Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Boten sehen, denn es sei ein Junge wie eine goldene Fichte, der noch ein anderes Geschenk bei sich habe, das wohl mehr als noch einmal soviel wert sei. Der Pfarrer nahm die Korallen vom Halse, betrachtete sie und betrachtete sie wieder, und da er sich versichert hatte, daß sie echt waren, verwunderte er sich von neuem und sagte: »Bei meinem Amte, ich weiß nicht, was ich sagen, noch was ich von diesen Briefen und diesen Geschenken denken soll: auf der einen Seite sehe ich die Echtheit dieser Korallen und auf der anderen lese ich, daß eine Herzogin bittet, man möchte ihr zwei Dutzend Eicheln schicken.«
»Bringe mir einer einmal diese Rechnung heraus!« sagte hierauf Carrasco; »also dann kommt, daß wir den Überbringer dieses Schreibens sehen, daß wir über die Unbegreiflichkeit näher nachfragen, die wir nicht verstehen können.«
Sie taten es, und Therese kehrte mit ihnen um. Sie fanden den Pagen, indem er für sein Pferd etwas Hafer schwang, und Sanchica, die ein Stück Schinken herunterschnitt, um es mit Eiern zu backen und es dem Pagen zu essen zu geben, dessen Äußeres und guter Anzug beiden sehr gefiel. Nachdem sie sich gegenseitig höflich begrüßt hatten, bat ihn Simson, ihnen sowohl Nachrichten von Don Quixote als von Sancho Pansa mitzuteilen, denn sie hätten zwar die Briefe des Sancho und der Frau Herzogin gelesen, wären aber noch immer im unklaren und könnten nicht begreifen, was es mit der Statthalterschaft des Sancho auf sich habe, vollends über eine Insel, da doch alle oder die meisten, die im Mittelländischen Meere lägen, Seiner Majestät zugehörten.
Worauf der Page antwortete: »Daß der Herr Sancho Pansa Statthalter sei, leidet keinen Zweifel, ob es aber eine Insel ist oder keine, die er regiert, darauf will ich mich nicht einlassen; genug, daß es ein Ort ist, der mehr als tausend Einwohner enthält. Was aber die Eicheln betrifft, so muß ich sagen, daß meine Herzogin so gnädig und herablassend ist, daß es nicht auffällt, wenn sie zu einer Bauernfrau schickt und sie um Eicheln bittet, es hat sich wohl getroffen, daß sie einmal zu einer Nachbarin geschickt hat, um von ihr einen Kamm zu borgen; denn ihr müßt wissen, meine Herren, daß die Damen in Arragon, wenn sie auch noch so vornehm sind, sich nicht so zeremoniös und stolz wie die kastilianischen Damen betragen, sondern sie behandeln alle Leute mit mehr Herablassung.«
Mitten in diesem Gespräch kam Sanchica mit etlichen Eiern herbei und fragte den Pagen: »Sagt mir doch, lieber Herr, trägt denn mein Herr Vater vielleicht angenestelte Hosen, seitdem er Statthalter ist?«
»Ich habe darauf nicht achtgegeben«, antwortete der Page, »aber er trägt sie ohne Zweifel.«
»Ach du lieber Gott!« versetzte Sanchica, »o wie muß das das Herz erquicken, meinen Vater mit Pluderhosen zu sehen! Ist es nicht recht wunderbar, daß ich, seit ich auf der Welt bin, das schrecklichste Verlangen habe, meinen Vater in angenestelten Hosen zu sehen?«
»Und wie wird ihn das gnädige Fräulein mit diesen Dingen sehen!« antwortete der Page; »meiner Seel’, er legt es darauf an, mit einer hohen Mütze zu reisen, wenn seine Statthalterschaft nur zwei Monate dauert.«
Der Pfarrer und der Bakkalaureus sahen wohl, daß der Page sie nur zum besten hatte; aber die Feinheit der Korallen und das Jagdkleid, welches Sancho schickte (denn Therese hatte ihnen dieses schon gezeigt), machte sie immer wieder irre; sie mußten aber über Sanchicas Wunsch lachen, noch mehr aber, als Therese sagte: »Herr Pfarrer, behört Euch doch, ob es hier nicht einen gibt, der nach Madrid geht oder nach Toledo, daß er mir einen runden Reifrock kauft, recht und gerecht, nach der Mode und so schön man ihn nur haben kann, denn meiner Seel’, ich will der Statthalterschaft meines Mannes, soviel ich nur immer kann, Ehre machen und, ja, ja, es kann mir wohl gar einfallen, daß ich an unseren Hof gehe und mir eine Kutsche anschaffe wie alle anderen, denn die einen Statthalter zum Manne hat, kann das wohl durchsetzen und auf sich wenden.«
»Das wollt’ ich glauben!« sagte Sanchica, »wollte Gott, daß das doch lieber heute als morgen geschähe, wenn auch alle, die mich mit meiner Frau Mutter in der Kutsche sitzen sähen, sagen sollten: ›Ei, seht doch das Ding an, die Tochter von einem Knoblauchsfresser, wie sie dasitzt und sich in der Kutsche reckt, als wenn sie eine Päpstin wäre.‹ Aber mögen sie im Dreck laufen, wenn ich in meiner Kutsche sitze und die Beine
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