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Don Quichotte

Don Quichotte

Titel: Don Quichotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kaestner
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liebte, wenn die anderen lachten. Deshalb schickte er dem Don Antonio, einem alten Freund, einen Boten, der rechtzeitig Don Quichottes Ankunft in Barcelona meldete.
    Don Antonio empfing also, beritten und mit vielen lustigen Kumpanen, den Ritter und dessen Diener bereits am Stadttor. Es war am Johannistag, der im Hafen und am Ufer mit einer großen Parade gefeiert wurde. Und so glaubte Don Quichotte, daß die Manöver der Segelschiffe und Galeeren, der Vorbeimarsch der Regimenter, die wehenden Fahnen und die Salutschüsse zu Wasser und zu Lande seinetwegen zu sehen und zu hören wären. Er glaubte es um so mehr, als ihn die Zuschauer, nicht zuletzt die Gassenjungen, beim Namen riefen. »Hoch, Don Quichotte! Vivat, Don Quichotte! Hurra, Don Quichotte!« Er grüßte stolz und gerührt, denn er wußte nicht, daß auf seinem Rücken ein Zettel klebte! Don Antonio hatte ihn eigenhändig und heimlich angebracht, und darauf stand: »Ich bin der tapfre Ritter Don Quichotte! Huldigt mir!«
    So dachte Don Quichotte bei sich: ›Das ist der schönste Tag meines Lebens!‹ Irren ist menschlich. Er wußte nicht, daß es der traurigste Tag seines Lebens werden würde… Als die Parade vorüber war, begegnete ihm am Strand ein anderer Ritter! Der hatte einen silbernen Mond im Schild, trug das Visier gesenkt, verstellte ihm den Weg und rief: »Meine Dame ist doppelt so schön wie Eure!« »Ihr lügt!« antwortete Don Quichotte. »Dreimal so schön wie Eure Dulzinea von Toboso!« rief der Ritter vom Silbernen Mond. »Das sollen die Waffen entscheiden!« sagte Don Quichotte. »So sei es!« rief der andere. »Und der Sieger soll die Zukunft des Besiegten bestimmen!« Don Antonio wurde zum Schiedsrichter bestellt. Er steckte das Kampffeld ab, prüfte die Rüstungen, die Lanzen und die Pferde, bat die zwei Ritter, ihre Plätze einzunehmen, und gab das Zeichen zum ersten Waffengang. Der Kampf war kurz. Ohne die Lanze einzulegen, sprengte der Ritter vom Silbernen Mond auf die Feldmitte los. Sein Pferd war viel kräftiger und schneller als die dürre Rosinante, stieß seinen Kopf in ihre Rippen — und schon lag Don Quichotte im Sand! Der Gegner setzte ihm die Lanzenspitze auf die Brust und sagte: »Ich bin der Sieger und befehle Euch, unverzüglich nach Hause zu reiten und für ein Jahr Harnisch und Lanze abzulegen!« »Ich bin der Besiegte«, sagte Don Quichotte ernst und feierlich. »Ihr habt mein Wort, und ich werde es halten.« Dann ließ er sich aufs Pferd helfen und ritt, ohne sich umzuwenden, aus Barcelona hinaus. Sancho Pansa trabte mit seinem Esel hinterdrein. Als sie nicht mehr zu sehen waren, fragte Don Antonio den Ritter vom Silbernen Mond, wer er sei. »Mein Name ist Simson Carrasco«, sagte der andere. »Ich stamme aus Don Quichottes Heimat und bin ein Freund seiner Freunde. Wir waren seinetwegen in Sorge, und sie beauftragten mich, ihn heimzubringen. Deswegen verkleidete ich mich als Ritter. Und deswegen mußte ich ihn besiegen.« »Wird er sein Wort halten?« fragte Don Antonio zweifelnd. »Don Quichotte hält sein Wort!« gab Simson Carrasco zur Antwort und ritt in seinen Gasthof, um die Rüstung abzulegen und sein bürgerliches Wams anzuziehen. Don Quichotte hielt sein Wort. Als sie in einem Wald rasteten, hängte er den Harnisch, die Beinschienen, den Helm, das Schwert und die Lanze an einen alten, mächtigen Baum. Und dann ritten sie traurig nach Hause. Dort war die Freude groß. Die Haushälterin, der Barbier, der Pfarrer, die Nichte und Frau Pansa empfingen die zwei mit offenen Armen, obwohl sie ohne Königreiche und Reichtümer heimkehrten. »Wir haben euch wieder«, sagten sie fröhlich, »und das ist die Hauptsache!« So schien alles gut. Don Quichotte wurde vernünftig und lächelte über seine Abenteuer. Und die Freunde lächelten erst recht. Doch eines Tages legte er sich zu Bett, verabschiedete sich von allen, besonders herzlich von Sancho Pansa, schloß die Augen und wachte nicht wieder auf. Don Quichotte starb mit seinem Traum.
    NACHWORT
    Erich Kästner, ein Jahr älter als unser Jahrhundert, war der erste wahre deutsche Dichter für Kinder: Er gestand ihnen das uneingeschränkte Recht auf Literatur zu. Kästner stammte aus Dresden, hatte dort das Lehrerseminar besucht und studierte nach dem Ersten Weltkrieg in Rostock, Leipzig und Berlin Philologie. Der junge Herr Doktor zog nach Berlin und begann als Theaterkritiker und freier Mitarbeiter für verschiedene Zeitschriften Feuilletons zu schreiben, unter

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