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Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten

Titel: Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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zum Fuß der Klippe hinüber schaute, und doch sah ich Don Juan und Don Genaro oben auf dem Gipfel, ganz so, als hätte ich den Blick um fünfundvierzig Grad gehoben. Ich wollte schon meiner Angst nachgeben, vielleicht mein Gesicht in den Händen vergraben und weinen oder irgend etwas anderes tun, was meinen normalen Reaktionen entsprochen hätte. Aber ich war wie blockiert. Mein Wollen spielte sich nicht in der Form von »Denken« ab, so wie ich zu denken gewohnt war, daher konnte es auch keine emotionalen Reaktionen auslösen, wie sie zu haben ich gewohnt war.
    Don Juan und Don Genaro stürzten herab. Daß sie das taten, schloß ich aus dem unangenehmen Fallgefühl, das ich in der Magengrube verspürte.
    Don Genaro blieb an der Stelle, wo er gelandet war, aber Don Juan kam zu uns und setzte sich hinter mich, zu meiner Rechten. Nestor kauerte am Boden, die Beine gegen den Leib angezogen; sein Kinn ruhte auf seinen Handflächen, und die Unterarme hatte er auf die Schenkel gestützt. Pablito saß mit leicht vorgebeugtem Rumpf da und drückte die Hände gegen seinen Bauch. Erst jetzt bemerkte ich, daß ich die Unterarme über dem Nabel gekreuzt hatte und meine Finge sich seitlich in die Haut krallten. Mein Griff war so fest, daß mir die Seiten schmerzten.
    Don Juan sprach in einem abgehackten Murmeln, wobei er sich an uns alle wandte.
    »Ihr müßt euren Blick auf das Nagual fixieren«, sagte er. »Alle Gedanken und Wörter müssen weggefegt sein.« Dies wiederholte er fünf- oder sechsmal. Seine Stimme war mir fremd und unbekannt; sie mutete mich buchstäblich wie die Schuppen einer Schlangenhaut an. Dieser Vergleich war eher ein Gefühl, kein bewußter Gedanke. Jedes seiner Worte blätterte ab wie Schuppen. Sie hatten einen so unheimlichen Rhythmus; sie waren gedämpft, abgehackt, wie leises Husten, ein Befehl in Form eines rhythmischen Murmelns. Don Genaro stand reglos. Wie ich ihn anstarrte, konnte ich meine Augen nicht parallel halten und fing unwillkürlich an zu schielen. In diesem Zustand bemerkte ich abermals ein seltsames Leuchten an Don Genaros Körper. Meine Augen schlossen sich allmählich oder fingen an zu tränen. Don Juan kam mir zu Hilfe. Ich hörte, wie er mir befahl, nicht die Augen zu schließen. Ich spürte einen leichten Schlag auf den Kopf. Anscheinend hatte er ein Steinchen nach mir geworfen. Ich sah das Steinchen neben mir über die Felsen springen. Er mußte wohl auch Nestor und Pablito getroffen haben; ich hörte das leise Geräusch von weiteren Steinchen, die über die Felsen kollerten.
    Don Genaro nahm eine merkwürdige Tanzhaltung ein. Seine Knie waren gebeugt, die Arme seitlich ausgestreckt, die Finger gespreizt. Er schien im Begriff, herumzuwirbeln. Tatsächlich machte er eine halbe Drehung, und dann zog es ihn nach oben. Ich hatte die deutliche Wahrnehmung, daß er wie vom Seil eines riesigen Krans emporgezogen wurde, das seinen Körper direkt zur Spitze der Klippe zog. Diese meine Wahrnehmung seiner Aufwärtsbewegung war eine ganz komische Mischung aus visuellen und körperlichen Eindrücken. Halb sah und halb fühlte ich seinen Flug zur Klippe hinauf. Da war etwas, es sah oder fühlte sich an wie ein Seil oder ein kaum erkennbarer Lichtfaden, der ihn emporzog. Ich sah sein Hochfliegen nicht in dem Sinne, wie ich den Flug eines Vogels mit den Augen verfolgt hätte. Seine Bewegung hatte keinen linearen Ablauf. Ich brauchte nicht den Kopf zu heben, um ihn im Auge zu behalten. Ich sah, wie das Seil ihn zog, dann spürte ich seine Bewegung in meinem Körper oder mit meinem Körper, und im nächsten Augenblick stand er oben auf der Klippe, -zig Meter über mir. Nach ein paar Minuten schwebte er herab. Ich spürte seinen Sturz und stöhnte unwillkürlich.
    Dies wiederholte Don Genaro noch dreimal. Jedesmal war meine Wahrnehmung deutlicher. Bei seinem letzten Sprung nach oben konnte ich tatsächlich etliche Fäden erkennen, die von seiner Körpermitte ausgingen, und aufgrund der Richtung, in die diese Fäden sich bewegten, konnte ich vorausahnen, wann er nach oben oder nach unten springen würde. Wenn er sich anschickte hinaufzuspringen, bogen die Fäden sich nach oben; das Gegenteil geschah, wenn er hinabspringen wollte; die Fäden zeigten im Bogen nach unten. Nach seinem vierten Sprung kam Don Genaro zu uns und setzte sich hinter Pablito und Nestor. Dann trat Don Juan vor und stellte sich dorthin, wo Don Genaro gestanden hatte. Dort stand er eine Weile bewegungslos. Don Genaro gab Pablito

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