Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
dienen wünsche, und vertraut auf Gott, der Euch gewiß in eine Lage setzen wird, in der Ihr wie ein Prinz leben könnt.«
Sancho schlich, mit niederhängendem Kopfe, und bat seinen Herrn um die Hand, der sie ihm mit feierlichem Anstande reichte. Nachdem sie Sancho geküßt hatte, gab jener ihm seinen Segen, und sagte, daß sie sich etwas entfernen wollten, weil er ihn manches zu fragen und mit ihm Sachen von der äußersten Wichtigkeit abzuhandeln habe.
Sancho tat es, und die beiden gingen etwas weiter abseits. Don Quixote sprach zu ihm: »Seit du zurückgekehrt bist, habe ich weder Zeit noch Raum gewonnen, um dich über einige besondere Umstände zu befragen, die die Gesandtschaft sowie die Antwort betreffen, die du mir überbracht hast; da uns nun aber jetzt das Glück so Raum wie Zeit vergönnt, so versage mir nicht länger die Freude, welche du mir mit deinen guten Zeitungen schenken kannst.«
»Fragt nur, Gnädiger, was Ihr wollt«, antwortete Sancho, »wie die Erkundigung sein wird, so soll auch der Bescheid lauten; aber darum bitte ich Euch, mein lieber gnädiger Herr, daß Ihr nicht künftig so rachsüchtig seid.«
»Warum sagst du dieses, Sancho?« fragte Don Quixote.
»Ich sage dieses nur«, antwortete er, »weil die Schläge von heute mehr wegen der Händel herrühren, die der Teufel neulich in der Nacht zwischen uns anzettelte, als wegen dessen, was ich gegen die Dame Dulcinea sagte, die ich liebe und verehre wie eine Reliquie, wenn es auch nicht ihretwegen geschähe, doch schon Euch zu gefallen.«
»Verfalle beileibe nicht wieder auf diese Reden, Sancho«, sagte Don Quixote, »denn sie erregen mir Verdruß. Ich habe dir einmal vergeben; aber du kennst wohl selbst das Sprichwort, daß für neue Verbrechen auch neue Strafen gehören.«
Indem dieses vorging, bemerkten sie auf ihrem Wege einen Menschen auf einem Esel, der ihnen entgegenkam, und als er näher geritten, schien er ein Zigeuner zu sein. Sancho aber, dem die Augen und die Seele aufgingen, wenn er nur einen Esel gewahr ward, hatte kaum diesen Menschen erblickt, als er ihn auch für den Gines Friedberg erkannte, und da er sich im Zigeuner so wenig verrechnet, so kam auch das Fazit seines Esels heraus, wie es auch zutraf; denn es war der Graue, auf welchem Friedberg ritt, der, um nur nicht erkannt zu werden, und den Esel zu verkaufen, die Tracht eines Zigeuners angelegt hatte, mit deren Sprache und Sitten er auf das genaueste bekannt war.
Sancho aber erkannte ihn gleich, indem er ihn sah und schrie auch gleich mit der lautesten Stimme: »Ha! du Spitzbube, Diebsfinger, gib mir mein Kleinod, mein Leben her! Du sollst mir meine Ruhe nicht entziehen; gib mir den Esel; her mit dem Püppchen; lauf, Halunke; fort mit dir, Spitzbube; gib ‘raus, was nicht dein ist!«
Es waren weder so viele Worte noch Schimpfreden vonnöten; denn gleich beim ersten sprang Gines ab und fing so an zu traben, daß man es wohl ein Rennen nennen konnte und er im Augenblicke den beiden völlig aus dem Gesichte verschwunden war.
Sancho ging zu seinem Grauen, umarmte ihn und sagte: »Wie ist es dir gegangen, mein Seelchen, mein herzliebster Grauer, mein Kamerad?« Und mit diesen Worten küßte er ihn und liebkoste ihn, als wenn er ein Mensch gewesen wäre. Der Esel stand still und ließ sich von Sancho küssen und liebkosen, ohne ein einziges Wort zu erwidern. Alle kamen hinzu und wünschten ihm zu dem wiedergefundenen Grauen Glück, vorzüglich Don Quixote, der ihm sagte, daß deswegen doch die Verschreibung auf die drei jungen Esel ihre Gültigkeit behalten solle. Sancho bedankte sich dafür.
Indem die beiden in diesen Gesprächen begriffen waren, sagte der Pfarrer zu Dorothea, daß sie es sehr verständig angefangen, die Erzählung so zu erfinden, und sie nicht lang zu machen, auch daß der Inhalt so große Ähnlichkeit mit den Ritterbüchern gehabt habe.
Sie antwortete, daß sie viele Zeit mit Lesung derselben zugebracht habe; daß sie aber die Lage der Provinzen und Seehäfen nicht wüßte, und aus Unwissenheit erzählt, sie sei zu Ossuna ans Land gestiegen.
»Ich bemerkte es«, sagte der Pfarrer, »und deshalb eilte ich mit meiner Erklärung zu Hilfe, die alles wieder gutmachte. Ist es aber nicht ein wunderliches Ding, daß dieser unglückliche Mann alle diese Erfindungen und Lügen so leicht glaubt, bloß, weil sie denselben Stempel und Gepräge haben, wie die Albernheiten seiner Bücher?«
»Freilich«, sagte Cardenio, »es ist so seltsam und unerhört, daß
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