Don Camillo und seine Herde
Sippschaft», erwiderte der Jüngling.
«Natürlich, die Mädchen geraten immer nach dem Vater und die Buben nach der Mutter», rief das Mädchen. «Das wäre eine schöne Geschichte, ein Mädchen, das nach dem Vater und den väterlichen Großvätern geraten würde.»
Der junge Mann antwortete im entgegengesetzten Sinn, und die Debatte wurde hitziger.
«Wenn ich nicht in diesem Zustand wäre und wenn ich nicht Angst hätte, mich zu sehr aufzuregen, würde ich dich jetzt ohrfeigen!» brüllte Gina.
«Wenn du nicht in diesem Zustand wärest und wenn ich nicht Angst hätte, es könnte dem Mädchen schaden, hätte ich dir schon längst den Schädel gespalten!» brüllte Mariolino.
«Du Verbrecher, du Bolschewik», kreischte Gina, «du siehst mich nie wieder, ich geh zu meiner Mutter zurück!»
«Du siehst mich zum letztenmal!» kreischte Mariolino. «Ich gehe zu meinem Vater zurück. Ich lasse mir nicht von der Tochter eines Gutsbesitzers das Leben sauer machen!»
Hieraus ergab sich die logische Erwägung, daß, falls beide weggingen, das Kind, obwohl es noch nicht geboren war, allein bleiben würde, ohne Mutter und ohne Vater. Und da einigten sie sich.
«Bub oder Mädchen, wichtig ist nur, daß es das schönste Kind im ganzen Dorf wird», schloß Gina. «Auch wenn es das häßlichste sein sollte, für uns wird es immer das schönste Kind auf der Welt sein.»
Um zu einem solchen Schluß zu kommen, war es wirklich nicht notwendig, so heftig zu streiten.
Es vergingen weitere Tage und Wochen. Und siehe, als das Unheil immer schwerer wurde, kam eines Tages eine andere, außerordentlich wichtige Frage aufs Tapet.
«Wir müssen uns überlegen, wie wir das Kind nennen sollen», sagte Gina. «Bub oder Mädchen, wenn es geboren ist, muß schon ein ordentlicher Name bereit sein.»
Die von Mariolino vorgeschlagenen Namen waren unmöglich, weil sie mit Lenina begannen und mit Communarda aufhörten. Gina setzte eine Reihe von Namen entgegen, die mit Pio begannen und mit Alcide aufhörten. Sie einigten sich schließlich auf Alberto und Albertina. Hier erhob sich aber das dritte und schwierigste Problem.
«Und bei wem lassen wir es taufen?» jammerte plötzlich Gina.
«Es wird nicht getauft», antwortete Mariolino.
«Wenn aber doch jemand will, daß es getauft wird, dann gehen wir einfach in die Kirche und lassen es taufen.»
«In die Kirche! Don Camillo ist aber nicht mehr hier!» rief das Mädchen.
«Das ist nicht wichtig», erwiderte Mariolino. «Der eine oder der andere, mit allen Priestern ist es ein Kreuz.»
Gina ging zum Gegenangriff über und verteidigte den Klerus, wurde aber plötzlich blaß und fiel keuchend auf den Stuhl.
«Reg dich nicht auf, Gina», sage der Ehegatte plötzlich ganz zart. «Das bekommt dir schlecht. Rede nur weiter, aber ruhig, ich werde auch ganz ruhig sein.»
Sie stritten in aller Form bis spät in die Nacht. Dann entschied Gina:
«Abgesehen von allem anderen, Don Camillo hat für uns so viel getan, daß wir das Kind von keinem andern Priester taufen lassen können. Andererseits muß man aber Kinder sofort taufen. Wir können doch nicht sechs oder sieben Monate mit der Taufe zuwarten.»
«Ganz einfach», sagte Mariolino, «sobald das Mädchen geboren ist, bringen wir es zu Peppone, der es im Standesamt einträgt und der für uns wenigstens so viel getan hat wie Don Camillo, und dann fahren wir mit dem Mädchen zu deinem Priester.»
«Das geht nicht», sagte das Mädchen. «Kinder tauft man dort, wo sie geboren sind. Und jetzt Schluß, wir müssen uns beeilen. Morgen pack ich den Koffer.»
Es vergingen sechs Tage, ohne daß sich etwas Neues ereignet hätte. Der alte Tirelli schien weiterhin tot zu sein, war aber noch immer am Leben. Don Camillo ging überhaupt nicht aus, um den beiden Unglücksmenschen, die er am Fenster gesehen hatte, nicht zu begegnen. Vor allem wollte er dem Alten beistehen, und zweitens hatten sie gesagt, daß sie ihn besuchen kommen werden.
Am frühen Nachmittag des siebenten Tages kam die Alte ganz aufgeregt ins Zimmer.
«Hochwürden, kommen Sie gleich herunter! Etwas Ungewöhnliches! Schnell!»
Don Camillo kam herunter und fand am Kirchhof die merkwürdigste Sache der Welt vor; nämlich Mariolino und Gina, die aber jetzt zu dritt waren, weil zwischen den beiden die alte Dorfhebamme stand, festlich gekleidet und mit einem spitzenbedeckten Bündel im Arm.
Don Camillo war fassungslos, trat dann aber näher.
«Also?» fragte er barsch die gute Frau.
«Die
Weitere Kostenlose Bücher