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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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erfuhr es aber nicht, sondern da das Gelärme der Stimmen und der Glocken sich noch durch unzählige Trommeln und Trompeten vermehrte, wurde er nur noch verwirrter und voller Furcht und Schrecken. Er stand auf, zog ein Paar Pantoffel wegen des feuchten Bodens über die Füße, und ohne einen Schlafrock oder irgend etwas anderes überzuwerfen, trat er in dem Augenblick an die Tür seines Zimmers, als er von den Gängen mehr als zwanzig Menschen auf sich zukommen sah, die alle brennende Fackeln in den Händen hatten und mit bloßen Schwertern bewaffnet, ihm alle mit einem Male laut zuschrien: »Krieg, Krieg, Herr Statthalter, Krieg, denn unzählige Feinde sind in die Insel eingedrungen, und wir sind verloren, wenn Eure Klugheit und Tapferkeit uns nicht errettet.«
    Mit solchem Lärmen, Toben und Aufruhr drangen sie auf Sancho ein, der erstaunt dastand und selber nicht wußte, was er sah oder hörte, und als sie zu ihm gekommen waren, sagte einer zu ihm: »Waffnet Euch eiligst, gnädiger Herr, wenn Ihr nicht wollt, daß Ihr und mit Euch die ganze Insel verlorengeht.«
    »Wie soll ich mich waffnen?« antwortete Sancho, »oder was weiß ich von Waffen oder von Erretten? Diese Dinge wären besser für meinen Herrn Don Quixote, der sie im Umsehen vollenden und zustande bringen würde; aber ich armes unschuldiges Kind verstehe von allem diesen Spektakel kein Wörtchen.«
    »Ha, Herr Statthalter«, rief ein anderer, »welche Saumseligkeit ist dies! Bewaffnet Euch nur schnell, denn hier haben wir sowohl Schutz- wie Trutzwaffen, führt uns heraus und seid unser Feldherr, denn Euch kommt dieses Amt ohne Zweifel zu, da Ihr unser Statthalter seid.«
    »Nun, so bewaffnet mich in Gottes Namen«, versetzte Sancho; und alsbald nahmen sie auch zwei große Schilde, die sie zu dem Endzwecke mitgebracht hatten, und legten sie ihm über dem Hemde an, ohne ihm eine andere Kleidung unterzuziehen, ein Schild vorn und das andere hinten, und durch einige Löcher, die sie hineingeschlagen hatten, steckten sie seine Arme und banden ihn mit Stricken so fest, daß er ganz eingeschnürt und eingemauert aufrecht wie ein Pfahl dastand, ohne die Knie rühren oder einen einzigen Schritt tun zu können; sie gaben ihm eine Lanze in die Hand, auf welche er sich stützte, um sich aufrechtzuerhalten. Als sie ihn so hatten, sagten sie zu ihm, er möchte nun gehen, sie anführen und alle anfeuern, denn er sei ihr Leitstern, ihre Laterne und ihr Licht, so daß sie ihre Händel wohl auf das beste schlichten würden.
    »Wie soll ich gehen, ich geschlagener Mann«, antwortete Sancho, »da ich die Kniescheibe nicht zu rühren vermag, sowie diese Bretter mich hindern, an die ich mit dem Leibe so fest angeschnürt bin? Das einzige Mögliche ist, daß ihr mich auf den Armen forttragt und mich in der Quere oder aufrecht an eine Pforte hinstellt, die ich entweder mit dieser Lanze oder mit meinem Leibe behaupten will.«
    »Frisch auf, Herr Statthalter«, sagte ein anderer, »denn die Furcht hindert Euch mehr am Gehen als diese Bretter; macht fort und führt uns an, denn es ist die höchste Zeit, die Feinde nehmen zu, das Geschrei vermehrt sich und die Gefahr ist aufs äußerste gekommen.«
    So überredet und geschmält versuchte der arme Sancho sich zu bewegen, aber er fiel mit einem so gewaltigen Schlage zu Boden, daß er meinte, er sei in Stücke gesprungen. Wie eine Schildkröte blieb er liegen, von seinen Schalen eingeschlossen und zugedeckt, oder wie ein Schweinebraten, der zwischen zwei Schüsseln ruht, oder auch wie ein Boot, das auf dem Sande Schiffbruch gelitten hat. Auch selbst sein Fall erregte bei diesem tollen Volke kein Mitleid, sondern sie löschten vielmehr die Fackeln aus und fingen von neuem an zu schreien und griffen wieder mit der größten Hast zur Verteidigung, indem sie über den armen Sancho wegrannten und ihm unzählige Hiebe auf die Schilde gaben, so daß, wenn er sich nicht zusammengebogen und eingezogen hätte, den Kopf zwischen die Schilde steckend, es dem armen Statthalter übel ergangen wäre, der in seinem engen Zufluchtsort heftig schwitzte und Gott von ganzem Herzen bat, daß er ihn aus dieser Gefahr erlösen möchte. Einige stolperten über ihn, andere fielen auf ihn, und es gab sogar einen, der sich eine geraume Zeit auf ihn stellte und von dort herunter, wie von einer Anhöhe, die Armee kommandierte, indem er mit lauter Stimme rief: »Hierher, welche von den Unserigen, denn hier dringen die Feinde am dichtesten ein! Jener Posten muß

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