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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Gefahr zu erwägen, ohne selbst die Last seiner starken Rüstung abzulegen, sich Gott und seiner Dame empfiehlt, und so mitten in den kochenden See springt; er kann sich noch nicht sammeln und zu sich kommen, als er sich auf blumenreichen Feldern befindet, mit denen die elyseischen Gefilde selbst keinen Vergleich aushalten. Der Himmel scheint hier heller zu leuchten, die Sonne strahlt mit neuem Glanz hernieder, den Augen zeigt sich eine anmutige Flur, mit grünen, schön belaubten Bäumen besetzt, die das Auge mit ihrem Grün ermuntern, das Ohr vernimmt den süßen, lieblichen Gesang von tausend kleinen bunten Vöglein, die durch die verworrenen Zweige schwärmen. Hier sieht er einen Bach, dessen Wogen wie flüssiges Kristall über reinen Sand und glänzende Steine rinnen, die dem geläuterten Golde und reinen Perlen gleichen. Doch zeigt sich ein künstlicher Springbrunnen, aus buntem Jaspis und poliertem Marmor zusammengefügt, hier eine geschmückte Grotte, wo zierliche Muscheln und weiße, gewundene Schneckenhäuser, in geordneter Unordnung gefaßt, mit Stücken glänzenden Kristalls vermischt sind; diese, mit nachgeahmten Smaragden vermengt, stellen eine so mannigfaltige Arbeit dar, daß die Kunst, die hier die Natur nachahmt, sie zu übertreffen scheint. Plötzlich zeigt sich ein starkes Kastell oder eine herrliche Festung, deren Mauern von geschlagenem Golde sind, die Zinnen von Diamanten, die Tore von Hyazinthen, und alles ist so wundervoll zusammengesetzt, daß, wenn auch der Stoff, aus welchem es gebaut ist, nichts als Diamanten, Karfunkeln, Rubinen, Perlen, Gold und Smaragden ist, die Arbeit daran doch noch den äußeren Wert übertrifft; und wenn dies gesehen worden, was kann man Herrlicheres erblicken, als wenn aus den Toren des Kastells ein Zug von Jungfrauen herauskommt, deren glänzenden und prachtvollen Anzug ich nie genug schildern könnte, wenn ich hierin ganz der Historie folgen wollte? Diejenige, die die vornehmste von allen scheint, nimmt den kühnen Ritter sogleich bei der Hand, der sich in den brennenden See gestürzt hatte, und führt ihn, ohne ein Wort zu sprechen, in das köstliche Schloß oder Kastell hinein. Hier wird er ganz entkleidet, daß er so nackt ist, wie ihn seine Mutter geboren, mit lauem Wasser gebadet und mit schön duftenden Salben gesalbt, dann wird er mit einem Hemd vom feinsten Zindel bekleidet, das Wohlgeruch duftet, alsbald erscheint eine zweite Jungfrau und hängt ihm einen Mantel um die Schultern, der wohl eine Stade und noch mehr wert ist. Wie herrlich ist es, wenn uns nun erzählt wird, daß man ihn in einen anderen Saal führt, wo er den Tisch mit solcher Pracht gedeckt findet, daß er in Erstaunen gerät? Wenn ihm nun Wasser über die Hände gegossen wird, das aus Ambra und wohlriechenden Blumen destilliert ist? Wie wenn er nun auf einem elfenbeinernen Stuhl sitzt? Wenn ihm dann alle Jungfrauen aufwarten, wobei sie ein wunderbares Stillschweigen beobachten? Wenn ihm dann so mannigfaltige Speisen vorgesetzt werden, die so schmackhaft zubereitet sind, daß er vor Lüsternheit nicht weiß, wozu er greifen soll? Wobei eine Musik ertönt, indem er speist, ohne daß er weiß, wer singt oder woher sie kommt? Und wie, wenn nun die Mahlzeit vollendet und die Speisen abgetragen sind, der Ritter auf seinem Stuhle sitzenbleibt und sich vielleicht die Zähne stochert, wie es wohl gebräuchlich ist, und dann durch die Tür des Saales eine andere, überaus schöne Jungfrau hereintritt, sich zur Seite des Ritters niedersetzt und ihm von dem Eigentümer des Kastells Nachricht gibt, und wie sie in demselbigen bezaubert sei, nebst anderen Dingen, die den Ritter höchlich in Erstaunen und jeden Leser, der die Historie liest, in Verwunderung setzen? Ich will hierüber nicht weitläufiger sein, denn hieraus kann man schon abnehmen, daß alles, was in der Geschichte eines solchen irrenden Ritters vorkommt, jedem, der es liest, großes Entzücken und Verwundern erregt; und glaubt mir nur, mein Herr, wie ich Euch schon vorher gesagt habe, daß Ihr diese Bücher lesen müßt, und Ihr werdet sogleich sehen, daß sie Euch alle Melancholie zerstreuen, wenn Ihr derselben unterworfen seid, auch werden sie Euren Charakter verbessern, wenn der Eurige nicht der beste sein sollte. Von mir kann ich rühmen, daß, seitdem ich irrender Ritter bin, ich tapfer, artig, freigebig, von feinen Sitten bin, edelmütig, höflich, keck, sanft, geduldig, mich fügend in Leiden, Gefangenschaft und Bezauberung, und

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