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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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man es vielleicht mit großem Scharfsinne nicht so erfinden und erdichten könnte, wenn einer darauf ausginge.«
    »Auch ist es wunderbar«, sagte der Pfarrer, »daß außer den Narrheiten, die dieser gute Mann vorbringt, wenn es seine Verrücktheit betrifft, er überaus verständige Sachen redet und in allen Dingen einen hellen und gesunden Verstand beweist, so daß, wenn er nicht auf seine Ritterschaft gebracht wird, ihn jedermann für überaus verständig halten würde.«
    Indes sie dieses Gespräch fortsetzten, fuhr auch Don Quixote in dem seinigen fort und sagte zu Sancho: »Wir wollen, Freund Sancho, alle diese Kleinigkeiten in Ansehung unserer Händel dem Winde und dem Meere übergeben; jetzt sage mir nur, ohne innerlich Unwillen oder Groll gegen mich zu hegen, wo, wie und wann fandest du Dulcinea? Was machte sie? was sagtest du ihr? was antwortete sie? welche Miene machte sie, als sie meinen Brief las? wer hat ihn dir abgeschrieben? Dies sage, nebst allem übrigen, was in dieser Sache wissenswürdig oder nötig ist, ohne daß du etwas zusetztest oder erdichtest, um mir Freude zu machen, noch weniger etwas unterdrückest, um sie mir nicht zu entreißen.«
    »Gnädiger Herr«, antwortete Sancho, »die Wahrheit zu sagen, so hat mir kein Mensch den Brief abgeschrieben; denn ich hatte gar keinen Brief bei mir.«
    »Es ist wie du sagst«, sprach Don Quixote, »denn das Taschen buch, wo ich ihn hineinschrieb, fand ich zwei Tage nach deiner Abreise bei mir, worüber ich sehr bekümmert war, weil ich mir nicht vorstellen konnte, was du anfangen würdest und immer glaubte, du würdest an der Stelle umkehren, an welcher du den Brief vermißtest.«
    »So wär’s gekommen«, antwortete Sancho, »wenn ich den Brief nicht im Kopfe behalten hätte, wie Ihr ihn mir vorlaset, so daß ich ihn einem Küster hersagte, der ihn aus meinem Gedächtnisse Wort für Wort niederschrieb und mir sagte, daß er Zeit seines ganzen Lebens, so viele Bannbriefe er auch gelesen hätte, doch niemals einen so rührenden Brief, wie den da, gesehen oder gelesen habe.«
    »Und du hast ihn noch ganz im Gedächtnisse, Sancho?« fragte Don Quixote.
    »Nein, gnädiger Herr«, antworte Sancho; »denn da ich ihn hergebetet hatte und nun sah, daß ich ihn nicht mehr brauchte, übergab ich ihn der Vergessenheit, was ich mich noch besinnen kann, ist das Mein Närrchen, ich will sagen Monarchin, und zuletzt: der Eurige bis in den Tod, der Ritter von der traurigen Gestalt, und zwischen den beiden Sachen steckten wohl etliche hundert Seelen, Leben und Herzen.«

31. Kapitel

    Von dem lieblichen Gespräch, welches zwischen Don Quixote und seinem Stallmeister Sancho Pansa vorfiel, nebst anderen Begebenheiten.
    »Alles dieses gereicht mir keineswegs zum Mißvergnügen, so fahre denn fort«, sprach Don Quixote.«Du kamst an, und womit beschäftigte sich die Königin der Schönheit? Gewiß fandest du sie, indem sie Perlen aufreihte, oder indem sie mit goldener Folie eine Devise für ihren gefangenen Ritter stickte.«
    »Ich fand sie«, antwortete Sancho, »indem sie zwei Scheffel Getreide auf dem Hofe ihres Hauses fegte.«
    »Aber du hast gemerkt«, sprach Don Quixote, »daß die Körner des Getreides Perlenkörner waren, von ihren Händen berührt; und wenn du darauf geachtet, mein Freund, war das Getreide nicht der feinste Weizen?«
    »Es war Roggen«, antwortete Sancho.
    »Aber ich versichere dich«, sprach Don Quixote, »daß, von ihren Händen gefegt, ganz ohne Zweifel das feinste Weizenbrot daraus gebacken wird. Doch fahre fort; als du ihr nun meinen Brief gabst, küßte sie denselben? drückte sie ihn an den Busen? machte sie irgendeine Gebärde, die ein solcher Brief verdient? Oder was tat sie?«
    »Als ich ihn ihr übergeben wollte«, antwortete Sancho, »war sie gerade im eifrigsten Schütteln mit einem tüchtigen Maß Getreide, das sie im Siebe hatte, und sie sagte zur mir: ›Mein Freund, lege den Brief nur auf den Sack da, denn ich kann ihn nicht eher lesen, bis ich alles das durchgesiebt habe.«‹
    »O du verständige Dame«, sprach Don Quixote, »dieses tat sie darum, daß sie ihn absonderlich für sich und ihre Ergötzung lesen möchte. Weiter Sancho! Indem sie nun in ihrer Beschäftigung war, welche Gespräche führte sie mit dir? welche Fragen tat sie in Absicht meiner? und welche Antworten gabst du? Fort erzähle alles, verschweige mir auch nicht den geringsten Umstand.«
    »Sie fragte mich gar nichts«, sprach Sancho, »aber ich erzählte ihr,

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