Don Camillo und seine Herde
Herrschaften sind seit einiger Zeit hier in der Sommerfrische, und das Kind ist auf die Welt gekommen.»
Don Camillo verzog das Gesicht.
«Also deshalb seid ihr heraufgekommen?» fragte er.
«Ich wäre bestimmt nicht gekommen!» rief Mariolino herausfordernd. «Sie wollte aber unbedingt, daß Sie das Kind taufen! Als ob nicht alle Priester gleich wären. Um so besser, wenn Sie es nicht taufen wollen.»
Don Camillo überlegte lange, weil die Lage sehr verwickelt war, und verkündete dann:
«Ach, was!»
Die beiden machten aber keine Anstalten, in die Kirche zu gehen; offensichtlich erwarteten sie jemanden; Mariolino schaute immer wieder auf die Uhr. Don Camillo machte die beiden Flügel des Kirchentores auf und richtete das Taufbecken her. Inzwischen zogen zwei fremde Haufen im Dorf ein.
Der eine kam den üblichen Maultierweg herauf und war aus der ganzen Filotti-Bande zusammengesetzt, lauter Gutsbesitzer. Der andere kam den Maultierweg von Valfonda herauf und setzte sich aus der ganzen roten Bande der Bruciata zusammen.
Die beiden Haufen erschienen gleichzeitig auf dem kleinen Platz und näherten sich dem Kirchentor.
Das junge Paar ging in die Kirche, gefolgt von den beiden Haufen, und alle drängten sich um das Taufbecken, wo Don Camillo wartete.
«Wer ist der Pate?» fragte Don Camillo.
Gleichzeitig traten der alte Filotti und der Alte von den Bruciata vor. Beide bissen die Zähne zusammen und beide legten die Hand auf die Spitzen, zwischen denen das Produkt der bürgerlichen Reaktion und der proletarischen Revolution wimmerte.
«Weg mit den Pfoten!» sagte finster und drohend ein Riese, der im Kirchentor erschienen war. Es war Peppone, der auf das Taufbecken zuging, das Kind packte und verkündete:
«Wenn das Kind auch hier oben geboren wurde, sein wirklicher Bürgermeister bin ich. Ich mache mich auch zum Paten!»
Als die Taufe vollzogen war, entfernte sich Don Camillo, weil ihm die alte Dienerin verzweifelt Zeichen machte.
«Er verlangt Sie, sofort!» keuchte die Alte.
Don Camillo stieg hinauf und betrat eilig das Zimmer des Sterbenden. Als er Tirellis Blick begegnete, vergaß Don Camillo den Sinn der christlichen Nächstenliebe und schrie:
«Nein, Tirelli, nur nicht jetzt! Sie können nicht jetzt sterben und uns dieses Fest des Lebens verderben!» Der Alte schüttelte den Kopf.
«Ich wollte Ihnen nur gerade sagen, Hochwürden, daß ich beschlossen habe, am Leben zu bleiben. Diese gute Luft hat meine Lunge wieder in Ordnung gebracht. Ich spüre, daß mir nichts mehr fehlt. Verständigen Sie meine Tochter, sie soll mich pflegen kommen, und verschaffen Sie mir eine ordentliche Unterkunft.»
Don Camillo war etwas wirr im Kopf, weil sich zu viele Dinge auf einmal ereigneten.
Er ging hinunter und fand Peppone mit dem jungen Priesterlein vor.
«Jetzt fehlt nur noch der Gendarmeriewachtmeister, dann ist das ganze Dorf hier!» murmelte Don Camillo.
«Ich bin nur als Taxifahrer hier», erklärte Peppone. «Hochwürden hat mich ersucht, ihn hier heraufzubringen, und da ich einmal da war, habe ich den Wagen unten an der Landstraße gelassen und bin mitgekommen, weil ich neugierig war, wie die Dinge stehen. Ich sehe, daß sie schlecht stehen - weil Sie vor Gesundheit bersten.»
Das Priesterlein reichte Don Camillo einen Briefumschlag.
«Von Seiner Exzellenz, dem Bischof», erklärte er. «Ich bin gekommen, um Sie abzulösen. Sie können gleich mit demselben Taxi heimkehren, mit dem ich gekommen bin.»
«Ich bin nur für die Hinfahrt verpflichtet worden», wandte Peppone grob ein. «Ich denke gar nicht daran, gewisse Leute heimzubringen.»
«Wir zahlen die Differenz», sagte Don Camillo.
«Es ist keine Geldfrage, es geht um das Prinzip», erwiderte Peppone. «Je später Sie heimfahren, um so besser. Sie dürfen sich nichts einbilden, nur weil ein verrückter Alter hier heraufgekommen ist, um zu sterben, und weil zwei gedankenlose Leute getan haben, was sie getan haben. Zu Hause geht es auch ohne Sie sehr gut.»
«Drum fahr ich auch sofort heim», murmelte Don Camillo.
In Wirklichkeit ging es den Einwohnern des Dorfes keineswegs so gut. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet, und die Zeitungen berichteten von immer größeren Schäden, die das Hochwasser verursacht hatte.
Für die Dorfbewohner war dies eine ausschließlich lokale Frage, und die alten Weiber hatten bereits begonnen zu jammern.
«Da haben wir es, seit Don Camillo nicht mehr da ist und den Christus vom Hochaltar mitgenommenm
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