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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Gesinnung, bald umarmte der Auditor die Zorayda, bald bot er ihr sein Vermögen an, bald mußte sie seine Tochter umarmen, bald erneuerten die schöne Christin und die schönste Mohrin die Tränen in aller Augen. Don Quixote hatte alle diese seltsamen Begebenheiten aufmerksam beachtet, ohne ein Wort zu sagen, indem er alles den Schimären der irrenden Ritterschaft zuschrieb. Es wurde beschlossen, daß der Kapitän und Zorayda mit seinem Bruder nach Sevilla gehen und dem Vater von dem wiedergefundenen Befreiten Nachricht geben sollten, damit er bei der Hochzeit und Taufe der Zorayda zugegen sein könne, weil es dem Auditor nicht möglich war, seine Reise aufzuschieben, denn er hatte Nachricht bekommen, daß innerhalb eines Monats eine Flotte von Sevilla nach Neu-Spanien segeln würde, und es wäre ihm sehr nachteilig gewesen, diese Gelegenheit zu versäumen. Kurz, alle waren über diese glückliche Fügung für den Gefangenen vergnügt und voller Freude, und da die Nacht schon über die Hälfte verflossen war, beschloß man, beieinander zu bleiben und den übrigen Teil der Nacht zu ruhen.
    Don Quixote erbot sich, die Bewachung des Kastells auf sich zu nehmen, damit kein Riese oder ein anderer schlechtdenkender Schurke einen Angriff darauf tue, gierig nach dem großen Schatz der Schönheit, der im Kastelle verschlossen sei. Die ihn kannten, sagten ihm Dank und gaben dem Auditor von der seltsamen Grille des Don Quixote Nachricht, worüber er sich nicht wenig belustigte. Nur Sancho Pansa war überaus verdrießlich, daß man die Ruhe so lange aufschiebe, er richtete sich auch allein besser als alle übrigen ein, denn er lagerte sich auf dem Sattel seines Esels, was ihm aber teuer zu stehen kam, wie man hernach erfahren wird.
    Als die Damen sich in einem Gemache versammelt und die übrigen sich so gut eingerichtet hatten als es möglich war, ging Don Quixote aus dem Kastell hinaus, um die Schildwache abzugeben, wie er versprochen hatte.
    Es geschah hierauf, daß, als es nur noch wenig vor Tagesanbruch war, in die Ohren der Damen eine so volle und schöne Stimme erklang, daß alle gezwungen wurden, aufmerksam zuzuhören, vorzüglich Dorothea, die noch munter war, an deren Seite Donna Klara de Viedma schlief; denn so hieß die Tochter des Auditors. Keiner konnte sich vorstellen, wer es sein mochte, der so schön und ohne alle Begleitung eines Instrumentes sang. Bald schien der Gesang im Hofe und bald wieder aus dem Stalle zu kommen. Und indem sie noch in diesem Zweifel und sehr aufmerksam waren, näherte sich Cardenio der Tür des Gemaches und sagte: »Wer nicht schläft, höre zu, denn es läßt sich ein Maultierbursche mit einer solchen Stimme hören, daß sein Gesang ein wirklicher Zauberklang ist.«
    »Wir hören sie schon, Señor«, antwortete Dorothea. Hierauf ging Cardenio wieder zurück, und Dorothea horchte mit der größten Aufmerksamkeit, worauf sie folgendes vernahm.

43. Kapitel

    Enthält die anmutige Geschichte des Maultiertreibers nebst anderen seltsamen Begebenheiten, die sich in der Schenke zutrugen.
Von der Liebe bin ich Schiffer,
Fahr’ auf ihren tiefen Fluten
Ohne Hoffnung, zu erreichen
je des Hafens sich’re Buchten.
Ein Gestirn lenkt meine Wege,
Das von fern mir zeigt die Spuren,
Schöner und von hellerm Glanze
Als je sahen Palinure:
Nicht weiß ich, wohin es leitet,
In Verwirrung tief versunken,
Schaut die Seele dies nur brünstig,
Darauf ruhend ohne Ruhe.
Sprödigkeit, die ohne Grenzen,
Tugend, wie sonst nie gefunden
Sind die Wolken, die sehnsücht’gen Blicken
oftmals es verdunkeln.
Klar anleuchtendes Gestirne,
Läutern muß mich dein Gefunkel,
Und mein Tod muß mir erscheinen
Wie du völlig mir entschwunden.
    Als der Singende bis hierher gekommen war, fiel es Dorothea ein, daß es schade sei, wenn Klara eine so schöne Stimme nicht hören sollte, sie rüttelte sie also von einer Seite zur anderen, um sie zu ermuntern und sagte: »Vergib mir, mein Kind, daß ich dich aufwecke, ich tue es nur, damit du die lieblichste Stimme vernehmest, die du vielleicht zeit deines Lebens gehört hast.«
    Klara war noch halb im Traume und hörte zuerst nicht, was ihr Dorothea sagte, sie fragte sie daher, und jene wiederholte ihre Worte, worauf Klara aufmerksam wurde; aber kaum hatte sie zwei Verse vernommen, denn der Sänger fuhr weiter fort, als sie ein so heftiges Zittern befiel, als wenn sie an einem schweren Fieber darnieder läge. Sie umarmte Dorothea heftig und sagte: »Ach liebste, teuerste Señora! Warum

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