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Don Quichotte

Don Quichotte

Titel: Don Quichotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kaestner
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»Und jeder hat vier Arme!« »Nein«, sagte der Stallmeister kauend. »Es sind Windmühlen, und jede hat vier Flügel!« Doch da legte sein Herr und Gebieter auch schon die neue Lanze ein, rief zum Hügel: »Im Namen der Dame Dulzinea von Toboso, ergebt euch!« und gab Rosinante die Sporen.

    Als Don Quichotte die erste Windmühle erreicht und die Lanze voller Wucht in einen Windmühlenflügel gebohrt hatte, kam plötzlich ein Wind auf. Die Flügel begannen sich zu drehen. Die Lanze zersplitterte. Und Roß und Reiter flogen in hohem Bogen durch die Luft und ins Feld. Dort blieben beide liegen, als hätten sie sämtliche Knochen gebrochen! Sancho Pansa trabte erschrocken näher und rief schon von weitem: »Habt Dir große Schmerzen?« Da setzte sich Don Quichotte mühsam auf und sagte stolz: »Ritter haben keine Schmerzen. Und wenn sie doch einmal welche haben, klagen sie nicht.« »Wie gut, daß ich kein Ritter bin!« rief der kleine Dicke und half den beiden auf die Beine.
    Als sie schließlich weiterritten, hing der Ritter schief und krumm im Sattel, und der Gaul humpelte und kam kaum vom Fleck. Weil es außerdem dunkel wurde, beschlossen sie zu kampieren und ließen sich in einem Steineichenwald nieder. Sancho Pansa aß und trank wieder, legte sich um und schnarchte, daß die Wipfel zitterten. Don Quichotte aß nichts, trank nichts und schlief nicht. Nachdem er einen kräftigen Zweig von einem der Bäume abgerissen und ihn als Lanze zurechtgeschnitzt hatte, saß er noch lange wach, grämte sich über seine Niederlage und träumte von neuen, aber erfolgreicheren Taten.
    EIN HALBES OHR UND EIN HALBER HELM
    Ein paar Tage später näherten sie sich dem Meer. Schon von weitem erblickten sie den Hafen Lapice in der blauen Bucht, und Don Quichotte meinte hoffnungsfroh, hier an der Küste fände seine selbstgeschnitzte Eichenlanze gewiß lohnende Ziele. »Nur eines mußt du streng beachten«, sagte er hoheitsvoll zu Sancho Pansa. »Du darfst, da du kein Ritter bist, nicht mit Rittern kämpfen, sondern nur mit Stallmeistern und Knappen!« »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen!« antwortete der kleine Dicke. »Ich werde mich weder mit Rittern noch mit Stallmeistern prügeln. Denn ich bin ein friedlicher Mensch. Ich werde höchstens wütend, wenn man mich nicht in Ruhe läßt.« »Du darfst mir, weil ich ein Ritter bin, nicht einmal zu Hilfe kommen!« fuhr sein Herr und Gebieter fort. »Auch dann nicht, wenn ich in Bedrängnis gerate!« »Ganz wie Sie wünschen«, sagte Sancho Pansa. »Ich bin ein friedlicher Mensch.«
    Gegen Mittag begegneten sie einer größeren Karawane. Vorneweg ritten zwei Pater vom Benediktinerorden auf Maultieren. Nebenher liefen ein paar Treiber. Und dahinter folgte, von Reitern begleitet, eine Kutsche, worin eine schöne Dame mit ihrer Zofe saß. Die Dame reiste nach Sevilla, um dort ihren Gemahl zu treffen, der vom spanischen König nach Westindien geschickt werden sollte. »Siehst du die zwei Zauberer?« fragte Don Quichotte aufgeregt. »Nein«, sagte Sancho Pansa, »ich sehe zwei Benediktiner.« »Zauberer sind es!« rief der Ritter. »Und sie entführen in der Kutsche eine Prinzessin!« »Ach wo!« sagte sein Begleiter. »Das bilden Sie sich nur ein!« Doch ehe er ausgesprochen hatte, sprengte Don Quichotte schon auf die verdutzte Gruppe los. Der erste Pater fiel vor Schreck vom Esel. Der andre ritt ins Feld. Die Damen in der Kutsche schrien um Hilfe. »Ich komme ja schon!« rief Don Quichotte. »Ich befreie Sie!« Er zog sein Schwert und hielt den Schild vor die Brust. Einer der Reiter hob den Degen und benutzte ein Kutschkissen als Schild. Und schon klirrten die Waffen.
    Sancho Pansa versuchte inzwischen, dem Pater, der am Boden lag, die Kleider auszuziehen, um sie als Beute zu behalten. Die Eseltreiber fielen über ihn her. Die Damen weinten laut. Don Quichotte und sein Gegner schlugen aufeinander ein, daß die Luft zitterte. Der Schild splitterte. Aus dem Kissen flogen die Federn. Die Schwerter verbogen sich. Und mit einem Male fielen ein halber Helm und Don Quichottes halbes Ohr auf die Straße. Das machte den Ritter nur noch wütender, und er gab nicht eher Ruhe, bis der Gegner blutend und erschöpft vom Pferde fiel. Don Quichotte setzte ihm den Degen auf die Brust und ließ ihn und die Dame und die Zofe und die Reiter und die Pater und die Treiber feierlich schwören, sich auf der Stelle nach Toboso zu begeben und dem Fräulein Dulzinea zu berichten, wie heldenhaft ihr Ritter gekämpft

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