Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
verkürzen pflegen.«
Nun trat Don Quixote hinzu und sagte: »Sage mir, du, der du antworten kannst, war es Wahrheit oder war es ein Traum, was ich von dem erzählt habe, was mir in der Höhle des Montesinos begegnet ist? Werden sich die Hiebe meines Stallmeisters Sancho erfüllen? Wird die Entzauberung der Dulcinea zustande kommen?«
»Was die Höhle anbetrifft«, wurde geantwortet, »so läßt sich viel darüber sagen, es ist von allem etwas dabei; die Streiche des Sancho werden mit der Zeit geleistet werden; die Entzauberung der Dulcinea wird zur gehörigen Ausführung kommen.«
»Mehr will ich nicht wissen«, sagte Don Quixote, »denn wenn ich Dulcinea nur entzaubert sehe, so bin ich überzeugt, daß mir alles übrige Glück zufallen wird, welches ich mir nur wünschen kann.«
Der letzte Fragende war Sancho, und er fragte folgendes: »Kriege ich vielleicht, Kopf, einander Regiment? Werde ich aus der Armseligkeit meines Stallmeisters herauskommen? Werde ich meine Frau und meine Kinder wiedersehen?«
Worauf die Antwort war: »In deinem Hause wirst du das Regiment führen, und wenn du dahin zurückkommst, wirst du deine Frau und Kinder sehen, und wenn du nicht mehr dienst, wirst du aufhören, Stallmeister zu sein.«
»Bei Gott, trefflich«, sagte Sancho Pansa, »das hätte ich sonst auch nicht gewußt, der Prophet Perogrullo hätte nicht schöner sprechen können.«
»Vieh!« sagte Don Quixote, »was willst du denn für Antworten haben? Ist es denn nicht genug, daß die Antworten, welche dieser Kopf erteilt hat, auf die Fragen passen?«
»Es ist genug«, antwortete Sancho, »aber ich wünschte, er erklärte sich deutlicher und sagte mir etwas mehr.«
Hiermit hörten die Fragen und die Antworten auf; aber nicht die Verwunderung, in welcher sich alle befanden, die beiden Freunde des Don Antonio ausgenommen, welche den Zusammenhang wußten. Diesen will auch sogleich Cide Hamete Benengeli erklären, um die Welt nicht in der Ungewißheit zu lassen, weil sie sonst glauben könnte, daß es irgendeine Zauberei oder ein außerordentliches Geheimnis mit diesem Kopfe gewesen sei. Er sagt daher, daß Don Antonio Moreno, in Nachahmung eines anderen Kopfes, den er zu Madrid sah, der von einem Künstler gearbeitet war, diesen in seinem Hause einrichtete, um sich zu unterhalten und Unwissende in Erstaunen zu setzen; die Einrichtung aber war folgende. Die Platte des Tisches war von Holz, das wie Jaspis gemalt und lackiert war, der Fuß, der ihn trug, war ebenso, mit vier Adlersklauen, die aus ihm herauskamen, um für die zu tragende Last desto stärker zu sein. Der Kopf, der von Erz schien und wie ein römischer Kaiser aussah, hatte die Farbe von Bronze, er war durchaus hohl und ebenso die Platte des Tisches, der er so genau eingefugt war, daß man keine Spur der Verbindung sehen konnte. Der Fuß des Tisches war ebenfalls hohl und hing also mit dem Halse und der Brust des Kopfes zusammen; alles aber hing mit einem anderen Zimmer zusammen, welches unter dem Gemache war, in welchem der Kopf stand. Durch diese ganze Höhlung des Fußes, Tisches, des Halses und der Büste ging eine genau passende Röhre von Blech, die von keinem gesehen werden konnte. In dem unteren Zimmer, welches mit dem oberen zusammenhing, stand der, welcher antworten wollte, er legte seinen Mund an diese Röhre, so daß wie durch ein Sprachrohr die Stimme von oben nach unten und von unten nach oben in deutlichen Tönen ging, wobei es zugleich nicht möglich war, den Betrug zu bemerken. Ein Neffe des Don Antonio, ein kluger und scharfsinniger Student, war der Antwortende, dieser wußte von seinem Oheim, wer an diesem Tage mit ihm in dem Zimmer beim Kopfe sein würde, und darum war es ihm leicht, die erste Frage schnell und passend zu beantworten; auf die übrigen antwortete er aufs Geratewohl und als Verständiger verständig. Cide Hamete sagt, daß diese seltsame Maschine zehn bis zwölf Tage in Tätigkeit gewesen sei; da es sich aber in der Stadt verbreitete, daß Don Antonio in seinem Hause einen verzauberten Kopf habe, der auf alles, was man ihn frage, antworte, so fürchtete er, daß es endlich unter die Wächter des heiligen Gerichtes kommen könne. Darum erklärte er die Sache den Herren Inquisitoren selbst, und sie befahlen ihm, das Ding zu vernichten und nicht fortdauern zu lassen, damit der unwissende Haufe keinen Anstoß daran nehme. In der Meinung des Don Quixote und Sancho Pansa blieb es immer ein verzauberter und antwortender Kopf, doch mehr
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