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Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens

Titel: Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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Männer mit solchen Pfeifen.«
    »Kannst du selbst eine Pfeife wie diese machen, Don Juan?« wollte ich wissen. »Angenommen du hättest sie nicht, wie kenntest du mir eine geben, wenn du es wolltest?«
»Wenn ich die Pfeife nicht hätte, könnte ich dir keine andere geben und würde dies auch nicht wollen. Ich würde dir statt dessen etwas anderes geben.«
    Er schien sich irgendwie über mich zu ärgern. Er steckte die Pfeife sehr sorgfältig in den Beutel, der mit weichem Stoff gefüttert sein mußte, da die  Pfeife, die genau hineinpaßte, sehr leicht hineiriglitt Er ging ins Haus, um seine Pfeife wegzulegen »Bist du mir böse, Don Juan?« fragte ich, als er wiederkam. Er schien über meine Frage erstaunt.
    »Nein! Ich bin niemals irgend jemandem böse! Kein Mensch kann etwas tun, das wichtig genug wäre, mich dazu zu bringen. Du ärgerst dich über die Leute, wenn du fühlst, daß sie etwas Wichtiges tun. Ich empfinde aber nicht mehr so.«

Dienstag, 26. Dezember 1961  
    Die bestimmte Zeit, den » Setzling« wieder einzupflanzen - Don Juan nannte die Wurzel so - war noch nicht festgesetzt, obwohl das der nächste Schritt zum Zähmen der Pflanzen-Macht sein sollte.
    Ich kam am Sonnabend, dem 23. Dezember, früh am Nachmittag zu Don Juans Haus. Wir saßen wie gewöhnlich eine Zeit schweigend. Der Tag war warm und bewölkt. Es war Monate her, seit er mir den ersten Teil gegeben hatte.. Es ist Zeit, das Kraut der Erde wiederzugeben«, sagte er plötzlich. »Aber zuerst muß ich einen Schutz für dich vorbereiten. Du wirst ihn bei dir haben und ihn hüten, und nur du sollst ihn sehen. Da ich ihn dir zubereite, werde ich ihn auch sehen. Das ist nicht gut, weil ich, wie ich dir sagte, das Teufelskraut nicht mag. Wir sind nicht eins. Aber meine Erinnerung wird nicht lange leben; ich bin zu alt. Du mußt es jedoch vor den Augen anderer verbergen, denn so lange sie sich erinnern, es gesehen zu haben, wird die Macht des Schutzes verletzt«
    Er ging in sein Zimmer und zog drei Sackbündel unter einer alten Strohmatratze hervor. Er kam aufdie Veranda zurück und setzte sich.
    Nach langem Schweigen öffnete er ein Bündel. Es war die weibliche Datura, die wir zusammen gehct hatten; alle Blätter, Blüten und Samenkapseln, die er aufeinandergeschichtet hatte, waren getrocknet. Er nahm das lange Wurzelstück, das wie ein Y geformt war, und band das Bündel wieder zusammen. Die Wurzel war getrocknet und geschrumpft, und die Äste der Gabel hatten sich weiter geöffnet und waren noch verdrehter. Er legte die Wurzel auf seinen Schoß, öffnete seinen Lederbeutel und zog sein Messer heraus. Er hielt die trockene Wurzel vor meinen Augen hoch. »Dieser Teil ist für den Kopf», sagte er und machte den ersten Schnitt in den Schwanz des Y, das, umgekehrt, einem Mann mit gespreizten Beinen ähnelte. » Dies ist für das Herz«, sagte er und schnitt nahe der Gabelung in das Y hinein. Danach schnitt er die Wurzelspitzen ab und ließ ungefähr sieben Zentimeter Hclz an jedem Ast des Y. Dann schnitzte er langsam und geduldig die Form eines Mannes. Die Wurzel war trocken und faserig. Um sie zu bearbeiten, machte Don Juan zwei Einschnitte und löste die Fasern zwischen ihnen bis zur Tiefe des Einschnitts ab. Er schabte das Holz, als er zu den feinen Arbeiten an Armen und Händen kam. Das Endresultat war die schmale Figur eines Mannes mit über der Brust anliegenden Armen und gefalteten Händen. . j Don Juan stand auf und ging zu einer blauen Agave, die vor dem Haus neben der Veranda wuchs. Er faßte den harten Dorn eines der mittleren, weichen Blätter, bcg ihn und drehte ihn drei- oder viermal. Die kreisende Bewegung hatte ihn aus dem Blatt gelöst; er hing lose. Don Juan biß darauf oder hielt ihn vielmehr zwischen den Zähnen und riß ihn heraus. Der Dorn kam mit einem Büschel zwei Fuß langer, fädenartiger Fasern aus dem Fruchtfleisch, die wie ein weißer Schwanz an dem Dorn hingen.
    Während Don Juan den Dorn weiter zwischen den Zähnen hielt, drehte er die Fasern zwischen seinen Handflächen zu einem Faden zusammen, mit dem er die Beine der Figur zusammenband. Er drehte den unteren Teil der Figur um die Schnur, bis diese ganz aufgebraucht war; dann zog er sehr geschickt den Dorn wie eine Ahle durch den vorderen Teil des ganzen Körpers unter die gefalteten Arme, bis die scharfe Spitze hervorstand, als würde sie von den Händen der Figur gehalten. Er zog "wieder sanft mit den Zähnen daran und holte den Dorn fast: ganz heraus. Er

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