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Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten

Titel: Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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Genaro hier nicht der Doppelgänger ist.« Mit einer Kopfbewegung wies er auf Don Genaro. Dieser blinzelte ein paarmal.
    »Der Genaro von gestern abend war der Doppelgänger. Und wie ich dir schon sagte, hat der Doppelgänger unvorstellbare Kraft. Er hat dir etwas ganz Wichtiges gezeigt. Zu diesem Zweck mußte er dich berühren. Der Doppelgänger berührte dich einfach im Genick, an derselben Stelle, wo vor Jahren der Verbündete auf dich getreten ist. Natürlich warst du weg wie eine ausgeblasene Kerze. Und natürlich hast du dich auch wie ein Hanswurst gehenlassen. Wir brauchten Stunden, um dich wieder auf die Beine zu bringen. Dadurch hast du deine Kraft vertan, und als es für dich Zeit war, die Tat eines Kriegers zu vollbringen, hattest du nicht mehr genug Mumm.«
    »Was wäre diese Tat eines Kriegers gewesen, Don Juan ? «
    »Ich sagte dir doch, daß Genaro zu dir kam. um dir etwas zu zeigen, nämlich das Geheimnis der leuchtenden Wesen als Träumer. Du wolltest etwas über den Doppelgänger erfahren. Nun. er beginnt in den Träumen. Aber dann fragtest du: >Was ist der Doppelgänger?<. und ich sagte dir. der Doppelgänger ist das Selbst. Das Selbst träumt den Doppelgänger. Ganz einfach, nicht wahr ? Nur daß an uns Menschen überhaupt nichts einfach ist. Vielleicht sind die gewöhnlichen Träume des Selbst einfach, aber das heißt nicht, daß das Selbst einfach wäre. Sobald das Selbst gelernt hat. den Doppelgänger zu träumen, erreicht es diesen unheimlichen Scheideweg, und es kommt der Augenblick, da man erkennt, daß es der Doppelgänger ist. der das Selbst träumt.«
    Ich hatte alles aufgeschrieben, was er gesagt hatte. Ich hatte auch versucht, auf das Gesagte zu achten, aber ich hatte ihn nicht verstanden.
    Don Juan wiederholte seine Ausführungen. »Die Lehre von gestern abend handelte, wie gesagt, vom Träumer und vom Geträumten oder davon, wer wen träumt.«
    »Wie bitte?« fragte ich. Die beiden lachten lauthals.
    »Gestern abend«. fuhr Don Juan fort, »hättest du dich beinahe dafür entschieden, am Ort der Kraft aufzuwachen.«
    »Was meinst du damit. Don Juan?«
    »Das wäre die Tat gewesen. Hattest du nicht in deinen blödsinnigen Gewohnheiten geschwelgt, dann hättest du genug Kraft gehabt, die Grenze zu überspringen, und du hättest dich zweifellos zu Tode erschreckt. Glücklicherweise oder unglücklicherweise, wie man's nimmt, hattest du nicht genug Kraft. Durch dem sinnloses Durcheinander hast du deine Kraft sogar in dem Maß vertan, daß du beinah nicht mehr genug zum Überleben hattest.
    Du verstehst also, daß es nicht nur dumm und verschwenderisch ist. dich gehenzulassen und deinen kleinen Marotten zu frönen. Ein Krieger, der sich erschöpft, kann nicht überleben.
    Der Körper ist nicht unzerstörbar. Du hättest schwer krank werden können. Du wurdest es nicht, nur weil Genaro und ich deinen Leichtsinn etwas aufgefangen haben.« Die volle Wucht seiner Worte begann auf mich einzuwirken. »Gestern abend führte Genaro dich durch die Schwierigkeiten des Doppelgängers hindurch«, fuhr Don Juan fort. »Nur er kann dies für dich tun. Und es war keine Vision oder Halluzination, als du dich am Boden liegen sahst. Du hättest dies mit unendlicher Klarheit erkennen können, wenn du dich nicht in einer Schwelgerei verloren hättest, und dann hättest du erkennen können, daß du selbst wie ein Traum bist, daß dein Doppelgänger dich träumt, genau wie du ihn gestern abend geträumt hast.«
    »Aber wie kann das sein, Don Juan ? «
    »Niemand weiß, wie es geschieht. Wir wissen nur, daß es geschieht. Dies ist das Geheimnis von uns Menschen als leuchtenden Wesen. Gestern abend hattest du zwei Träume, und du hättest in jedem von ihnen erwachen können, aber du hattest nicht genug Kraft, das zu begreifen.« Sie schauten mich eine Weile eindringlich an. »Ich glaube, er begreift«, sagte Don Genaro.

Das Geheimnis der leuchtenden Wesen
    Stundenlang unterhielt mich Don Genaro mit absurden Instruktionen, wie ich mich im täglichen Leben verhalten sollte. Don Juan meinte, ich solle mir Don Genaros Empfehlungen ernstlich zu Herzen nehmen, denn sie seien, obzwar scherzhaft vorgetragen, keineswegs spaßig gemeint. Gegen Mittag stand Don Genaro auf und ging ohne ein Wort der Erklärung ins Gebüsch. Ich wollte ebenfalls aufstehen, aber Don Juan hielt mich sanft zurück und verkündete mit feierlicher Stimme, daß Don Genaro wieder etwas mit mir vorhabe. »Was wird er tun?« fragte ich. »Was will er

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