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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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ob ich mich gleich jetzt als ein Narr in diesem Käfig eingeschlossen befinde, so denke ich doch durch die Tapferkeit meines Armes, wenn mich anders der Himmel begünstigt und das Glück mir nicht entgegen ist, mich in wenigen Tagen als König eines Reiches zu erblicken, wo ich den Edelsinn und die Großmut meines Herzens alsdann beweisen kann; denn auf meine Ehre, mein Herr, der Arme kann durchaus seinen edlen Sinn nicht beweisen, wenn er auch der Großmütigste ist, und die Dankbarkeit, die nur im Vorsatze besteht, ist tot, wie der Glaube ohne Werke erstorben ist. Eben deshalb wünschte ich, daß mir das Schicksal baldigst die Gelegenheit verschaffen möchte, irgendwo Kaiser zu werden, um mein edles Herz zu zeigen, indem ich meinen Freunden wohltue, vorzüglich diesem armen Sancho Pansa, meinem Stallmeister, welcher der bravste Mensch von der Welt ist, und dem ich gar gern eine Grafschaft geben möchte, die ich ihm schon seit langem versprochen habe, nur fürchte ich, daß er nicht Geschicklichkeit genug besitzt, seinen Staat zu regieren.«
    Kaum hörte Sancho die letzten Worte seines Herrn, als er sagte: »Sorgt nur, Herr Don Quixote, dafür, daß Ihr mir die versprochene Grafschaft gebt, worauf ich schon gehofft habe, denn ich verspreche, daß es mir nicht an Geschicklichkeit mangeln soll, sie zu regieren; geht mir das auch ab, so habe ich ja sagen hören, daß es Leute in der Welt gibt, die die Herrschaften der vornehmen Herren in Pacht nehmen und ihnen jährlich was Gewisses geben. Diese besorgen dann die Regierung, und der Herr sitzt ruhig da und verzehrt seine Renten, ohne sich um was anderes zu kümmern. So will ich es auch machen, ich will mir darüber keine grauen Haare wachsen lassen und mich gleich alles anderen entschlagen, meine Rente wie ein Herzog verzehren, und dann mögen sie machen, was sie wollen.«
    »Dies, Bruder Sancho«, sagte der Kanonikus, »versteht sich nur vom Verzehren der Rente; was aber die Pflege der Gerechtigkeit betrifft, das muß der Herr der Herrschaft selber verstehen, und dabei kommt es auf Geschicklichkeit und scharfen Verstand an, vorzüglich aber auf den guten Willen; denn wenn dieser nicht die Hauptsache ist, so gehen auch alle Nebensachen schief, Gott pflegt auch den guten Willen der Einfältigen zu begünstigen und dem bösen der Verständigen entgegenzustreben.«
    »Ich weiß von dieser Philosophie nichts«, antwortete Sancho Pansa, »ich weiß nur, daß, sobald ich meine Grafschaft habe, ich sie auch schon regieren werde; denn ich habe eine Seele so gut wie andere und einen Leib trotz einem, und ich will in meinem Reiche ein König sein, wie jeder andere nur sein kann, und wenn ich das bin, so tue ich, was ich will, und wenn ich tue, was ich will, so geht alles nach meinem Kopfe, und wenn alles nach meinem Kopfe geht, so ist mir alles recht, und wenn mir alles recht ist, so habe ich nichts mehr zu wünschen, und wenn ich nichts mehr zu wünschen habe, so ist es gut, und der Staat mag laufen, und Gott befohlen, bis wir uns wiedersehen, wie ein Blinder zum anderen sagte.«
    »Diese Philosophie, Sancho, ist nicht zu verachten, aber es bleibt noch sehr viel über diesen Text hinsichtlich der Grafschaft zu sagen.«
    Worauf Don Quixote versetzte: »Ich weiß nicht, was man noch weiter darüber sagen könnte; ich folge hierin bloß dem Beispiel, welches mir der große Amadis von Gallia gegeben hat, der seinen Stallmeister zum Grafen der festen Insel machte, also kann ich auch ohne Gewissensskrupel Sancho Pansa zu einem Grafen machen, denn er ist einer der besten Stallmeister, die nur je einem irrenden Ritter gedient haben.«
    Der Kanonikus verwunderte sich über den zusammenhängenden Unsinn, den Don Quixote sprach (wenn anders im Unsinn ein Zusammenhang sein kann), über die Art, mit der er ihm das Abenteuer des Ritters vom See geschildert hatte, über den Eindruck, den das Lesen der erdichteten Lügen auf ihn gemacht hatte, und endlich auch über die Narrheit des Sancho, der mit so großem Eifer nach der Grafschaft trachtete, die ihm sein Herr versprochen hatte.
    Indem kamen die Diener des Kanonikus zurück, die aus der Schenke den Küchenesel abgeholt hatten; sie breiteten einen Teppich über das grüne Gras der Wiese, und hierauf setzte man sich in den Schatten einiger Bäume und aß, damit der Ochsentreiber die Gelegenheit dieses Ortes benutzen könnte.
    Indem sie noch aßen, hörten sie ein Lärmen und den Ton eines Glöckchens, das aus der Dunkelheit einiger grünen

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