Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
mit dem Tode bestrafen wolle, sondern auf eine andere, langsamere Art, die uns auf immer einen bürgerlichen Tod zuzöge. Und in demselben Augenblicke, als er dieses gesagt hatte, empfanden wir alle, wie sich die Poren unseres Gesichts ausdehnten und daß es uns allenthalben wie mit Nadeln stach; gleich fuhren wir mit der Hand nach dem Gesichte und fanden uns in der Beschaffenheit, welche ihr jetzt sehen sollt.« Und zugleich schlugen die Schmerzenreich sowie die übrigen Dueñas, ihre Schleier zurück, mit denen sie verhüllt waren, und zeigten ihre Gesichter alle mit Bärten bedeckt, einige rot, einige schwarz, andere weiß und andere scheckig, über welchen Anblick der Herzog und die Herzogin ihre Verwunderung bezeigten, Don Quixote und Sancho erschraken und alle übrigen erstaunt waren; die Dreischleppina aber fuhr fort: »Auf diese Weise bestrafte uns der erbärmliche, niederträchtige Mensch Malambruno, indem er die Zartheit und Frische unserer Angesichter mit diesen rauhen Borsten bedeckte; o hätte doch der Himmel gewollt, daß er uns lieber mit seinem ungeheueren Säbel die Häupter heruntergeschlagen hätte, und nur nicht das getan, daß er so den Glanz unseres Antlitzes verfinsterte mit diesem Gestrüppe, welches uns bedeckt; denn wenn wir auf den Punkt zu sprechen kommen, meine Gnädigen (und das, was ich jetzt sagen will, möchte ich wohl mit Tränenströmen aus meinen Augen begleiten, aber die Erwägung unseres Unglückes und die Meere, die diese Augen bisher schon geregnet haben, machen, daß sie ohne Wasser und trocken sind, und daher muß ich es ohne Tränen sagen), ich sage also, an wen soll sich wohl eine Dueña mit einem Barte wenden? Welcher Vater oder welche Mutter wird teil an ihr nehmen? Wer wird ihr Hilfe leisten? Denn, wenn schon eine ebene Haut und ein Gesicht mit tausend Salben und Schminken gemartert, kaum einen findet, der es ausstehen mag, was wird erst geschehen, wenn das Antlitz in eine Waldung verwandelt ist? O Dueñas, ihr meine Gefährten! in einer unglückseligen Stunde sind wir geboren, an einem schlimmen Tage haben uns unsere Eltern gezeugt!« Und indem sie diese Worte sprach, fiel sie in Ohnmacht.
40. Kapitel
Dinge, welche dieses Abenteuer und diese merkwürdige Geschichte betreffen und ihnen angehören.
Wahrhaft und in der Tat müssen alle diejenigen, die an dergleichen Historien, wie diese ist, Vergnügen finden, dem Cid Hamete, ihrem ersten Autor, verbunden sein wegen der Genauigkeit, mit der er uns auch die kleinsten Umstände derselben erzählt, ohne auch das Geringste auszulassen, was er nicht in ein bestimmtes Licht stellte. Er schildert die Gedanken, malt die Einbildungen, beantwortet die stillschweigenden Einwürfe, klärt die Zweifel auf, entwickelt das Vorbereitete und läßt uns, mit einem Wort, das Innerste des höchst künstlichen Planes entdecken. O berühmtester Autor! O glücklicher Don Quixote! O gepriesene Dulcinea! O lustiger Sancho Pansa! Mögt ihr zusammen und jeder einzeln durch unzählige Zeiten leben, um das Ergötzen und der Zeitvertreib aller Lebenden zu bleiben!
Die Geschichte fährt fort, daß Sancho, sowie er die Schmerzenreich in Ohnmacht fallen sah, ausrief: »Das beschwöre ich als ein ehrlicher Mann, und bei allen Pansas, die in den vorigen Zeitaltern gelebt haben, daß ich niemals gehört noch gesehen, noch mein Herr mir erzählt hat, oder ihm nur etwas in die Gedanken gekommen ist, was diesem Abenteuer da ähnlich wäre. Ei du verteufelter Satansmensch (um dir nicht ärger zu fluchen) von Zauberer und Riese Malambruno! Also wußtest du gar keine andere Strafe für die armen Sünder da, als sie so zu bebarten? Wie, wäre es denn nicht besser gewesen und hätten sie nicht ihre Rechnung besser dabei gefunden, wenn du ihnen die Hälfte der Nase heruntergeschnitten hättest, so daß sie hätten schnüffeln müssen, als daß du ihnen Bärte angemacht hast? Ich will wetten, daß sie nicht einmal Geld haben, sich rasieren zu lassen.«
»So ist es auch, lieber Herr«, antwortete eine von den zwölfen, »wir haben kein Geld, uns reinigen zu lassen, und daher sind einige von uns auf ein gemeines Mittel gefallen, sich nämlich des Peches oder der Pechpflaster zu bedienen und diese auf das Gesicht zu legen, worauf sie sie plötzlich abreißen und so glatt und schier sind wie der Kolben einer steinernen Mörserkeule; denn wenn es auch in Candaya Weiber gibt, die von Haus zu Haus gehen, um Haare auszuziehen und Augenbrauen zu ordnen oder andere
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