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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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erhält, wodurch er Ursache gewesen, daß ein nichtswürdiger und feiger Arm einem tapferen Ritter das Leben rauben kann, daß, ohne zu wissen wie oder woher, im vollen Mut und Feuer, die die tapferen Seelen entzünden und begeistern, eine zufällige Kugel daherkommt, von einem abgeschossen, der vielleicht floh und sich vor dem Feuerblitze beim Abschießen des verfluchten Instrumentes entsetzte, und so in einem Augenblicke Gedanken und Leben desjenigen beendigt, der verdient hätte, ein langes Lebensalter zu genießen. Wenn ich dieses erwäge, so muß ich bekennen, daß es mich in der innersten Seele schmerzt, in diesem gegenwärtigen höchst verwünschten Zeitalter das Handwerk eines irrenden Ritters ergriffen zu haben, denn ob mir gleich keine Gefahr eine Furcht einjagt, so erregt mir der Gedanke doch immer Verdruß, daß Pulver und Blei mir die Gelegenheit nehmen können, mich durch die Gewalt meines Armes und die Schneide meines Schwertes auf der ganzen entdeckten Erde bekannt und berühmt zu machen. Doch mag alles geschehen, wie es dem Himmel gefällt, denn ich werde um so mehr geehrt sein, wenn ich meinen Vorsatz durchführe, indem mir noch größere Gefahren entgegentreten, als die irrenden Ritter in den verflossenen Zeitaltern zu bestehen hatten.«
    Diese ganze lange Vorrede sprach Don Quixote, während die übrigen zu Abend aßen, indes er ganz vergaß, einen Mundvoll in den Mund zu stecken, ob ihn gleich Sancho Pansa etliche Mal daran erinnert hatte, daß er essen möchte, weil er nachher noch Zeit genug habe, alles, was er nur wolle, zu sagen. Diejenigen, die ihm zuhörten, bedauerten es von neuem, daß ein Mann, der in allen übrigen Dingen so gescheit und verständig scheine, alle Vernunft gänzlich verliere, wenn er auf seine traurige und unglückselige Ritterschaft zu sprechen komme. Der Pfarrer sagte, daß er sehr recht in allem habe, was er zugunsten der Waffen behauptet, und daß er selber, obgleich Gelehrter und Graduierter, derselben Meinung sei.
    Man hatte abgegessen, und indes die Wirtin, ihre Tochter und Maritorne die Scheune des Don Quixote von la Mancha ein richteten, wo in der Nacht sich die Frauen allein aufhalten sollten, bat Don Fernando den Gefangenen, den Verlauf seines Lebens zu erzählen, weil dieses nicht anders als seltsam und unterhaltend sein könnte, wie man schon daraus schließen müsse, daß er in der Gesellschaft der Zorayda gekommen sei. Worauf der Gefangene antwortete, daß er gern diesem Befehl gehorchen wolle, nur fürchte er, seine Erzählung möchte nicht von der Beschaffenheit sein, daß sie das gewünschte Vergnügen davon haben könnten; dessenungeachtet aber wolle er dem Befehle nicht ungehorsam sein, sondern sie vortragen.
    Der Pfarrer und die übrigen dankten ihm deswegen und baten ihn von neuem, und da er so viele Bittende sah, sagte er, daß das Bitten unnötig sei, wenn der Befehl schon so vollgültig wäre: »Und deshalb hört mir aufmerksam zu, und vernehmt eine wahre Erzählung, der vielleicht keine erdichtete gleichkommt, wenn sie auch noch so seltsam und kunstreich zusammengesetzt ist.«
    Mit diesen Worten erregte er ihre Aufmerksamkeit um so mehr, und alle beobachteten ein großes Stillschweigen; und da er sah, daß sie auf seine Erzählung warteten, fing er mit einer angenehmen und sanften Stimme auf folgende Weise an.

39. Kapitel

    In welchem der Gefangene sein Leben erzählt.
    »In einem Orte der Leonischen Gebirge hat meine Familie ihren Ursprung genommen, gegen welche die Natur sich gütiger gezeigt hatte als das Glück, obgleich in der Dürftigkeit jener Flecken mein Vater immer noch für reich galt, und es auch gewesen wäre, wenn er sich dieselbe Mühe gegeben hätte, sein Vermögen zu erhalten, als er sich gab, es zu verlieren. Seine zu große Freigebigkeit rührte daher, daß er in seinen jüngsten Jahren Soldat gewesen war, denn der Soldatenstand ist eine Schule, in der der Knicker großmütig und der Großmütige Verschwender wird, und wenn es auch einige geizige Soldaten gibt, so sind sie wie Mißgeburten, die nur selten angetroffen werden.
    Mein Vater überschritt aber die Grenzen der Freigebigkeit und streifte in das Gebiet des Veschwendens, welches niemals für einen verheirateten Mann gut ist, der Kinder hat, die seinen Namen und sein Ansehen fortpflanzen sollen. Mein Vater hatte drei Kinder, alle drei Jünglinge, und alle schon in dem Alter, sich ihren Stand zu erwählen. Da nun mein Vater sah, daß es ihm unmöglich war, wie er sagte,

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