Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens
sah wie ein langer Speer aus, der vor der Brust der Figur hervorstand. Ohne die Figur weiter anzusehen, legte sie Don Juan in seinen Lederbeutel. Er schien von der Anstrengung müde zu sein. Er legte sich auf den Boden und schlief ein. Es war bereits dunkel, als er aufwachte. Wir aßen die Lebensmittel, die ich ihm mitgebracht hatte, und saßen noch eine Weile auf der Veranda. Dann ging Don Juan mit den drei Sacktuchbündeln hinter das Haus. Er brach Zweige und trockene Äste ab und machte ein Feuer. Wir saßen gemütlich davor, und er öffnete alle drei Bündel. Außer dem Bündel mit den trockenen Teilen der weiblichen Pflanze hatte er die Reste der männlichen Pflanze in einem anderen Beutel, und dann hatte er noch einen dritten, bauschigen, der grüne, frischgeschnittene Datura-Stücke enthielt. Don Juan ging zu dem Schweinetrog und kam mit einem Steinmörser zurück; dieser war sehr tief und glich eher einem Topf, dessen Boden am Rand leicht abgerundet ist. Er machte ein flaches Loch und setzte den Mörser fest: auf den Boden. Er legte mehrere trockene Zweige ins Feuer, dann nahm er die zwei Bündel mit den trockenen Stücken der männlichen und weiblichen Pflanze und leerte sie zusammen in den Mörser. Er schüttelte das Sacktuch, um sicher zu sein, daß alle Reste in den Mörser gefallen waren. Aus dem dritten Bündel nahm er zwei frische Stücke der Datura-Wurzel.
»Ich werde sie nur für dich zubereiten«, sagte er - . »Was für eine Zubereitung ist das, Don Juan?«
»Eines der Stücke stammt von der männlichen Pflanze, das andere von der weiblichen Pflanze. Nur zu dieser Gelegenheit sollten die zwei Pflanzen zusammengetan werden. Die Stücke kommen aus einem Meter Tiefe.«
Er zerstieß sie in dem Mörser mit gleichmäßigen Schlägen des Stößels. Während er arbeitete, sang er mit leiser Stimme, die sich wie ein unrhythmisches, monotones Summen anhörte. Die Worte konnte ich nicht verstehen. Er war in seine Aufgabe versunken. Als die Wurzeln völlig zerstoßen waren, nahm er aus dem Bündel einige Data-Blätter. Sie waren sauber und frischgeschnitten Alle waren ganz, ohne Wurmlöcher und Einschnitte. Er ließ sie nacheinander in den Mörser fallen. Er nahm eine Handvoll Datura-Blüten und ließ sie genauso vorsichtig in den Mörser fallen. Er nahm von allen vierzehn Stück. Dann holte er ein Bündel grüner Samenkapseln, an denen noch die Stacheln waren und die sich noch nicht geöffnet hatten. Ich konnte sie nicht zählen, da er sie alle auf einmal in den Mörser fallen ließ, aber ich vermute, daß es auch vierzehn waren. Dann tat er drei Datum-Stiele ohne Blätter dazu. Sie waren dunkelrot und sauber und schienen nach ihren vielen Verästelungen zu urteilen von hohen Pflanzen zu sein.
Nachdem all diese Dinge in den Mörser gelegt worden waren, zerstieß er sie mit denselben gleichmäßigen Bewegungen zu einem Brei. In einem bestimmten Moment drehte er den Mörser um und schöpfte die Mixtur mit der Hand in einen alten Topf. Er streckte mir seine Hand entgegen, und ich glaubte, ich sollte sie ihm abtrocknen. Statt dessen nahm er meine linke Hand und bog mit einer sehr schnellen Bewegung Mittel- und Ringfinger, soweit er konnte, auseinander. Dann stach er mich mit der Spitze seines Messers direkt zwischen die beiden Finger und riß an der Haut des Ringfingers. Er machte es so geschickt und so schnell, daß meine Hand bereits einen tiefen Schnitt hatte und heftig blutete, als ich sie zurückriß. Er ergriff meine Hand noch einmal, hielt sie über den Topf und drückte mehr Blut heraus.
Mein Arm wurde gefühlos. Ich war in einem Schockzustand -merkwürdig kalt und steif, mit einem bedrückenden Gefühl in Brust und Ohren. Ich merkte, daß ich von meinem Sitz rutschte. Mir wurde schlecht. Er ließ meine Hand los und rührte den Inhalt des Topfes. Als ich mich von dem Schock erholte, war ich wirklich böse auf ihn. Es dauerte ziemlich lange, bis ich mich wieder gefaßt hatte.
Er legte drei Steine um das Feuer und stellte den Topf darauf. All den Zutaten fügte er etwas hinzu, das ich für eine große Menge Tischlerleim hielt, und einen Topf Wasser. Dann ließ er alles kochen. DatLira-Pflanzen haben einen sehr merkwürdigen Geruch. In Verbindung mit dem Leim, der einen starken Geruch entwickelte, als er zu kochen begann, bildeten sich so stechende Dämpfe, daß ich gegen das Erbrechen ankämpfen mußte. Die Mixtur kochte lange, während wir reglos davor saßen. Manchmal, wenn der Wind die Dämpfe in
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