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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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hörten sie ihm vielmehr mit großem Vergnügen zu, und er fuhr auf folgende Weise fort: »Ich sage demnach, daß die Leiden des Studierenden folgende sind: vornehmlich Armut, nicht als ob sie alle arm wären, sondern ich setze diesen Fall nur als das möglichst größte Unglück voraus, und indem ich gesagt habe, daß er an der Armut leidet, brauche ich nach meiner Meinung kein weiteres Übelbefinden hinzuzufügen, denn wer arm ist, der hat kein anderes Gut, das ihm zu Gebote steht. Diese seine Armut fühlt er bald im Hungern, bald in der Kälte, bald in der Entblößung, bald in allem zugleich; aber doch ist sie nicht so groß, daß er nicht essen sollte, wenn er es auch etwas später als die übrigen tut, wenn es auch von den Überbleibseln der Reichen geschieht, denn das ist das große Elend der Studierenden, wenn sie nach fremden Brosamen gehen müssen, auch finden sie einen fremden Ofen oder Kamin, an dem sie sich, wenn auch nicht erwärmen, doch auftauen können, und endlich schlafen sie doch in der Nacht unter einem Dache. Des übrigen Mangels will ich gar nicht erwähnen, als der Mangel der Hemden ist und die Entbehrung der Schuhe, die Seltenheit und Fadenscheinigkeit der Kleider, noch daß sie sich vor übermäßiger Lust den Magen verderben, wenn sie das Glück irgendeinmal zu einem Schmause führt. Auf diesem beschriebenen, steilen und beschwerlichen Wege, indem sie hier straucheln, dort fallen, da wieder aufstehen und hier von neuem wieder stürzen, ersteigen sie den Gipfel, den sie wünschen, und so haben wir viele hinaufgelangen sehen, die auch durch diese Syrten, Szyllen und Charybden gewandert sind, von dem günstigen Glücke unterstützt; so haben wir sie nachher Befehl geben und von einem Stuhle die Welt beherrschen sehen, indem sie den Mangel in Überfluß, den Frost in Wohlleben, die Blöße in Schmuck, das Schlafen auf einer schilfenen Matte in Ruhen auf köstlichen und teuren Betten verwandelt haben, eine Belohnung, die sie mit Recht durch ihre Tugend verdienten. Vergleichen wir aber diese Leiden mit denen des Kriegers und stellen sie ihnen entgegen, so erscheinen sie bei weitem als die geringeren, wie man sogleich sehen wird.«

38. Kapitel

    Enthält die seltsame Rede, die Don Quixote über die Waffen und Wissenschaften hielt.
    Don Quixote sprach folgendermaßen weiter: »Da wir beim Studierenden seine Armut und ihre Folgen betrachtet haben, so wollen wir nun untersuchen, ob der Soldat reicher sei, und hier finden wir, daß die Armut selbst durchaus nicht ärmer sein könne; denn er ist an seinen elenden Sold gebunden, der spät, oft niemals ausgezahlt wird, oder daß er auf eigene Hand Beute zu machen sucht, wodurch er sein Leben und sein Gewissen in augenscheinliche Gefahr bringt. Oft ist er so ohne Kleider, daß ein abgetragenes Koller ihm zum Hemde und Mantel zugleich dient, und so muß er mitten im Winter die Unfreundlichkeiten des Himmels erfahren, indem er auf freiem Felde dasteht, mit nichts als dem Atem in seinem Munde, der aus einem leeren Raume hervorgeht, und also auch gewiß gegen alle Natur kalt sein muß. Aber nun kann er doch wenigstens auf die Ankunft der Nacht hoffen, um sich von allen diesen Unbequemlichkeiten in seinem Bette, das seiner wartet, zu erquicken, das gewiß, wenn es nicht durch seine Schuld geschehen, nicht zu enge aufgeschlagen ist; denn er darf wohl auf der Erde, so weit er nur mag, die Beine hinausstrecken und sich dreist hin und her wälzen, ohne zu befürchten, die Bettücher zu verderben. Nun kommt der Tag und die Stunde, die vornehmste Würde seines Handwerks zu erlangen, der Tag der Schlacht ist da, sie stopfen ihm Leinwand und Scharpie in den Kopf, um ihn zu verbinden, weil eine Musketenkugel ihm durch die Schläfen geschlagen hat, oder sie nehmen ihm einen Arm oder ein Bein ab, wenn dieses aber nicht geschieht und ihn der gütige Himmel gesund und lebendig erhält, so ist es möglich, daß er in derselben Armut bleibt, in welcher er sich erst befand, und so muß er noch ein zweites Treffen, ein anderes aushalten, und aus allen muß er als Sieger zurückkehren, um zu irgend etwas zu kommen; dieses Wunder aber ereignet sich nur in seltenen Fällen. Denn, Señores, habt ihr es wohl schon überlegt, wie klein die Anzahl derer ist, die der Krieg belohnt, gegen die gerechnet, die darin untergehen? Ihr werdet gewiß antworten, daß dieses keine Vergleichung zulasse, daß die Toten unzählbar, diejenigen aber, die belohnt und lebendig geblieben, leicht zu

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