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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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sie gefiel ihm ebenso wie dem Pfarrer, und er bat diesen, sie laut vorzulesen, daß alle sie hören könnten.«Ich will lesen«, sagte der Pfarrer, »wenn es nicht vielleicht besser ist, die Zeit mit Schlafen als mit Lesen hin zu bringen.«
    »Es wird mir genug Erholung sein«, sagte Dorothea, »die Zeit mit einer Erzählung zu verkürzen; denn meine Lebensgeister sind noch nicht beruhigt, daß ich schlafen könnte, wenn es mir auch zuträglich wäre.«
    »So will ich denn«, sagte der Pfarrer, »aus Neugier weiterlesen, vielleicht macht es uns Vergnügen.«
    Auch Meister Nikolas bat darum, ingleichen Sancho; wie also der Pfarrer sah, daß alle und auch er selbst Vergnügen daran haben würden, sagte er: »Wenn dem so ist, so sei nun jedermann aufmerksam; denn die Novelle fängt auf folgende Weise an.«

33. Kapitel

    Enthält die Novelle vom grübelnden Fürwitzigen.
    In Florenz, einer reichen und berühmten Stadt Italiens im toskanischen Gebiete, lebten zwei reiche und vornehme Ritter, Anselmo und Lotario, die so große Freunde waren, daß sie von allen, die sie kannten, statt aller Namen nur die beiden Freunde genannt wurden. Sie waren ledig, jung, von einem Alter und gleichen Gesinnungen, wodurch sie zu einer festen gegenseitigen Freundschaft bewogen wurden; Anselmo zwar war den Vergnügungen der Liebe mehr als Lotario ergeben, dem die Freuden der Jagd reizender dünkten; doch wenn es die Gelegenheit gab, verließ Anselmo seine Neigung, um der des Lotario zu folgen, so wie Lotario die seinige verließ, um dem Anselmo nachzugeben, so daß ihr Wille immer eine Richtung nahm und genauer als zwei Uhren miteinander übereinstimmte.
    Anselmo war in ein vornehmes und schönes Fräulein aus der nämlichen Stadt verliebt, einer Tochter edler Eltern, und die durch sich selbst edel war, so daß er sich, nachdem er seinen Freund Lotario befragt hatte (ohne dessen Rat er nichts unternahm), entschloß, sie von den Eltern zur Gemahlin zu begehren; es geschah, und Lotario war der Freiwerber, der das Geschäft so gut nach den Wünschen seines Freundes vollendete, daß dieser sich bald in dem Besitze des Gutes sah, und Camilla war so vergnügt, den Anselmo zum Gatten erlangt zu haben, daß sie unaufhörlich den Himmel und Lotario pries, durch dessen Vermittlung ihr dieses Glück zugefallen war.
    Die ersten Tage wurden, wie es bei Hochzeiten zu geschehen pflegt, sehr fröhlich vollbracht, Lotario besuchte wie gewöhnlich das Haus seines Freundes Anselmo, indem er dazu beitrug, das Fest so viel er nur konnte, fröhlich und prächtig zu machen; als aber die Hochzeit vorüber und sich die häufigen Besuche der Glückwünschenden vermindert hatten, fing auch Lotario an, bei unverminderter Liebe seine Besuche im Hause des Anselmo zu vermindern, weil er der Meinung war, wie dies alle Verständigen immer geglaubt haben, daß man in die Häuser der verheirateten Freunde nicht ebenso oft gehen dürfe, als wenn sie noch Junggesellen sind, denn wenn auch die wahre Freundschaft durchaus unverdächtig sein kann und muß, so ist doch die Ehre des Vermählten so empfindlich, daß sie sogar durch Brüder, geschweige durch Freunde verletzt werden kann. Anselmo bemerkte die Zurückgezogenheit Lotarios und beklagte sich sehr darüber; er sagte, daß, wenn er gewußt hätte, daß seine Heirat einen eingeschränkteren Umgang unter ihnen nach sich ziehen würde, er niemals diesen Schritt getan hätte. Wenn sie so innig verknüpft gewesen, solange er im ledigen Stande gelebt, daß man sie nur mit dem süßen Namen der beiden Freunde genannt habe, so könne er nicht zugeben, daß jetzt aus dieser einzigen Ursache dieser schöne und bedeutende Name untergehen solle, und daß er ihn darum als um eine Gnade bitte, wenn anders unter ihnen eine solche Sprache erlaubt sei, wieder der Herr in seinem Hause zu sein und wie sonst aus- und einzugehen, wobei er versicherte, daß seine Gattin Camilla keine andere Freude oder anderen Willen habe, als den er von ihr verlangte, und da sie wüßte, wie zärtlich sie sich liebten, sei sie selber über diese Kälte betroffen.
    Hierauf und auf vieles andere, was Anselmo dem Lotario sagte, um ihn zu bereden, wieder wie sonst sein Haus zu besuchen, antwortete derselbe so verständig und nachdrücklich, daß Anselmo an der guten Meinung seines Freundes nicht zweifeln konnte; sie kamen dahin überein, daß Lotario zweimal in der Woche und an den Festtagen bei ihnen essen sollte; aber obgleich dies verabredet war, so nahm sich

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