Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
Wunsch las, und er so höflich war, daß er gern jedermann Vergnügen machte, so kam er jenem, ehe er noch gefragt hatte, entgegen und sagte: »Diese Gestalt, die mein Herr an mir sieht, ist so neu und so entfernt von denen, die man gewöhnlich sieht, daß ich nicht erstaunen würde, wenn sie Euch in Erstaunen gesetzt hätte. Ihr werdet es aber nicht mehr sein, wenn ich Euch sage, wie ich es jetzt sage, daß ich ein Ritter bin von denjenigen, von denen die Leute zu sagen pflegen, daß sie auf ihre Abenteuer ziehen. Ich habe mein Vaterland verlassen, mein Vermögen verpfändet, mein Wohlleben aufgegeben und mich in die Arme des Glücks geworfen, daß es mich hinführe, wohin es nur mag. Ich will nämlich die schon verstorbene irrende Ritterschaft wieder erwecken; und seit lange schon, indem ich hier stolpere, dort falle, hier herunterstürze und mich an jener Stelle wieder erhebe, habe ich einen großen Teil meines Vorhabens durchgesetzt; Witwen beigestanden, Jungfrauen geholfen, Eheweibern genützt, nicht minder den Verwaisten und Unmündigen: die natürlichen und eigentlichen Geschäfte der irrenden Ritter; und so habe ich es durch meine tapferen, vielen und christlichen Taten verdient, mich schon im Druck bei allen, oder doch den meisten Nationen der Welt zu befinden. Dreißigtausend Bände sind von meiner Historie gedruckt, und es ist Aussicht, daß diese dreißigtausend noch zu tausendmalen werden gedruckt werden, wenn es der Himmel nicht verhindert. Kurz, um alles in wenige, oder in ein einziges Wort einzuschließen, so vernehmt, daß ich Don Quixote von la Mancha bin, mit einem anderen Namen genannt der Ritter von der traurigen Gestalt; und obgleich eigenes Lob herabwürdigt, so bin ich doch zuweilen gezwungen, das meinige auszusprechen, in dem Falle nämlich, wenn kein anderer zugegen ist, der es sagen könnte. Also, mein edler Herr, muß Euch weder dieses Pferd, noch diese Lanze, noch dieser Schild, noch Schildknapp, noch diese ganze Rüstung, noch mein bleiches Gesicht, noch mein eingefallener Körper ferner in Verwunderung setzen, da Ihr nun wißt, wer ich bin und zu welchem Handwerke ich mich bekenne.«
    Hiermit schwieg Don Quixote. Der Grüne aber, indem er zögerte, schien ungewiß, was er antworten solle; nach geraumer Zeit aber sagte er: »Ihr habt, Herr Ritter, aus meinem Erstaunen meinen Wunsch ganz richtig erraten; aber Ihr habt es nicht erreicht, mir meine Verwunderung zu benehmen, die Euer Anblick bei mir erregte. Denn ob Ihr gleich, mein Herr, gesagt habt, daß im Augenblicke, wenn ich erführe, wer Ihr seid, alles Erstaunen aufhören würde, so ist doch dem nicht so gewesen, sondern nachdem ich dieses weiß, bin ich noch weit mehr verwundert und erstaunt. Wie, ist es denn nur möglich, daß es heutzutage irrende Ritter in der Welt gibt, und daß es gedruckte Historien von wahrhaftigen Rittertaten geben soll? Ich kann mir nicht vorstellen, daß es heutzutage einen auf Erden geben könnte, der Witwen beschützte, Jungfrauen hülfe, Eheweiber ehrte und Waisen beistände; und ich würde es niemals geglaubt haben, wenn ich es nicht in Euer Gnaden mit meinen eignen Augen gesehen hätte. Nun, gesegnet sei der Himmel, daß die Historie, die, wie Ihr sagt, von Euren erhabenen und wahrhaftigen Rittertaten im Druck erschienen ist, jene unzähligen von erdichteten irrenden Rittern in Vergessenheit bringen wird, mit denen die Welt angefüllt war, sowohl zum Nachteil der guten Sitten als zur Schande und Beschimpfung der wirklichen Historien.«
    »Darüber wäre viel zu sagen«, antwortete Don Quixote, »ob die Historien der irrenden Ritter erdichtet sind oder nicht.«
    »Und wer zweifelt daran«, antwortete der Grüne, »daß diese Historien falsch sind?«
    »Ich zweifle daran«, antwortete Don Quixote, »und fürs erste bleibe es dabei; denn wenn unsere Reise länger dauert, so hoffe ich zu Gott, Euch zu überzeugen, wie übel Ihr tut, mit dem Strome zu schwimmen mit allen denjenigen, welche es für ausgemacht halten, daß sie nicht wahr sind.«
    Wegen dieser letzten Rede Don Quixotes geriet der Reiter auf den Argwohn, daß Don Quixote wohl ein Dummkopf sein möchte; deshalb gab er acht, ob andere Merkmale dies bestätigen würden. Ehe sie aber auf ein anderes Gespräch gerieten, bat ihn Don Quixote, ihm zu sagen, wer er sei, da er ihm seinen Stand und seine Lebensweise beschrieben habe.
    Worauf der vom grünen Mantel antwortete: »Ich, Herr Ritter von der traurigen Gestalt, bin ein Edelmann, in dem Orte

Weitere Kostenlose Bücher