Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens
Tontöpfe gelegt und im Dunkeln getrocknet werden; auf jeden Topf müßte ein Deckel gelegt werden, damit die Blumen in den Behältern zu schimmeln begännen. Er sagte, die Blätter und Blüten hätten die Wirkung die Rauchmixtur etwas zu versüßen.
Wir kamen aus dem Canyon und gingen auf das Flußbett zu. Nach einem langen Umweg kehrten wir zu seinem Haus zurück. Spät am Abend saßen wir in seinem Zimmer, in dem wir uns selten aufhielten. Er erzählte mir von dem letzten Bestandteil der Mixtur, den Pilzen.
»Das wirkliche Geheimnis der Mixtur liegt in den Pilzen«, sagte er. »Sie sind die Zutat, die am schwierigsten zu sammeln ist. Der Weg zu dem Ort, wo sie wachsen, ist lang und gefährlich, und die richtige Auswahl zu treffen, ist noch gefährlicher. Sie wachsen unter anderen Pilzarten, die nutzlos sind; die die guten Pilze verderben, wenn man sie zusammen trocknet. Man braucht lange, um die guten Pilze so gut zu kennen, daß man keinen Fehler macht. Schwerer Schaden würde durch den Gebrauch der falschen Arten entstehen - Schaden für den Mann und die Pfeife. Ich kannte Männer, die durch schlechten Rauch tot umgefallen sind.
Sobald die Pilze gepflückt sind, werden sie in eine Kalebasse gelegt und man kann sie nicht mehr überprüfen. Du weißt, sie müssen in kleine Stücke gerissen werden, damit sie durch den schmalen Hals der Kalebasse passen.«
»Wie kann man einen Fehler vermeiden?«
»Indem man vorsichtig ist und auszuwählen versteht. Ich sagte schon, daß es schwierig ist. Nicht jeder kann den Rauch zähmen; die meisten Leute versuchen es nicht einmal.«
»Wie lange läßt du die Pilze in der Kalebasse?«
»Für ein Jahr. Alle anderen Zutaten werden ebenfalls für ein Jahr verschlossen. Dann werden von allen gleiche Teile abgemessen und getrennt zu einem sehr feinen Pulver zermahlen Die kleinen Pilze brauchen nicht zermahlen zu werden, weil sie von allein zu sehr feinem Staub zerfallen; man muß nur die größeren Stücke zerstoßen. Auf vier Teile Pilze kommt ein Teil all der anderen Zutaten. Dann werden sie alle vermischt und in einen Beutel getan, so wie ich ihn habe.« Er zeigte auf den kleinen Beutel unter seinem Hemd
»Dann werden alle Zutaten erneut gesammelt, und nachdem sie zum Trocknen aufgehoben sind, kannst du die Mixtur rauchen, die du gerade zubereitet hast. Du wirst im nächsten Jahr rauchen. Und im Jahr darauf wird die Mixtur ganz dir gehören, denn du wirst sie selbst gesammelt haben. Wenn du das erste Mal rauchst, werde ich die Pfeife für dich anzünden. Du wirst die ganze Mixtur des Pfefenkopfes rauchen und abwarten. Der Rauch wird kommen. Du wirst ihn fühlen. Er wird dich freimachen, alles zu sehen, was du sehen willst. Genau gesagt ist er ein unvergleichlicher Verbündeter.. Aber wer immer ihn sucht, muß einen Vorsatz haben und einen unangreifbaren Willen. Er braucht beides, denn er muß Vorsatz und Willen zur Rückkehr haben, oder der Rauch wird ihn nicht zurückkehren lassen. Zweitens muß er Vorsatz und Willen haben, sich an alles zu erinnern, was der Rauch ihn sehen ließ, sonst wird es nichts weiter sein als ein Nebelfleck in seinem Gehirn.«
Sonnabend, 8. April 1962
In unseren Gesprächen gebrauchte Don Juan ständig den Begriff »Wissender«, aber nie erklärte er, was er damit meinte. Ich fragte ihn danach.
»Ein Wissender ist ein Mann, der ehrlich die Mühen des Lernens auf sich genommen hat«, sagte er. »Ein Mann, der ohne Überstürzung oder Zögern die Geheimnisse von Macht und Wissen gelöst hat, so weit er es konnte.«
»Kann jeder ein Wissender sein?«
»Nein, nicht jeder.«
»Was muß denn ein Mann tun, um ein Wissender zu werden?«
»Er muß seine vier natürlichen Feinde herausfordern und besiegen. «
»Wird er ein Wissender sein, wenn er diese vier Feinde besiegt hat?«
»Ja. Ein Mann kann sich nur Wissender nennen, wenn er fähig ist, alle vier Feinde zu besiegen.«
»Kann dennjeder, der diese Feinde schlägt, ein Wissender sein?«
»Jeder, der sie besiegt hat, wird ein Wissender.«
»Aber gibt es nicht irgendwelche besonderen Bedingungen, die ein Mann erfüllen muß, bevor er mit diesen Feinden kämpft?«
»Nein. Jeder kann versuchen, ein Wissender zu werden; sehr wenigen gelingt es wirklich, aber das ist nur natürlich. Die Feinde, die ein Mann, der ein Wissender werden will, auf dem Weg des Lebens trifft, sind wirklich schrecklich; die meisten Männer unterliegen ihnen.«
»Was für Feinde sind das, Don Juan?«
Er wollte nicht über
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