Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
mit einem goldenen Gehenke; ich wünschte, daß es orientalische Perlen wären, aber wer dir ein Brot schenkt, wünscht wenigstens deinen Tod nicht; es wird eine Zeit kommen, in der wir mehr Bekanntschaft und Mitteilung voneinander haben werden, und Gott weiß, was geschieht. Empfehlt mich Sanchica, Eurer Tochter, und sagt ihr von mir, daß sie sich bereit halten könne, denn ich will sie vornehm verheiraten, wenn sie am wenigsten daran denkt. Ihr sollt in Eurem Dorfe große Eicheln haben, schickt mir doch ein oder zwei Dutzend, denn ich werde sie sehr schätzen, da sie von Eurer Hand kommen, und schreibt mir weitläufig, ob Ihr wohl seid und wie es Euch geht, denn wenn Ihr etwas nötig habt, so braucht Ihr nur den Mund aufzutun, und man wird Euch den Mund sogleich vollmachen. Und Gott möge mir Euch erhalten. Von hier,
Eure Freundin, die Euch von ganzer Seele liebt,
die Herzogin«
»Ei!« sagte Therese, als sie den Brief gehört hatte, »o was ist das für eine liebe, was für eine umgängliche, was für eine herablassende Dame! Ja, für solche Damen will ich durchs Feuer laufen; aber dagegen die Edelfrauen, wie sie hier im Orte Mode sind, die meinen, daß, weil sie von Adel sind, sie kein Lüftchen anwehen soll, die mit solcher Pracht in die Kirche kommen, als wenn sie gekrönte Königinnen wären; ist es doch nicht anders, als wenn sie es sich für eine Schande hielten, eine Bauernfrau nur anzusehen. Da sehe mir aber nur einer diese vortreffliche Dame, die doch eine Herzogin ist und mich ihre Freundin nennt, und mit mir wie mit ihresgleichen umgeht; o könnte ich sie doch so hoch sehen wie den allerhöchsten Kirchturm, den es in ganz la Mancha gibt! Und was die Eicheln anbetrifft, lieber Herr, so will ich der gnädigen Frau eine ganze Metze schicken, denn man hat sie hier so groß, daß sie sich sehen lassen dürfen, denn es ist zum Verwundern. Und nun, Sanchica, sorge gleich für den Herrn, sieh nach seinem Pferde und nimm im Stalle Eier aus und schneide ein rechtschaffenes Stück Schinken ab und gib ihm zu essen wie einem Prinzen, denn die guten Nachrichten, die er uns gebracht hat, sowie sein allerliebstes Gesichtchen verdienen das Beste, ich will indessen gehen und meinen Nachbarinnen die Zeitung von unserem Glück erzählen, auch dem alten Herrn Pfarrer und dem Meister Niklas, dem Barbier, denn sie sind immer große Freunde von deinem Vater gewesen.«
»Gut, Mutter«, antwortete Sanchica; »aber gebt mir nur die Hälfte von dieser Schnur, denn ich halte die gnädige Herzogin doch für keine solche Närrin, daß sie sie Euch ganz geschickt haben sollte.«
»Sie ist ganz für dich, Kind«, antwortete Therese, »aber laß sie mich nur etliche Tage am Halse tragen, denn ich muß gestehen, daß sie mir das Herz erfreut.«
»Ihr werdet Euch auch erfreuen«, sagte der Page, »wenn Ihr das Paket sehen werdet, das ich in diesem Mantelsacke habe, worin ein Kleid vom feinsten Tuch ist, welches der Statthalter nur einen Tag auf der Jagd getragen hat und das er ganz der Señora Sanchica schickt.«
»Daß er doch tausend Jahre lebe«, antwortete Sanchica, »und der nicht weniger, der es mir gebracht hat, und wenn es auch zweitausend Jahre sein müßten.«
Therese ging nun mit den Briefen und mit der Schnur um den Hals aus dem Hause, indem sie immer auf die Briefe schlug, als wenn sie eine Handtrommel gewesen wären, so begegnete ihr von ungefähr der Pfarrer und Simson Carrasco, sie fing an zu springen und sagte: »Meiner Seel’, aus ist es mit der Armut, wir haben ein Statthalterschaftchen! Ja, ja, nun soll mir nur eine Adlige kommen, wenn sie auch noch so hoch aufgestutzt ist; ich will ihr schon den Kopf zurechtsetzen!«
»Was ist das, Therese Pansa! Welche Torheiten sind das, und was sind dieses für Papiere?«
»Keine Torheit weiter, als daß das Briefe von Herzoginnen und Statthaltern sind, und was ich um den Hals habe, sind herrliche Korallen, die Ave Marias und die Paternosters sind von geschlagenem Golde, und dann bin ich eine Statthalterin.«
»Gott mag uns helfen, wir verstehen Euch nicht, Therese, wir wissen nicht, was Ihr sprecht.«
»So könnt ihr es hier sehen«, antwortete Therese und gab ihnen die Briefe. Der Pfarrer las sie laut, daß Simson Carrasco sie hören konnte, und Simson und der Pfarrer sahen sich einander an, voll Erstaunen über das, was sie gelesen hatten; und der Bakkalaureus fragte, wer diese Briefe gebracht habe. Therese antwortete, sie möchten mit ihr nach Hause kommen und den
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