Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens
meine Richtung trug, hüllte der Gestank mich ein, und ich hidt die Luft an, um ihn nicht einzuatmen.
Don Juan öffnete seinen Lederbeutel und nahm die Figur heraus; er gab sie mir behutsam mit den Worten, ich solle sie, ohne mich zu verbrennen, in den Topf legen. Ich ließ sie vorsichtig in den kochenden Brei gleiten. Er nahm sein Messer heraus, und für einen Augenblick dachte ich, er würde mich wieder verletzen; statt dessen tauchte er die Figur mit der Messerspitze ganz in den Brei.
Er beobachtete den kochenden Brei noch eine Weile und begann dann, den Mörser zu reinigen Ich half ihm. Als wir fertig waren, legte er Mörser und Stößel an den Zaun. Wir gingen ins Haus, und der Topf blieb die ganze Nacht auf den Steinen. Im Magengrauen des nächsten Tages mußte ich die Figur aus dem Leim nehmen und sie in östliche Richtung an das Dach hängen, damit sie in der Sonne trocknen konnte. Mittags war sie steif wie Draht Die Hitze hatte den Leim versiegelt, und die grüne Farbe der Blätter hatte sich damit verbunden. Die Figur hatte eine glänzende, unheimliche Oberfläche. Don Juan bat mich, die Figur herabzunehmen. Dann gab er mir einen Lederbeutel, den er aus einer alten Wildlederjacke gemacht hatte, die ich ihm vor längerer Zeit mitgebracht hatte. Der Beutel sah wie sein eigener aus. Er unterschied sich nur durch sein weiches, braunes Leder.
»Leg dein >Bildnis< in den Beutel und verschließe ihn«, sagte er. Er sah mich nicht an und drehte sich absichtlich weg. Als ich die Figur in den Beutel gelegt hatte, gab er mir ein Tragenetz und bat mich, den Ton-topf in das Netz zu legen. Er ging zu meinem Auto, nahm mir das Netz aus den Händen und befestigte es am Deckel des geöffneten Handschuhfachs. »Komm mit«, sagte er.
Ich folgte ihm. Wir gingen um das Haus und beschrieben im Uhrzeigersinn einen vollständigen Kreis. Er hielt an der Veranda und umkreiste das Haus wieder, diesmal in entgegengesetzter Richtung und dann wieder zur Veranda zurück. Er stand eine Weile reglos und setzte sich dann.
Ich war so beeinflußt, daß ich in allem, was er tat, eine Bedeutung sah. Ich fragte mich, was das Umkreisen des Hauses bedeutete, als er sagte: »Heh! ich habe vergessen, wo ich ihn hingetan habe.« Ich fragte ihn, was er suchte. Er sagte, er hätte vergessen, wo er den Setzling gelassen hatte, den ich einpflanzen sollte. Wir gingen noch einmal ums Haus, bevor ihm einfiel, wo er war. Er zeigte mir einen kleinen Glaskrug auf einem Brett, das unter dem Dach an die Wand genagelt war. In dem Krug war die andere Hälfte des ersten Teils der Datura-Wurzel. An der Spitze des Setzlings zeigten sich die ersten Blätter. In dem Krug war etwas Wasser, aber keine Erde. »Warum hat er keine Erde?« fragte ich.
»Die Erde ist nicht immer gleich, und die yerba darf nur die Erde kennen, in der sie leben und wachsen wird. Und jetzt ist es Zeit, sie der Erde zurückzugeben, bevor die Würmer sie verletzen.«
»Können wir sie hier in der Nähe einpflanzen?« fragte ich. »Nein! Nein! Nicht hier. Sie muß an einen Ort zurück, der dir gefällt«
»Aber wo kann ich einen Ort finden, der mir gefällt?«
»Das weiß ich nicht. Du kannst sie wieder einpflanzen, wo immer du willst. Aber sie muß versorgt und gepflegt werden, denn sie muß leben, damit du die Macht haben wirst, die du brauchst. Wenn sie stirbt, bedeutet es, daß sie dich nicht will, und du darfst sie nicht länger stören. Das bedeutet, daß du keine Macht über sie haben wirst. Darum mußt du sie versorgen und pflegen, damit sie wachsen wird. Du darfst sie aber nicht verwöhnen.«
»Warum nicht?«
»Wenn sie nicht wachsen will, ist es sinnlos, sie zu verführen. Andererseits aber mußt du beweisen, daß sie dir etwas bedeutet. Halte die Würmer fern und gib ihr Wasser, wenn du sie besuchst. Bis sie Samen trägt, mußt du es regelmäßig tun. Wenn die ersten Samen keimen, werden wir sicher sein, daß sie dich will.«
»Aber Don Juan, ich kann die Pflanze unmöglich so versorgen, wie du es willst.«
»Wenn du ihre Macht willst, mußt du es tun! Es gibt keinen anderen Weg!«
»Kannst du für sie sorgen, wenn ich nicht hier bin, Don Juan?«
»Nein! Ich nicht! Das kann ich nicht. Jeder muß seinen eigenen Setzling erhalten. Ich hatte meinen eigenen. Jetzt mußt du deinen haben. Und erst wenn sie Samen trägt, wie ich dir schon sagte, kannst du annehmen, auf das Lernen vorbereitet zu sein.«
»Wo glaubst du, soll ich sie wieder einpflanzen?«
»Das mußt du allein
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