Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Gottes willen still und nehmt Euch das zu Herzen, was ich gesagt habe, nehmt Vernunft an unbeschwert, und verheiratet Euch gleich im ersten Dorfe, wo Ihr einen Priester findet, oder nehmt hier unseren Lizentiaten, der es ausrichten wird, daß es nur so sein muß; und bedenkt, daß ich jetzt alt genug bin, um guten Rat zu geben, und daß der, den ich jetzt gebe, wie gegossen ist, daß ein Sperling in der Hand besser ist als eine Taube auf dem Dache, und daß ein Haben mehr wert ist als zehntausend Hätt’ ich; und daß man dem Glücke nicht mutwillig seine Türe versperren muß.«
»Sieh, Sancho«, antwortete Don Quixote, »wie du deinen Rat, mich zu vermählen nur deshalb gibst, damit ich gleich König werde, wenn ich den Riesen umgebracht und es somit in meiner Gewalt steht, dich zu belohnen und dir das Versprochene zu geben; du mußt aber wissen, daß ich deinen Wunsch ohne Vermählung leichtlich erfüllen kann, denn ich werde mir das als Vorausbedingung setzen, bevor ich die Schlacht beginne, daß, wenn ich Sieger bin, sie mir, falls ich mich nicht verheirate, einen Teil des Königsreichs übergeben sollen, damit ich denselben geben mag, wem ich nur will. Wenn sie ihn mir geben, wem denkst du, sollt’ ich ihn wohl anders geben als dir?«
»Das läßt sich hören«, antwortete Sancho, »aber seht doch ja zu, daß der Teil dann am Meere liegt, damit, wenn mir die Lebensart nicht gefällt, ich meine schwarzen Untertanen einschiffen, und das mit ihnen tun kann, was ich schon gesagt habe und Euer Gnaden mag nur nicht weiter denken darauf, nach der Dame Dulcinea zu gehen, sondern geht hin und schlagt den Riesen tot, macht das Geschäft ab, denn es wird Euch bei Gott viel Ehre und Nutzen daraus erwachsen.«
»Ich sage dir, Sancho«, sprach Don Quixote, »daß du dich darauf verlassen kannst, und daß ich deinen Rat befolgen will, erst mit der Prinzessin zu ziehen, bevor ich Dulcinea sehe; hüte dich aber, an jemand etwas zu sagen, auch denen, die mit uns sind, von allem dem, was wir hier miteinander abgehandelt haben, denn da Dulcinea so vorsichtig ist, daß sie nicht will, daß irgendwer ihre Gedanken erfahre, so wäre es ziemlich unschicklich, wenn sie durch mich oder einen anderen verraten würden.«
»Wenn dem so ist«, sagte Sancho, »warum tut Ihr denn das, daß Ihr alle, die von Eurem Arme überwunden werden, hinschickt, daß sie sich der gnädigen Dulcinea präsentieren müssen, da doch dies ein öffentliches Bekenntnis ist, daß Ihr sie liebt? Da auch jene vor ihr niederknien müssen und sagen, daß sie von Euch gesandt werden als Zeichen Eurer Unterwerfung, wie können denn da Eure Gesinnungen verheimlicht bleiben?«
»O wie dumm und einfältig du bist!« sagte Don Quixote; »siehst du denn nicht, Sancho, daß dieses nur zu ihrer größeren Verherrlichung dient? denn du mußt wissen, daß es bei uns Rittern eine große Ehre ist, wenn eine Dame viele irrende Ritter hat, die ihr dienen, ohne daß diese ihre Gedanken weiter ausdehnen, als daß sie ihr bloß deshalb dienen, weil sie es ist, ohne daß sie einen anderen Lohn für ihre häufigen und großen Dienstleistungen erwarten, als daß sie sie gern zu ihren Rittern zählt.«
»Diese Art Liebe,« sagte Sancho, »habe ich oft in der Kirche predigen gehört, müsse man allein zu unserem Herrgott tragen, und keine Hoffnung der Belohnung, keine Furcht vor Strafe müsse uns dazu antreiben, ob ich ihn freilich wohl lieben und ihm dienen will, wie es nur gehen will.«
»Beim Teufel!« rief Don Quixote, »wie sprichst du manchmal für einen Bauern zu gescheit! Manchmal ist es, als hättest du studiert.«
»Und doch kann ich, bei meiner Seele, nicht lesen«, antwortete Sancho.
Indem rief Meister Niklas, daß sie ein wenig anhalten möchten, weil alle aus einem kleinen Bache trinken wollten, den sie dort gefunden. Don Quixote tat es, zu Sanchos nicht geringer Freude, der schon müde war so viel zu lügen und immer befürchtete, sein Herr möchte ihn ertappen, denn wenn er auch wußte, daß Dulcinea eine Bäuerin in Toboso sei, so hatte er sie doch in seinem Leben nicht gesehen. Cardenio hatte sich unterdessen die Kleider angezogen, die Dorothea anfangs getragen hatte, und ob sie gleich nicht die besten waren, so standen sie ihm doch besser als seine abgelegte Tracht. Sie lagerten sich bei der Quelle und stillten mit dem wenigen, was der Pfarrer aus der Schenke mitgenommen hatte, den großen Hunger, den alle fühlten. Indem dieses geschah, ging ein Bursche des
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