erhalten: einen grenzenlosen Glauben und einen richtigen treffsicheren Kinnhaken, der auch einen Stier niederschlagen konnte, vorausgesetzt, daß der Stier ein Kinn hätte. Ein Bürgermeister, auch vom Schlage Peppones, besaß nicht nur ein Kinn, sondern war auch weniger stark als ein Stier. Peppone erhielt den Kinnhaken und lag der Länge nach da.
    «Ich werde dir zeigen, ob das Fleisch schwach ist», murmelte Don Camillo.
    «Wir werden noch abrechnen!» brüllte Peppone und richtete sich mühsam auf.
    «Peppone», sagte Don Camillo, «das ist nicht der Ort, um eine Rechnung zu begleichen. Ich bin in deinem Haus, und für mich ist die Gastfreundschaft heilig und unantastbar. Ich habe die Hand gegen dich erhoben, und das betrübt mich jetzt; ich werde sie nie mehr gegen dich erheben. Wenn du dich also nicht beruhigst, werde ich mit dieser Eisenstange deinen Kopf zurechtrichten.»
    Peppone wich einen Schritt zurück.
    «Jetzt höre zu», sagte Don Camillo. «Dann kannst du machen, was du willst. Nimm deinen Mantel, wir gehen zur Cagnola.»

    Als sie den armseligen Raum betraten, der nur von einem glimmenden Feuer auf dem Herd beleuchtet war, sah Peppone zuerst nur sechs Augen: die beiden des Mädchens, die beiden des kleinen Buben und die beiden Giorginos.
    Don Camillo und Peppone setzten sich am Herd nieder. Dann sagte Don Camillo zu dem jungen Mann:
    «Wiederhole vor ihm Wort für Wort, was du mir erzählt hast.»
    Der junge Mann fing zu erzählen an, und Peppone hörte schweigend und finster mit gesenktem Haupt zu.
    Am Schluß sprang er auf und warf das Eisen weit von sich, mit dem er während der Erzählung unentwegt in der Asche gewühlt hatte.
    «Du verfluchtes Schwein!» brüllte er. «Es gibt so viele Frauen auf der Welt, und du mußt gerade eine solche nach Hause bringen, von der Brut, die deine Brüder umgebracht hat?»
    «Peppone, er hat sie nicht ausgesucht. Es war der Luftdruck der Bombe...»
    «Sie schweigen jetzt, oder das Ganze endet noch mit einer Messerstecherei!» schrie Peppone. «Hier geht es um Tote! Tote, die nach Rache schreien!»
    «Es gab auch Tote unter dem Schutthaufen in Bremen, auf dem das Mädchen saß», sagte leise Don Camillo.
    «Na und? Haben diese vielleicht die Brüder dieses Idioten umgebracht?» erwiderte Peppone. «Du verfluchtes Schwein, du hast auf deine toten Brüder gespuckt, als du das getan hast.»
    Das Mädchen verfolgte aufmerksam Peppones Rede. Offensichtlich verstand sie alles. Als Peppones donnernde Stimme schwieg, hörte man die unterwürfige und liebliche Stimme des Mädchens.
    «Bitte, Herr», flüsterte sie und machte große Pausen zwischen den Worten. «Sie haben durchaus recht. Ich wußte es zuerst nicht. Dann war es zu spät. Auch er wußte es nicht. Man muß, bitte, ein wenig Nachsicht haben.»
    Das Mädchen lächelte; Peppone schaute verwirrt Don Camillo an.
    «Man muß, bitte, ein wenig Nachsicht haben... Schuld ist der Krieg, Herr...»
    Das Mädchen saß mit dem Kind im Arm neben Giorgino. Sie streckte ihre Hand aus und suchte seine Hand; und sie drückte sie fest.
    Wie lange dauerte diese Stille?
    Das Weinen des Kindes löste den Bann. Denn es war der kleine Bub, der als erster, ohne es zu wissen, bemerkt hatte, daß seine Mutter nicht mehr da war, sondern wieder auf ihren Schutthaufen zwischen den eingestürzten Mauern von Bremen zurückgekehrt war. Hier blieb nur ein kleines, unbedeutendes kaltes Ding.
    Als sie an diesem Nachmittag von Peppone entdeckt wurde, beschloß sie, den Inhalt eines Fläschchens zu sich zu nehmen, das sie in einem nur ihr bekannten Loch versteckt hielt. Und der Tod hatte sie leise und sanft zu sich genommen.
    Giorgino hatte nicht einmal die Kraft zum Weinen; Peppone packte ihn und brachte ihn nach Hause.
    «Paßt auf ihn auf und laßt ihn keinen Augenblick allein», sagte er einfach. «Sonst verliert ihr auch ihn.»
    Dann kehrte er im Laufschritt zur Cagnola zurück; dort traf er den kleinen Buben schlafend im Korb und Don Camillo vor dem toten Mädchen kniend an.
    Da kniete auch er nieder und begann zu schluchzen.
    «Sei still, der Bub schläft», murmelte Don Camillo.
    Es war still in der Küche, und die Zeit verging. Und die Stille wurde immer düsterer,

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