Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Darinel samt seinen Eklogen, mit den verteufelten und verruchten Bemerkungen des Verfassers, würde ich meinen leiblichen Vater zum Verbrennen hergeben, wenn er sich in Gestalt eines irrenden Ritters ertappen ließe.«
»Der Meinung bin ich auch«, sagte der Barbier. – »Ich ebenfalls«, rief die Nichte. – »Wenn es so ist«, sagte die Haushälterin, »wohl, mit allen in den Hof hinunter!« – Da es so viele waren und ihr die Treppe zu umständlich schien, so warf sie sie alle aus dem Fenster in den Hof hinab.
»Was ist das da für eine Tonne?« fuhr der Pfarrer fort. – »Dieser«, antwortete der Barbier, »ist Don Olivante de Laura.« – »Der Verfasser dieses Buches«, sprach der Pfarrer, »ist derselbe, der den Blumengarten geschrieben hat, und es läßt sich wirklich schwer entscheiden, in welchem von beiden Büchern er wahrhaftiger oder, um mich richtiger auszudrücken, weniger Lügner ist. Das ist aber zuverlässig, daß er wegen seiner Tollheit und Albernheit in den Hof wandern soll.«
»Was nun folgt«, sagte der Barbier, »ist der Florismarte von Hircania.« – »Ist der Herr Florismarte da?« versetzte der Pfarrer; »er muß wahrlich eiligst in den Hof hinunter, trotz seiner sonderbaren Geburt und seinen schimärischen Abenteuern, zu nichts anderem ist auch sein harter und trockener Stil zu brauchen. In den Hof mit ihm, zu den anderen, Frau Haushälterin.«
»Von Herzen, mein lieber Herr!« antwortete sie, und sehr behende richtete sie den Auftrag aus. – »Dies ist der Ritter Platir«, sagte der Barbier. – »Dies ist ein altes Buch«, sagte der Pfarrer, »und ich weiß keine Ursache, aus der er Verzeihung verdiente, also bringt es ohne Gnaden zu den übrigen.« – Es geschah sogleich.
Sie schlugen ein anderes Buch auf und fanden den Titel: Der Ritter des Kreuzes. »Wegen des heiligen Namens, den dieses Buch führt, könnte man ihm wohl seine Dummheit verzeihen, aber man sagt im Sprichworte, hinter dem Kreuze steckt der Teufel, und darum wandere er auch zum Feuer.«
Der Barbier nahm ein anderes Buch und sagte:
»Hier ist der Spiegel der Ritterschaft.« – »Ich kenne ihre Herrlichkeit wohl«, sagte der Pfarrer; »da findet sich der Herr Reinald von Montalban mit seinen Freunden und Spießgesellen, größerer Spitzbuben als Cacus, samt den zwölf Pairs und dem wahrhaftigen Geschichtschreiber Turpin; eigentlich verdienen diese nicht mehr als eine ewige Landesverweisung; denn sie sind zum Teil eine Erfindung des berühmten Mateo Boyardo, aus dem auch der tugendliebende Poet Lodovico Ariosto sein Gewebe anknüpfte: wenn ich diesen antreffe und er redet nicht seine Landessprache, so werde ich nicht die mindeste Achtung gegen ihn behalten, redet er aber seine eigentümliche Mundart, so sei ihm Hochschätzung.« – »Ich habe ihn italienisch«, sagte der Barbier, »aber ich verstehe ihn nicht.« – »Es wäre auch nicht gut, wenn Ihr ihn verständet«, antwortete der Pfarrer, »und wir hätten es gern dem Herrn Kapitän überlassen, ihn ins Spanische zu übersetzen und ihn zum Kastilianer zu machen. Er hat dabei auch viel von seiner eigentlichen Trefflichkeit nicht ausgedrückt, und eben das wird allen begegnen, die Poesien in eine andere Sprache übersetzen wollen, denn bei allem Fleiße und Geschicklichkeit, die sie anwenden und besitzen, wird der Dichter nie so wie in seiner ersten Gestalt erscheinen können. Ich meine, daß man dieses Buch und alle die sich noch von Begebenheiten Frankreichs vorfinden sollten, in einen trockenen Brunnen legen müßte, bis man besser überlegt, was man mit ihnen anfangen könne, wobei ich aber den Bernardo del Carpio und ein anderes Buch, Roncesvalles genannt, ausnehme, wenn mir diese in die Hände fallen, so werden sie sogleich der Haushälterin übergeben, die sie stracks ohne Barmherzigkeit dem Feuer überliefern soll.«
Alles dieses bestätigte der Barbier, er fand alles gut und unwidersprechlich, denn er wußte, daß der Pfarrer ein so guter Christ und ein so großer Freund der Wahrheit sei, daß er um die ganze Welt nicht anders sprechen würde. Er machte ein anderes Buch auf und sah, daß es der Palmerin de Oliva war, daneben stand ein anderes Buch, das Palmerin von England hieß; als diese der Lizentiat erblickte, sagte er: »Dieser eine Oliva muß sogleich verbrannt und seine Asche in alle Winde zerstreut werden, aber die Palme von England bewahre man gut und hebe dies als einziges Werk auf in einer ähnlichen Schachtel, wie
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